19 Aug

150 Jahre Eisenbahnen in Vorarlberg

Am Vormittag des 13. August 22 fährt das Nostalgie Krokodil 1020.18 mit dem Extrazug von Bregenz nach Langen am Arlberg unterhalb von Braz vorbei.

Gespannt warteten wir an unserer ersten Fotostelle auf den Extrazug zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in Vorarlberg. Nach ein paar Minuten senkten sich die beiden Schranken an der Landstrasse. Nach kurzer Zeit wurde ein Summen unten im Tal immer lauter. In flottem Tempo kam das Krokodil 1020.18 mit seinen vier Schlierenwagen um die Kurve gefahren. Die Kameras klickten im richtigen Moment. Wir waren glücklich. Das erste Traummotiv des Tages war auf dem Chip. Zufrieden verabschiedeten wir uns von den Mitfotografen.

Dieses Jahr feiert Österreichs westliches Bundesland Vorarlberg ein rundes Bahnjubiläum. Werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte:

Das “Ländle”, wie Vorarlberg auch genannt wird, war im 19. Jahrhundert ein Anhängsel der grossen K. und K. Donau Monarchie. Das Arlbergmassiv trennte das Ländle von den weiter östlich gelegenen Bundesländern. Die sozialen wie wirtschaftlichen Kontakte der Bewohner orientierten sich eher in Richtung Ostschweiz, an das nördliche Bodenseeufer und das Allgäu. Erste Handelswege der Augsburger Fugger Dynastie in Richtung Mailand und Oberitalien führten durch das Vorarlberger Rheintal.

Anfangs der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichten die Schienenstränge den Bodensee. 1850 wurde das württembergische Friedrichshafen von Ulm aus erreicht. 1853 nahm die bayerische Süd-Nordbahn von Lindau über Kempten nach Augsburg ihren Betrieb auf. 1858 wurde Rheineck von Chur aus angebunden. 1863 das badische Konstanz von Mannheim.

Kurz vor dem Extrazug rollte der Güterzug 45704 von Hall/Innsbruck nach Buchs bei Braz talwärts.

Keine zehn Jahre später wurde am 1. Juli 1872 die Talstrecke der K. und K. Vorarlberger Bahn von Bregenz über Feldkirch nach Bludenz eröffnet. Was nun noch fehlte, war der Anschluss in Richtung Osten. So musste der gesamte Bahnverkehr vom Rheintal in Richtung Salzburg und weiter über Lindau – Kempten – München geführt werden.

Einflussreiche Politiker und Ingenieure forderten eindringlich den baldigen Bau der Arlbergbahn, denn in Tirol wurde das Projekt Innsbruck – Mittenwald – München priorisiert. Es gab Studien mit verschieden langen Tunnels durch das Arlbergmassiv. Ein kürzerer Tunnel hätte bedingt, die Linienführung in den engen Tälern mittels Schleifen und Kehrtunnel auf eine bestimmte Seehöhe zu bringen. Die Gefahr von Lawinenabgängen und längeren Verkehrsunterbrüchen wäre die Folge gewesen. Klugerweise entschieden sich die Planer für eine Ost- und Westrampe zwischen Landeck und Bludenz mit maximal 29 o/oo Steigung. Herzstück war der 10.250 m lange Arlbergtunnel zwischen St. Anton und Langen. Am 21. September 1884 wurde die gesamte Strecke in Betrieb genommen.

Ein Jahr später fuhr bereits ein Arlberg-Express von Wien nach Bregenz und Zürich. Dieser führte auch Kurswagen und einen Schlafwagen nach Paris. Bald entwickelte sich ein reger Gütertransitverkehr in Richtung Ungarn, in die Balkanstaaten und an den Seehafen von Triest.

Bei Radin begegnete uns der Containerzug von Bregenz/Wolfurt nach Kufstein mit zwei Taurus Loks.

Anfangs wurden vierachsige Schlepptenderloks auf der Bergstrecke eingesetzt. 1894 rüsteten die Werkstätten 38 Dampfloks von Kohle- auf Ölfeuerung um, da die Entlüftung der Rauchgase im Tunnel nur unzureichend funktionierte und die Streckengeher und Lokpersonale manchmal durch das Kohlenmonoxid ohnmächtig wurden.

Bis heute kämpfen die Eisenbahner immer wieder gegen die Naturgewalten. Es gab Lawinenabgänge, Bergstürze und Muren. Sie unterbrachen öfters den Bahnbetrieb. So wurden im Laufe der Jahre manche gefährdeten Stellen durch Tunnels ersetzt.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die ersten leistungsfähigen Fünfkuppler Dampfloks auf den Rampenstrecken eingesetzt. Schwere Personen- und Frachtenzüge wurden von einer zweiten Dampflok auf der Bergfahrt nachgeschoben.

Bereits vor dem ersten Weltkrieg wurde die Elektrifizierung der Tal- und Bergstrecke in Erwägung gezogen. Durch den kriegsbedingten Zerfall der Donaumonarchie verlor Österreich grosse Kohlegruben an das Ausland. Wie in der Schweiz wurde der Ausbau und die Nutzung der Wasserkraft forciert. 1924-25 wurde die Arlbergstrecke elektrifiziert. 1927 erreichte der Fahrdraht Bregenz. Die Dampfloks verschwanden in die Reserve.

Von Zürich nach Graz fährt der EC 163. Er ist heute noch der einzige lokbespannte Tageszug. Hier fährt er gerade durch den Brazer Bogen zwischen Bludenz und Langen am Arlberg.

Das Krokodil unseres Sonderzuges, eine Lok der BR 1020, war von 1940 an bis 1995 über fünf Jahrzehnte in Vorarlberg eingesetzt. Danach wurde sie und die anderen mittlerweile betagten Vorkriegsbaureihen durch die modernen 1044/heute 1144 “Alpenstaubsauger” und die 1016/1116 “Taurus” ersetzt.

Nachdem wir drei Motive fotografiert hatten, fuhren wir für das nächste Foto zum Brazer Bogen. Dort erwarteten wir den EC 163 von Zürich nach Graz. Seit dem letzten Jahr fährt er mit SBB Wagenmaterial. Wer möchte, kann im Panoramawagen die herrliche Alpenlandschaft geniessen. Für die Rückfahrt des Sonderzuges suchten wir nach einer guten Fotostelle. Im ehemaligen Bahnhof Wald am Arlberg wurden wir fündig. Dieser lag weit oberhalb des Dorfes an einem Hang und ist nur über einen längeren Weg zu erreichen. Heute halten dort und an den anderen kleinen Zwischenstationen keine Züge mehr. Dafür fährt heute der gelbe Landbus.

Nach dem Mittagessen steuerten wir den Bahnhof Langen an. Vom Sonderzug wollten wir Fotos machen. Aber weit und breit war kein Zug zu sehen. Ein Eisenbahnfreund klärte uns auf, dass der Extrazug bis Landeck gefahren sei. Die Passagiere besuchten derweil das Wasserkraftwerk Spullersee. Bis zur Rückfahrt hatten wir noch ein bisschen Zeit. So inspizierten wir den Bahnhof von Dalaas. Gegen 14.30 Uhr sollte der Güterzug von Buchs nach Hall zurückfahren. Zuerst kam jedoch erst der Railjet nach Bregenz und kurze Zeit darauf der Gegenzug von Zürich. Jetzt war der 45705 fällig. Unsere Spannung stieg. Gespannt blickten wir auf die Signale. Und siehe da, nach kurzer Zeit sprang ein Signal auf Fahrt. Tatsächlich tauchte eine quietschende Wagenschlange mit 3 Loks der BR 1144 aus der Steigung auf. Mit über 350 m Länge war der buntgemischte Frachtenzug sehr gut ausgelastet. Wir konnten unser Glück kaum fassen.
RJ nach Bregenz mit der Werbelok 1116 200 im Bahnhof von Dalaas.
Bei der Einfahrt in Dalaas wird das Höllentobelviadukt überquert. Zug 45705 mit 1144 092, 229 und 037.

Danach wechselten wir wieder nach Wald am Arlberg. Mehrere Mitfotografen standen bereits in Position. Das aus Stein gemauerte Bahnhofsgebäude war unser Motiv. Auf einmal hetzten die Fotografen zu ihren Autos, da sie Angst hatten, dass das Motiv durch aufziehende Wolken Schaden nimmt. Plötzlich waren wir fast alleine. Da alle Railjets wenige Minuten Verspätung hatten, wurde die Kreuzung eines RJ mit dem Extrazug nach Wald verlegt. Jetzt waren wir gespannt, wie das Ganze ablief. Im schönsten Sonnenlicht rollte das Krokodil auf Gleis 1 ein. Vor dem Ausfahrtsignal kam der Zug zum stehen. Das war unsere zweite Chance. Hinter der Ausfahrtweiche stand noch ein altertümliches Postenhäuschen. So konnten wir die Ausfahrt des Sonderzuges quasi als “Zugabe” bildlich festhalten.

Einfahrt des Sonderzuges in den Bahnhof Wald am Arlberg.
Ausfahrt aus Wald am Arlberg mit historischem Postenhäuschen.

Bis jetzt hatte doch alles gut geklappt. Zum Abschluss unseres Fototages fuhren wir an den Bahnhof von Braz. Gegen 17.30 müsste der EC 164 von Graz nach Zürich dort durchfahren. Es war Zeit, die Schranke ging herunter, was kam war allerdings ein Entlastungsschnellzug nach Bregenz. So warteten wir noch eine weitere halbe Stunde auf den EC. Die Sonne leuchtete den Zug und das Bahnhofsgebäude perfekt aus. Zufrieden packten wir zusammen und mit vielen tollen Eindrücken fuhren wir wieder gen Heimat.

Entlastungszug nach Bregenz mit 1116 093.
Durchfahrt frei für den EC 164 nach Zürich. Hier im Bahnhof Braz.

Weitere Informationen:

Am 27. und 28.8. sowie am 3.9.22 gibt es mit dem Krokodil weitere Fahrten zwischen Bregenz und Bludenz. Am 3.9.22 ist in Bludenz eine grosse Leistungsschau und Fahrzeugparade der ÖBB.

Weitere Infos auf der Website: probahn-vlb.at

Textquellen: Bahnen in Vorarlberg, Band 1 und 2 von Lothar Beer, 1995

Alle Fotos vom 13.8.22, Fotos Berthold Halves

16 Mai

Nostalgiefahrten auf der Rorschach – Heiden – Bergbahn

Am Sonntag, den 15. Mai 22 kam die Lok DZeh 2/4 22 der Rorschach-Heiden-Bergbahn mal wieder zum Einsatz.

Meine erste Begegnung mit den heute über 90jährigen E-Loks DZeh 2/4 21 und 22 der Rorschach-Heiden-Bergbahn (RHB) liegt bestimmt schon über 40 Jahre zurück. Ende der siebziger Jahre, als ich mit der ersten Kodak Kompaktkamera unterwegs war, ging es erstmals nach Heiden im Kanton Appenzell Ausserhoden. Dort hat die RHB eine zweiständige Werkstätte. Davor war etliches Rollmaterial abgestellt. Der Planbetrieb oblag damals den beiden Triebwagen ABDeh 2/4 23 und 24. Es entstanden einige Fotos zur Dokumentation, natürlich nicht mit heutigen Massstäben vergleichbar. Das Ganze geriet in Vergessenheit, gab es doch interessantere Ziele als eine so kleine unspektakuläre Zahnradbahn in der Ostschweiz.

Vor Monaten bekam ich den Jahresfahrplan des Bodensee Dampfschiffes Hohentwiel. Die Betreiber boten dort nostalgische Rundfahrten ab Bregenz nach Rorschach Hafen und weiter mit der Zahnradbahn nach Heiden an. Auf der RHB übernahm die Fahrten die Lok DZeh 2/4 22 aus dem Jahre 1931. Sie war die erste Ausstattung bei der Aufnahme des elektrischen Betriebes. Beide Loks fuhren bis in die achtziger Jahre im Personen- und Güterverkehr. Dies ist natürlich längst Geschichte. Beide Loks sind noch vorhanden. Lok 22 ist betriebsfähig, während Lok 21 als Ersatzteilspender dient. Für Extrafahrten wird sie meines Wissens sehr selten eingesetzt.

So war die Vorfreude auf den Einsatz dieser Lok, die passenden Personenwagen AB 12 und 13 (1931) und die zwei Sommerwagen (1875) groß. Am Tag der Fahrten herrschte Kaiserwetter. Die erste Fahrt startete um 13.20 Uhr ab Rorschach Hafen, die zweite um 15.20 Uhr. Mein Ausgangspunkt war Schwendi bei Heiden. Schwendi hat vielleicht 20 Häuser, die im typischen Appenzeller Stil erbaut sind. Kein moderner Betonbunker stört die Umgebung. Das kleine Bahnhofsgebäude stammt noch von 1875, als die RHB ihren Betrieb aufnahm.

Gegenüber dem Bahnhof befindet das Restaurant “Station”. Zur Stärkung gab es dort bei den sehr freundlichen Wirtsleuten einen leckeren Chässalot und ein grosses Locher Bier aus Appenzell. Es ist eine sehr gemütliche, urige Beiz, wie man sie heute leider kaum mehr findet. Nachdem mein Freund mit der RHB eintraf, fotografierten wir die erste Bergfahrt des Extrazuges in Schwendi. Danach spazierten wir über verschlungene Wege in Richtung Heiden, von wo aus man einen tollen Blick über den Bodensee hat. Dort nahmen wir die nächsten Fahrten auf. Zwischendurch schauten wir kurz am Bahnhof vorbei, wo die beiden Triebwagen aus den fünfziger und sechziger Jahren abgestellt waren. Für die Teilnehmer der Extrazüge gab es eine Verkostung des bekannten Appenzeller Alpenbitters.

Wer die Fahrt versäumt hat, der hat am 3. und 16. Oktober 22 die Möglichkeit, sie nochmals nachzuholen. Nun viel Spaß mit den Aufnahmen aus dem Appenzöller Land.

Die erste Bergfahrt erwarteten wir kurz vor Schwendi bei Heiden.

Vorbei geht die Fahrt am alten Bahnhofsgebäude von 1875.

Der BDeh 3/6 25 unterhalb Heiden auf Talfahrt.
Gemächlich summt die alte Lok an den Fotografen vorbei. Links ist der Bodensee und rechts die Allgäuer Alpen auszumachen.

Die zweite Bergfahrt kommt gerade aus dem Einschnitt zwischen Schwendi und Heiden gefahren.

Der moderne Triebwagen BDeh 3/6 25 auf Talfahrt bei Heiden.

Mit diesem Bild verabschieden wir uns von der alten Komposition. Es hat Spaß gemacht, wir kommen im Herbst gerne wieder.
Im Januar war der grosse Triebwagen in Revision. Während dieser Zeit fuhren im Wechsel die beiden alten Triebwagen ABDeh 2/4 23 und 24. Da im Winter keine Saison ist, genügt dieser Triebwagen als Alleinfahrer vollauf.
In der Regel ist der grosse Triebwagen an Montagen im Service. An diesen Tagen fährt immer einer der beiden älteren Triebwagen.

Fotos: Berthold Halves, MECK, vom 15.5.22 und Winteraufnahmen von 15.1.22

16 Apr

Der Bahnhof von Nendeln im Fürstentum Liechtenstein

Kurz nach 10 Uhr durchfuhr der EC 163 von Zürich nach Graz den Bahnhof von Nendeln. Es führten die beiden Tauri 1116 046 und 086.

Schon lange stand ein Besuch von Nendeln auf meiner Agenda. Im Vorfeld eines Fototrips zur Arlbergbahn recherchierte ich über die diversen Bahnhöfe zwischen Buchs/SG und St. Anton am Arlberg. Meines Wissens ist Nendeln der letzte Bahnhof, welcher noch mit alten Metallgittermasten und entsprechenden Querträgern ausgestattet ist. Auf der Arlbergbahn wurde die Fahrleitung ab den achtziger Jahren sukzessiv erneuert und moderne Betonmasten aufgestellt. Somit strahlt Nendeln noch das Flair längst vergangener Zeiten aus.

Ein bisschen Geschichte: Als die Vorarlbergerbahn von Buchs/SG in Richtung Feldkirch 1872 eröffnet wurde, erhielt die Gemeinde Nendeln eine Station mit zwei Geleisen und einem Ladegleis. Die Bahn im Fürstentum Liechtenstein wurde seit Anbeginn von der Österreichischen Bahn betrieben. Nur der kurzen Zeit von 1938 bis 1945, also während des 3. Reiches, führte die Deutsche Reichsbahn den Betrieb. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Bahnhofsgebäude für eine Vorstandswohnung aufgestockt. Architektonisch ist das Gebäude an die damaligen K. und K. Bauten angelehnt. 1929 wurde neben dem Aufnahmegebäude ein kleines Häuschen mit Flachdach angebaut. Dieses beheimatet das mechanische Stellwerk Bauart Siemens & Halske. Noch heute stellt der Fahrdienstleiter darin die Weichen. Vor dem Gebäude befindet sich ein Schaltkasten für die elektrischen Antriebe der beiden Schranken, die über lange Seilzüge angetrieben werden. Das Gebäude sowie der Grund gehören der ÖBB. Das Personal ist bei der ÖBB beschäftigt.

Im August 2020 gab es im Fürstentum eine Volksabstimmung, um Mittel für die Modernisierung freizugeben. Das Stimmvolk lehnte mit fast 60 % der Stimmen dieses Ansinnen ab. Die ÖBB beabsichtigen nun, von 2024 bis 26 den Bahnhof umfassend zu modernisieren. Das alte Aufnahmegebäude soll abgerissen werden und die Bahnsteige werden barrierefrei ausgebaut. Um den Gleisbereich sollen Lärmschutzwände die Anwohner schützen. Ab Nendeln in Richtung Feldkirch soll es einen drei km. langen Doppelspurabschnitt zur Erhöhung der Kapazitäten geben. Geplant ist eine eng getaktete Regional S-Bahn von Feldkirch nach Buchs/SG, um den Berufspendlern eine Alternative zum Auto zu bieten.

Somit sind noch knapp zwei Jahre Zeit, um das alte Flair längst vergangener Zeiten fotografisch festzuhalten. Neben den Nachtzügen, Eurocitys, Railjets und S-Bahnen gibt es auch interessanten Güterverkehr zwischen der Schweiz und Österreich. Reisen Sie mit mir nun fotografisch in längst vergangene Zeiten.

Die Sonne ist Mitte April ist gegen 7.45 Uhr noch nicht hinter den Bergen hervor gekommen. Pünktlich fährt der EN 464 mit der 1116 150 von Zagreb her kommend nach Zürich. Der Nachtzug führt Wagen der Kroatischen, Slowenischen und Österreichischen Bahn. Er macht Lust, in Richtung Balkan einzusteigen.
Glück für den Fotografen, Pech für die Reisenden. Mit 130 Minuten Verspätung fährt der EN 466 von Prag und Budapest nach Zürich. Gegen 8.50 Uhr kam die Sonne über den Bergen hervor und leuchtete die Szenerie aus. Rechts wartet ein ÖBB Talent auf Weiterfahrt nach Feldkirch. Die beiden Tauri gehen in Buchs/SG auf den EC 163 über (siehe Bild 1).
Bis zum nächsten Zug ist Zeit, sich dem Bahnhof etwas zu widmen. Neben dem Gleis ist das Gegengewicht für die Seilzüge der Weichen. Rechts neben der Bahnhofsuhr befindet sich der Antrieb für die beiden Barrieren.
Kurz nach 9 Uhr kam bereits der zweite Güterzug von Bludenz nach Buchs. Er musste auf Gleis 3 einfahren, damit er mit einer S-Bahn kreuzen konnte.
Ein Blick durch die offene Türe ins Stellwerk. Auf der Hebelbank sind die Weichenstellhebel montiert.
Freude kam bei mir auf, als gegen 10.30 Uhr zwei “Alpenstaubsauger” der Baureihe 1144 mit einem Güterzug von Hall/Innsbruck nach Buchs/SG durch Nendeln fuhren. Sie hatten lange Schienenstücke geladen.
Die beiden 1144 033 und 041 kamen gegen 13.30 Uhr wieder aus Buchs/SG zurück. Am Haken hatten sie einen über 500 m langen gemischten Güterzug. Ziel ist Hall bei Innsbruck. Im Hintergrund thront das Schweizer Alpsteingebirge.
Gegen 14 Uhr kam der Railjet 160 von Bratislava/Slowakei nach Zürich am Bahnübergang Schwemmegasse vorbei. Es führte der Taurus 1116 210.
Am Ladegleis machte ich es mir zum Warten auf den nächsten Zug gemütlich. Unter alten Blättern entdeckte ich dieses patinierte Schienenstück von 1891! Über 130 Jahre hat es auf dem Buckel. Ich stellte mir die Frage, welche Baureihen und Wagen wohl in dieser langen Zeit über das Stück Metall rollten? Was es wohl zu erzählen hätte?
Um 15 Uhr kam der nächste Güterzug von Bludenz nach Buchs/SG an mir vorbei gesummt. Wieder wurde er von einem gepflegten Alpenstaubsauger geführt.
Die S-Bahnen zwischen Feldkirch und Buchs/SG machen tagsüber zwischen 10 und 16 Uhr Pause. Um 15.30 Uhr rollt eine Leerfahrt nach Buchs/SG, um dort den fahrplanmässigen Betrieb aufzunehmen.

Nendeln, ich komme bestimmt wieder! Noch ist Zeit, das Flair längst vergangener Zeiten fotografisch festzuhalten. Hier ein Gittermast, dahinter blühen die Bäume und Sträucher frühlingshaft um die Wette.
Bevor ich mich wieder gen Heimat aufmachte, wartete ich noch den nächsten Railjet ab. Gegen 16 Uhr rollte der RJ 162 aus Budapest nach Zürich an mir vorbei. Es führte die 1116 213.

Alle Fotos vom 13.4.22, Berthold Halves, MECK.

22 Mrz

Generationswechsel bei der Stuttgarter Zahnradbahn “Zacke”

Stuttgart Marienplatz, willkommen bei der Stuttgarter Zahnradbahn mit Ziel Degerloch.

Ende der siebziger Jahre machte ich in Stuttgart meine Ausbildung. Damals fuhren noch die alten Esslinger Triebwagen aus den dreissiger Jahren mit ihren zweiachsigen Vorstellwagen auf der “Zacke”, wie die Stuttgarter liebevoll ihre Zahnradbahn vom Marienplatz nach Degerloch nennen. Die aktuell eingesetzten Triebwagen ZT 4 1001 bis 1003 stammen aus dem Jahre 1982. Sie waren ein Gemeinschaftswerk der SLM Winterthur, welche die Zahnradantriebe lieferte und MAN, die die Wagenkästen erstellte. Damals bekam ich diesen Generationswechsel hautnah mit. Alles war auf einmal modern. Jetzt nach genau 40 Jahren werden die in die Jahre gekommenen Meterspur Triebwagen durch drei neue Fahrzeuge von Stadler/Bussnang ersetzt. Der erste Triebwagen mit der Nr. 1101 wurde im Oktober 2021 abgeliefert. Nachts ab 21.00 Uhr, wenn der Planbetrieb ruht, werden mit dem neuen Fahrzeugen Probe- und Einstellfahrten durchgeführt. Mitte Februar 22 wurde das zweite Fahrzeug Nr. 1102 abgeliefert.

Wir hatten das grosse Glück, bei unserem Abschiedsbesuch für die alten Triebwagen am 10. März 22 den neuen Triebwagen 1102 auf seiner ersten Probefahrt tagsüber erleben zu dürfen. Er fuhr am Morgen vom Depot am Marienplatz nach Degerloch und kurz vor Mittag wieder zurück ins Depot. Der dritte Triebwagen soll in den nächsten Monaten abgeliefert werden. Nach weiteren Abnahmefahrten sollen die drei neuen Triebwagen im Laufe diesen Jahres die Fahrzeuge aus den achtziger Jahren ersetzen. Die Fa. Steck in Bowil liefert der Zacke drei neue Vorstellwagen für den Fahrradtransport.

Die Triebwagen 1001 und 1002 werden abgebrochen, der 1003 soll im Strassenbahndepot in Bad Cannstatt museal erhalten bleiben. Dort befindet sich seit 1984 der alte Esslinger Triebwagen 104 und der Vorstellwagen 120. Gehen Sie mit mir nun auf eine Reise vom Marienplatz zum Depot, dann über die neue Weinsteige bis nach der “Bergstation” Degerloch.

Bei der Ausfahrt aus der Talstation Marienplatz geht es steil bergan in Richtung Liststrasse. Links grüsst der bekannte Stuttgarter Fernsehturm.

Links hinter dem Triebwagen befindet sich die Weiche zum Depot.

Auch nach 40 Jahren befindet sich der Innenraum in einem ordentlichen Zustand.

Hier ein Blick in das alte Depot. Dieses wird Nachts zum Abstellen der Triebwagen und als Veranstaltungsraum für das in diesem Gebäude ansässige Theater benutzt. Im Depot ist Triebwagen 1003 abgestellt.

Im modernen Werkstattraum steht der neue Triebwagen 1102. Innen sind die Techniker der Stuttgarter Strassenbahn AG und von Stadler an der Arbeit.

Nach der Haltestelle Liststrasse geht es weiter bergan in Richtung neue Weinsteige. Im Hintergrund ein Teil der Stadt Stuttgart.
Auf der neuen Weinsteige geht es sehr beengt zu. Obwohl Einbahnstrasse, kommen immer wieder Autos aus beiden Richtungen daher gefahren. In Kürze erreicht der Triebwagen die Ausweiche Wielandshöhe.
In der Wielandshöhe kreuzen sich planmässig die beiden Triebwagen. Die Strecke ist 2,1 km lang. Für eine Fahrt werden zehn Minuten benötigt. Es herrscht von 5 Uhr bis 21 Uhr der 15 Minutentakt. Abends fährt der Bus.

Von der neuen Weinsteige hat der Fahrgast einen wunderbaren Blick auf den Stuttgarter Talkessel.

An der Haltestelle Haigst, Schwäbisch “Höchst” – der höchste Punkt der Weinsteige, hat es wunderschöne Jugendstilgebäude.
Die gleiche Szenerie wie oben mit dem Blick auf die Stuttgarter Innenstadt.

Weiter geht die Bergfahrt zur Nägelestrasse. Dabei wird die Bundesstrasse vom Stuttgarter Talkessel nach Degerloch überquert.

Jungfernfahrt für den neuen Triebwagen 1102. An der Nägelestrasse befindet er sich gerade auf Talfahrt ins Depot.

Auf Bergfahrt kurz vor der Haltestelle Nägelestrasse.

Ein letzter Frühling für die Triebwagen von 1982. Bald werden sie aufs Altenteil geschickt.
Kurz vor der Haltestelle Degerloch Zahnradbahnhof wird eine größere Strasse mittels Lichtsignal überquert.

Endstation Degerloch. Nach fünf Minuten Pause geht es wieder talwärts zum Marienplatz.
An den Seitenflächen haben die neuen Triebwagen ein stilisiertes Zahnrad. Bald werden sie den Betrieb auf der Zacke übernehmen.

Bei unserem Besuch am 10. März befand sich der im Oktober 21 gelieferte Triebwagen 1101 aus Platzgründen in der Hauptwerkstätte Stuttgart-Möhringen. Wenn die Umstellung auf die neuen Triebwagen erfolgt, werden die alten Triebwagen vom Zahnradgleis entfernt, um für die neuen Triebwagen im Depot Platz zu schaffen. Da keine durchgehende Gleisverbindung zwischen der Endstation Degerloch und der Hauptwerkstätte besteht, müssen die Überfuhren über die Strasse mit einem Tieflader durchgeführt werden.

Reisetipps:

Stuttgart lässt sich von der Schweiz aus bequem mit den durchgehenden IC`s ab Zürich besuchen. Vom Hauptbahnhof aus fährt es sich bequem mit der Stadtbahnlinie 5 in ca. 10 Minuten zur Haltestelle Haigst. Von dort aus sind es bis zur Zahnradbahnstrecke nur ca. 300 Meter Fußweg. Am Vormittag bietet sich an, mit dem Fotografieren auf der neuen Weinsteige zu beginnen. Nachmittags ab ca. 15 Uhr ist das Licht an der Liststrasse ideal. Die neuen Triebwagen werden wahrscheinlich ab Herbst planmässig verkehren. Solange sind noch die alten Triebwagen in Betrieb.

An Sonntagen bietet sich ausserdem der Besuch des Stuttgarter Strassenbahnmusums in Bad Cannstatt an. Von dort aus verkehren jeden Sonntag drei Kurse auf der letzten Meterspur Strassenbahnstrecke von Bad Cannstadt über den Charlottenplatz/Innenstadt bis Ruhebank-Fernsehturm. Eingesetzt werden alte Strassenbahn Triebwagen aus verschiedenen Epochen bis zum Stuttgarter Klassiker, dem GT4 Triebwagen.

15 Feb

Ein Wintertag zwischen Chur und Disentis

Für letzten Sonntag war in den Alpen Kaiserwetter angesagt. Spontan traf sich ein Clubkollege mit mir, um nach langer Zeit der Rhätischen Bahn mal wieder einen Besuch abzustatten. Am Sonntag, dem 13.2.22 fuhr auch der Dampfzug mit der G 4/5 107 von Landquart nach Sumvitg Cumpadials. Also noch ein Grund mehr, zeitig aufzustehen und in Richtung Graubünden aufzubrechen. Erste Station war der Bahnhof Castrisch in der Nähe von Ilanz. Castrisch lag gegen 10 Uhr noch im Schatten und es waren gefühlt bestimmt 8 Grad Minus. 

Nach kurzem Warten dampfte die Schlepptenderlok G 4/5 107 mit ihrem netten Nostalgiezug durch Castrisch. Die Dampffahne stand noch minutenlang über der Bahnstrecke. Auch wenn das Tal noch im Schatten lag, war es eine tolle Stimmung.
In Ilanz hatte der Dampfzug eine halbe Stunde Aufenthalt. Somit hatten wir Zeit, uns nach Ilanz eine neue Fotostelle zu suchen. Direkt am Ortsende überquert die Bahnlinie auf einer grossen Kastenbrücke den Rhein.

Wir fuhren nochmals zurück nach Castrisch. Mittlerweile kam die Sonne hinter den Bergen herum und leuchtete das ganze Tal aus. Gegen 11.30 Uhr folgte ein Regionalzug mit der Ge 4/4 II 621 nach Disentis.

Keine zehn Minuten später folgte der Glacierexpress von St. Moritz nach Zermatt mit der Ge 4/4 II 614.

Am Endpunkt der Rhätischen Bahn in Disentis wollten wir das Kloster mit der Bahn auf den Chip bringen. Die Ge 4/4 II 621 machte sich mit ihrem Regionalzug in Richtung Chur auf den Weg.

Der Dampfextrazug hatte in der Zwischenzeit Sumvitg Cumpadials erreicht. Auf der Scheibe wurde die Dampflok abgedreht und danach Wasser gefasst. Derweil sind manche Fahrtteilnehmer mit dem Regionalzug nach Disentis weitergefahren, um dem Ort einen kurzen Besuch abzustatten.

In Sumvitg Cumpadials wird die Dampflok für die Rückfahrt nach Landquart restauriert.
Mit dem Regionalzug nach Chur überholt die Ge 4/4 II 624 den Dampfextrazug.

Nach ein paar Minuten kommt der Regionalzug nach Disentis, um mit dem Dampfzug zu kreuzen. Nach Ausfahrt des Regionalzuges geht für den Dampfzug das Signal auf grün.

Aus allen Rohren zischt und dampft es, als sich die Dampflok in Bewegung setzt. In der kalten Jahreszeit ist die Dampfentwicklung natürlich besonders reizvoll.
Auf der Rückfahrt nach Ilanz kommt uns der nächste Regionalzug nach Disentis entgegen. Ohne Halt fährt er durch die für den Personenverkehr aufgelassene Station Schnaus Strada. Es führt die Ge 4/4 II 613.

Zwischen Ilanz und Castrisch hat es diese nette Fotostelle mit den hohen, schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Noch fahren die Regionalzüge stündlich lokbespannt. In ein bis zwei Jahren werden sie durch die neuen Capricorn Pendelzüge ersetzt.

Mit Volldampf stampft der Dampfzug es durch Castrisch. Ein herzlicher Dank an das Lokpersonal, die den Regler aufgemacht und so eine herrliche Dampffahne ermöglicht haben.

Zum Abschluss unseres Fototages machten wir noch für drei Züge in Haldenstein bei Chur Station. Am Hausbahnsteig fährt der Regionalzug nach Landquart mit der Ge 4/4 II 630 ein.
Im nächsten Bahnhof Trimmis kreuzten sich die Regionalzüge. Die Ge 4/4 II 612 ist bereits wieder auf dem Weg in Richtung Chur und Disentis.

Im allerletzten Sonnenlicht rollte der Dampfzug von Chur nach Landquart durch Haldenstein. Bald ist für die Fahrtteilnehmer Endstation. Keine zehn Minuten später verabschiedet sich die Sonne hinter den Bergen. Für uns geht ein herrlicher Fototag mit vielen tollen Motiven zu Ende. Ein herzlicher Dank an das freundliche Personal des Dampfzuges und an die Rhätische Bahn, die diese Fahrt ermöglicht hat.

28 Jan

Winterferien im Illertal im Allgäu

Der Klassiker im Illertal ist der Dorfblick von Altstädten. In der Dorfmitte ragt der Zwiebelturm der Kirche Peter und Paul aus den typischen Allgäuer Häusern heraus. Im Hintergrund thront der “Wächter des Allgäus”, der Berg Grünten über allem. Im letzten Sonnenlicht des 21. Januars 22 beschleunigt die 218 429 mit ihrem IC 2085 auf dem Weg nach Oberstdorf.
Einmal um 180 Grad zum oberen Bild gedreht geht der Blick in Richtung Westen. Ob der dicken Wolkenbänder bangte ich lange um das obige Sonnenbild. Zum Schluss hat es doch noch geklappt. Glück muss man einfach haben.

Winterwandern im Allgäuer Illertal

Manchmal tut eine kleine Auszeit der Seele gut. Wenn dann noch ein bisschen interessanter Eisenbahnbetrieb herrscht, glitzernder Schnee liegt und die Sonne scheint, dann ist das Glück des Fotografen perfekt.

So fuhr ich mit der Bahn von der Ostschweiz über St. Margrethen, Bregenz, Lindau bis nach Immenstadt im Allgäu. Von dort sind es noch ca. 15 km bis nach Fischen im Illertal. Streckenende ist in Oberstdorf, welches als Austragungsort der Vierschanzentournee recht bekannt ist. Von Fischen aus lässt es sich auf bequemen Winterwanderwegen entlang des Flusses Iller entweder in Richtung Langenwang – Oberstdorf oder in die entgegengesetzte Richtung nach Altstädten und Sonthofen recht gut wandern. Immer wieder mal kreuzen die Wanderwege die Stichstrecke, welche interessanten Bahnbetrieb aufweisen kann.

Allmorgendlich kurz vor 10 Uhr starten in Oberstdorf die beiden IC 2012 nach Dortmund und der IC 2084 nach Augsburg. Sie bieten den Urlaubsgästen aus dem Norden und dem Ruhrgebiet eine umsteigefreie Anreise nach den Allgäuer Urlaubsorten. Seit dem letzten Fahrplanwechsel werden die beiden IC durch Dieselloks der Baureihe 218 des Betriebshofes Kempten bis Stuttgart bzw. bis Augsburg befördert. Die Rückkehr des IC 2085 aus Augsburg ist in Oberstdorf kurz nach 16 Uhr und der des IC 2013 aus Dortmund kurz nach 18 Uhr.

Jetzt während der eher kurzen Sonnenzeit im Winter lassen sich am Vormittag beide IC bereits gut mit Licht aufnehmen. Am Nachmittag passt es für den IC 2085 ganz gut im weichen Nachmittagslicht, während es für den IC 2013 bereits schon dunkel ist. Die Regionalzüge nach Augsburg und München werden durch die bewährten Regioswinger der BR 612 gefahren, die Züge nach Ulm mit den neuen Pesa Link Triebzügen der BR 633 aus polnischer Produktion. Der Fahrplan ist relativ engmaschig. Alle 30 Minuten kommt ein Zug daher gefahren und bietet die eine oder andere Fotomöglichkeit.

So sind meine Ferientage recht schnell vorüber gegangen. Wenn man dann noch ein nettes Hotel mit Sauna hat, dann kann man sich abends vom laufen entspannen und von der Kälte wieder aufwärmen. 

Vormittags gegen 10 Uhr starten die beiden IC 2084 und 2012 von Oberstdorf in Richtung Augsburg und Dortmund. Am kleinen Fluss, der durch den Kurpark von Fischen fliesst, fährt der IC 2012 mit zwei Dieselloks der BR 218 vorbei. Wegen der Kälte schweben über dem Fluss noch ein paar Nebelschwaden.
Bei Langenwang/Schwaben begegnet uns ein neuer Triebwagenzug der BR 633 Pesa Link aus polnischer Produktion. Diese Triebwagen verkehren meist zwischen Ulm und Oberstdorf.
Gerade erst vor einigen Minuten kam die Sonne hinter den hohen Allgäuer Bergen hervor. Der IC 2012 durchfährt den Bahnhof von Langenwang/Schwaben.
Eines Vormittags hielten sich dicke Wolkenbänder an den hohen Bergen. Mit etwas Kreativität sind auch bei solchen Lichtstimmungen besondere Aufnahmen möglich. Der IC 2084 durchfährt gerade den Malerwinkel bei Unterthalhofen.
Die Regioswinger der BR 612 verkehren meist von Oberstdorf mit Ziel Augsburg und München. Hier kurz nach dem Sonnenuntergang bei Unterthalhofen.
Kurz vor Sonnenuntergang kommt der IC 2085 ganz pünktlich von Augsburg angefahren. Den Grünten umhüllt bereits ein Wolkenband. Dem Fotograf ist das Glück vergönnt, den IC im letzten Licht aufzunehmen. Kurz nach Langenwang.
Um 18 Uhr hält der IC 2013 von Dortmund nach Oberstdorf zum Ausstieg für die Feriengäste in Fischen. Nur noch wenige Kilometer, und der Zug hat sein Tagesziel erreicht.
15 Jan

Eine Regenfahrt ins Centovalli

Margrit, ihr Mann Rene und ich sitzen gemütlich im Ristorante della Statione in Ponte Brolla unweit von Locarno. Jeder von uns hat eine grosse Pizza auf seinem Teller und ob der Grösse sind wir beim Essen schon am Kämpfen. Draussen regnet es dicke Bindfäden. Typisch Tessin, denn wenn es dort einmal zu regnen beginnt, dann hört es nicht mehr auf. Die fetten Wolken verharren zwischen den hohen Bergflanken und erleichtern sich um ihr Nass. Heute ist so ein Tag. Von der „Tessiner Sonnenstube“ ist nichts zu spüren.

Rene kann sich auf seine Pizza Prosciutto gar nicht richtig konzentrieren, denn bald einmal müsste der Nostalgietriebwagen der FART (Ferrovie autolinea regionali ticinese) von seiner Vormittagsfahrt aus Camedo zurückkehren. Als sich die Barrieren senken, stürmt er mit dem Foto bewaffnet nach draussen zum Perron. Der Triebwagen ABDe 6/6 31 hat Einfahrt in die Station Ponte Brolla. Nach einer Weile kommt Rene wie ein begossener Pudel wieder in die Gaststube zurück. Margrit und ich schauen uns schmunzelnd an.

Bis zur Nachmittagsfahrt haben wir noch zwei Stunden Zeit. Wir plaudern über unser Hobby und trinken noch in Ruhe einen Kaffee. Draussen wird der Regen zum Glück etwas schwächer, allerdings hängen die Wolken ganz tief in den Bergen und es ist sehr dunkel. An das Fotografieren von schnell fahrenden Zügen ist im Moment nicht zu denken. Nach dem Bezahlen begeben wir uns auf die kleine Station. Laut Fahrplan kreuzt der Nostalgiezug auf seiner zweiten Fahrt in Ponto Brolla einen planmässigen Regionalzug.

So langsam wird es Zeit und die Züge sollten anrollen. Die beiden Barrieren senken sich und der Extrazug fährt ganz langsam in die Station. Die drei grossen Frontscheinwerfer spiegeln sich auf den nassen Schwellen des Übergangs zum Mittelperron. Ein paar mit Regenschirmen bewaffnete Frauen warten auf den Regionalzug. Schade, dass es heute so ein Sauwetter hat. Wir können uns den Tag leider nicht aussuchen, da wir gerade am Lago Maggiore Ferien machen. Wir werden das Beste daraus machen.

Unterhalb von Intragna.

Da wir den Zug mit der bergigen Landschaft des Centovalli fotografieren möchten, steigen wir nicht in den Zug. Als der Triebwagen die Station Ponto Brollo verlassen hat, setzen wir uns ins Auto und fahren ihm in Richtung Camedo nach. Die Kantonsstrasse folgt weitgehend der Bahnstrecke. Vor Intragna haben wir den Triebwagen überholt. Gemächlich rumpelt er mit seinem vierachsigen blau-creme lackierten Anhänger über die grosse Stahlbrücke. In Intragna kreuzt der Nostalgiezug mit einem Personenzug.

Die FART umrundet Intragna in einem weiten Bogen.

So haben wir die Chance auf ein zweites Bild mit Sicht auf das Dorf Intragna. Oberhalb des Ortes hat es eine tolle Fotostelle mit Blick auf die Kirche San Gottardo. Tief unten überquert die FART ein in einer Kurve liegendes Steinviadukt. Wie schön muss die ganze Szenerie wohl bei Sonnenschein sein? Daran darf ich gar nicht denken. Trotz des bescheidenen Wetters warten hier noch weitere Fotografen auf den Zug. Ganz langsam fährt er quietschend durch die engen Bögen. Es gelingen uns fast mystische Aufnahmen. Die Scheinwerfer stahlen weit nach vorne und leuchten alles in warmen Gelbtönen aus.

Die Strasse wird immer kurviger und schmäler. Sie schmiegt sich an den steilen Bergverlauf. Mit vielen engen Kurven und durch einige kürzere Tunnels gewinnt die Bahnlinie zügig an Höhe. Bei Km. 13 ab Locarno folgt die Grenzstation Camedo. Danach führt die Strecke weiter nach Italien. Bis Domodossola sind es insgesamt 46 Km.

Unser Nostalgiezug endet heute in Camedo. Nach dem Abkuppeln muss der Triebwagen den Personenwagen umfahren. Der Anhänger C 120 ist aus den zwanziger Jahren. Innen ist er mit Holzbänken und historischen Deckenlampen ausgestattet. Bei der kalten Witterung sind die Scheiben durch die hohe Luftfeuchtigkeit beschlagen. Trotz des trüben Wetters herrscht bei den Mitreisenden eine ausgelassene Stimmung. Unter dem Dach des Stationsgebäudes steht ein „Empfangskomitee“ von Einheimischen. Ein älterer Mann gibt mit seiner Ziehharmonika und unter tatkräftigem Singen seiner Unterstützerinnen folkloristisches Liedgut zum Besten.

In der Station Camedo.
Fabrikschild am ABDe 6/6 31.

Der Bahnhof ist natürlich nicht mehr durch örtliches Personal besetzt. So muss der Wagenführer zum Umfahren des Personenwagens den Triebwagen nach der Ausfahrtweiche anhalten und zu Fuss zum Stationsgebäude gehen. In der Wand des Stationsgebäudes befindet sich in einem Schaltschrank das Stellwerk. Dort stellt der Wagenführer die Weichen für die Rangierfahrt auf Ablenkung. Zurück im Triebwagen wird erstmal laut gepfiffen. Dann setzt sich der Triebwagen langsam in Fahrt und rumpelt über die Weiche durch das Ausweichgleis. Bevor er den Personenwagen wieder Ankuppeln kann, muss er nochmals zum Stellwerk laufen und die beiden Weichen wieder umstellen. Nachdem die Rangierarbeiten erledigt sind, hat das Personal eine halbe Stunde Pause.

In Camedo muss der Wagenführer das örtliche Stellwerk bedienen.
Folkloristische Einlage für die Reisenden in Camedo.

Jetzt ist die Zeit für Standfotos und Gespräche mit dem freundlichen Personal. Der Triebwagenführer und sein Kondukteur führen die Nostalgiefahren in ihrer Freizeit ehrenamtlich aus. Die FART stellt dafür die Fahrzeuge zur Verfügung. Nur auf dieser Basis können diese nostalgischen Extrafahrten angeboten werden. Der Triebwagen ABDe 6/6 31 wurde 1962 von Schindler Waggon in Pratteln erbaut. Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre beschaffte die FART und ihr Italienisches Pendant SSIF (societa subalpina di imprese ferroviarie) mehrere Triebwagen in zweiteiliger und dreiteiliger Ausführung.  Sie bildeten lange Jahre das Rückgrat des Personenverkehrs im Centovalli. In den neunziger Jahren wurden sie durch modernere Triebwagen abgelöst. Noch dient unser Nostalgietriebwagen als eiserne Reserve. Ende kommenden Jahres wird Stadler der FART acht neue behindertengerechte Triebwagen liefern. Je vier drei- und vierteilige Triebwagen. Ob die nostalgischen Extrafahrten weiterhin mit dem alten Triebwagen angeboten werden können, ist noch nicht bekannt. Es wäre natürlich schön, wenn aus der Epoche der sechziger Jahre weiterhin dieser schmucke Triebwagen für Sonderfahrten zur Verfügung stünde.

Der AB 110 ist mit Baujahr 1923 eines der ältesten Fahrzeuge der FART.

Die Abfahrtszeit für die Rückfahrt nach Locarno naht. Langsam gehen wir zum Auto zurück. Nach Camedo überquert die Bahn das grosse Ruinacci Stahlviadukt. Dieses überspannt ein tiefes Seitental. Unten fliesst friedlich der Fluss, hoch oben überquert der blau-creme Zug diese Schlucht. Wir fahren über die Kantonsstrasse weiter talwärts. Nach einer engen Kurve führt ein hohes Steinviadukt direkt über die Strasse. Wie eine Miniaturbahn fährt die nostalgische Komposition mit höchstens 40 km/h darüber. Nach dem Haltepunkt Carcapole gelingen uns weitere Bilder. Die Strasse und Bahn kleben an den steilen Wiesenhängen.

Das Ruinacci Stahlviadukt unterhalb Camedo.

Der Regen hat mittlerweile zum Glück aufgehört und ganz hinten im engen Bergtal lockert die Wolkendecke sogar auf. Unser Zug ist nun zügig talwärts unterwegs. Ein letztes Fotomotiv gelingt uns bei Tegna mit der Kirche S. Maria Assunta.

Mit einigen guten Bildern fahren wir zufrieden nach Locarno zurück. Margit und Rene verabschieden sich von mir. Unser Wunsch ist, die ganze Fahrt bei sonnigem Wetter nochmals zu wiederholen. Wer weiss, vielleicht gibt es in diesem Jahr wieder Gelegenheit dazu. Dann freuen wir uns auf die Tessiner Sonnenstube und das südliche Flair des Centovalli Tals. Und natürlich auf ein Wiedersehen mit dem netten Zugpersonal.

Steinbogenviadukt.
Ein letztes Bild gelingt uns bei Tegna mit der Kirche S. Maria Assunta.

Die Konzession/Genehmigung für die Fahrten in diesem Jahr sind beim BAV in der Genehmigungsphase. Sie finden einmal im Monat an einem Sonntag statt. Es wird jeweils eine Fahrt am Vor- und am Nachmittag von Locarno nach Camedo angeboten. Näheres unter www.vigezzinacentovalli.com/de

Alle Bilder wurden am 19. September 2021 aufgenommen.

Von Herrn R. Schulter aus Basel haben wir zu diesem Blog in verdankenswerter Weise die folgenden historischen Bilder erhalten:

 

ABFe 4/4 Nr. 17 der SSIF; Einfahrt in Santa Maria Maggiore. Foto 1974, R. Schulter
“ABFe” 4/6 (so angeschrieben) Nr. 32 der FART in Camedo (ohne Musik-Empfang…). Foto 1974, R. Schulter
SSIF ABFe 4/4 Nr. 13 neben einem ex Tram aus Locarno (ex Rheintalische Strassenbahn). Foto 1972, R. Schulter

24 Sep

Die Laaser Marmorbahn – ein Kleinod im Südtiroler Vintschgau

Inmitten des grossen Werkareals ist ein Transport der Talbahn mit einem mit Marmor beladenen Flachwagen angekommen. Mittels dem Kran wird der Marmorblock danach entladen.

In unseren Familienferien ist das Thema Eisenbahn und Hobby eigentlich meist  tabu. Da meine Frau und meine ältere Tochter mal einen “Badetag” für sich wollten, sagten sie zu mir, so, du kannst heute zum wandern gehen. Sofort dachte ich, wie kann ich nun wandern und das Hobby Bahn unter einen Hut bringen? Da fiel mir ein, dass es in Laas im Vintschgau die alte Marmorbahn gibt. Somit war das Ziel für meinen Wandertag entschieden.

Von Meran aus fuhr ich in einer guten Stunde mit der Vintschgerbahn nach Laas. Direkt hinter dem Bahnhof dominiert das Werk mit seinem grossem Marmorlager. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird im Weisswasserbruch auf 1500 m. über dem Meer im Untertagebau Marmor abgebaut. Er wird weltweit exportiert. Die schweren Marmorblocks wurden Anfangs auf schiefen Ebenen über quer liegende Holzstämme zu Tal gebracht. Dabei gab es immer wieder tödliche Unfälle, wenn die Fracht nicht mehr zu bremsen war und durchging.

Als Italien am Ende des Ersten Weltkriegs Südtirol von Österreich annektierte, versuchte es, die eingenommene Provinz mehrheitlich italienisch zu besiedeln. Aus dem Süden Italiens wurden Arbeiter nach Südtirol umgesiedelt. Der Marmorbruch wurde dabei stark ausgeweitet. Zum effizienten Abtransport des weissen Goldes wurde 1929-30 die Marmorbahn geplant und gebaut.

An der Talstation des Schrägaufzuges kommen die mit Marmor beladenen Wagen an. Links wartet die Lok, um sie anzukuppeln und ins Werk zu fahren. 

Mit einem bis zu 18 Tonnen scheren Marmorblock wird der Zug alsbald die Talstation verlassen.

Vom Weisswasserbruch schweben die Blocks mit einer das Tal querenden Seilbahn auf die gegenüberliegende Bergseite. Dort beginnt die Bergsektion der in Meterspur erbauten Marmorbahn. Die Blocks werden direkt auf die Flachwagen verladen. Bis 2011 war die Bergsektion rund 2000 m. lang. Heute ist sie durch den Neubau der Seilbahn auf 500 m. verkürzt. In der Bergstation werden die Flachwagen auf den Schrägaufzug gefahren.  Über den Schrägaufzug geht es in 25 Minuten abwärts in das Tal. Dabei werden rund 500 Höhenmeter überwunden. Von der unteren Ebene aus fährt die zweite Lok die Wagen über eine 800 m lange Strecke direkt ins Werk.

Über die Talstrecke wird der Marmor ins Werk gefahren. Links im Berghang erkennt man den Schrägaufzug.

Ein Blick aus dem Führerstand der bald 90 jährigen Lok. Mit ca. 10 km/h geht es gemächlich durch die Talebene.

Die beiden vorhandenen Loks wurden 1930 von Brown Boveri in Mailand erbaut und sind seitdem in Laas stationiert. Anfangs wurden sie mit Akkus betrieben. 1937 wurde die Strecke mit Oberleitung elektrifiziert. 1993 wurde die Oberleitung wieder abgebrochen. Die Loks erhielten daraufhin einen Dieselmotor. Die Kraftübertragung ist seitdem dieselelektrisch.

 

Kurz vor der Einfahrt in das Werksgelände wird auf einer Stahlträgerbrücke der Fluss Etsch überquert.

Bei meinem Besuch Mitte September ging ich zuerst zur Talstation des Schrägaufzuges. Dort stand bereits ein mit Marmor beladener Zug. Der Lokführer sagte mir, dies sei heute sein einziger Transport. Normalerweise werden am Tag ca. 3 bis 4 Marmorblocks zu Tal gebracht. Nachmittags fährt er nochmals zur Talstation des Schrägaufzuges, um das Gras zwischen den Gleisen zu mähen. Seine Kollegen der Bergsektion sind mit Materialtransporten beschäftigt. Ich solle nach der Mittagspause mal oben vorbeischauen. Gegen 11 Uhr fuhr der Marmortransport ins Werk und der Führer ging danach in die wohlverdiente Mittagspause.

Ich machte mich daraufhin auf den Weg zur Bergstation. Heute wollte ich ja wandern. Von rund 830  ging es auf 1350 Höhenmeter. In gut einer Stunde schaffte ich diese Strecke über den neu angelegten Wanderweg, der westlich des Schrägaufzuges verläuft. Schweissgebadet kam ich an der Bergstation an. Nach Inaugenscheinnahme des Bergbahnhofes dachte ich, jetzt bin ich in den rumänischen Karpaten gelandet. Es sah aus wie auf einer alten Waldbahn. Überall hatte es Freileitungen, ein altes Trafohäuschen, ein Lokschuppen zum versorgen der Lok und diverse Materialschuppen. Das ganze Ensemble erinnerte mich an Waldbahn Covasna – Comandau, die ich genau vor 25 Jahren besuchte. Die Tal- und Bergstrecke war dort ebenfalls mit einem Schrägaufzug verbunden.

Blick vom Schrägaufzug ins Tal. Die Spurweite der Schrägbahn beträgt 2600 mm.

Zwischen Tannen versteckt befindet sich das Depot der Lok, wo sie täglich übernachtet.

Blick über die Gleisanlagen des Bergbahnhofes. Das linke Gleis führt direkt auf den Schrägaufzug. Auf dem rechten Gleis geht es zur Verladestelle für den Marmor.

In der Ferne hörte ich Geräusche eines Stromaggregates. Ich lief dem Streckengleis entlang. Nach einer Rechtskurve erblickte ich die Lok der Bergstrecke. Sie hatte einen Flachwagen angehängt. Zwei Bahnarbeiter waren damit beschäftigt, mit einer Flex die  Gittermaste der alten Fahrleitung zu durchtrennen und auf den Wagen zum Abtransport zu legen. Neugierig wie ich war, wollte ich natürlich wissen, wie es bis zum Streckenende weitergeht. Nach einer weiteren Kurve befindet sich die neue Ladestelle.

Vom gegenüberliegenden Weisswasserbruch schweben die Marmorblocks mit der Seilbahn direkt auf die Flachwagen.

Hinter der Ladestelle endet das Gleis im Sand. Bis 2011 ging die Strecke nochmals 1500 m weiter in das Tal hinein. Dort befand sich die alte Seilbahn. Sie steht noch als Denkmal, die aufgehobene Strecke ist mittlerweile durch die Naturgewalten zugeschüttet. Leider gab es an meinem Besuchstag keine weiteren Transporte, so dass ich dies leider nicht dokumentieren konnte.

Der Zug mit dem Materialtransport im Bergbahnhof.

Die Strecke der Bergsektion verläuft relativ flach durch einen weiten Tannenwald. Hier sind die Bähnler gerade beschäftigt, Reste der alten Fahrleitung in Einzelteile zu zersägen.

Nachdem ich alles ausgiebig fotografisch festgehalten hatte, machte ich mich wieder auf den Weg ins Tal. Dort war der Lokführer der Talsektion gerade mit der Rasenplege beschäftigt. Er sagte mir, dass die Gleise am Vormittag oft feucht seien und er viel sanden müsse, um einen beladenen Zug in Bewegung zu bringen. Grosse Revisionen werden an den Loks keine ausgeführt. Der Unterhalt beschränkt sich auf das Ölen des Getriebes und dem wechseln der Bremsklötze. Neben den beiden Loks sind drei vierachsige Flachwagen vorhanden. Die Strecke selbst ist in einem betagten Zustand. Grössere Marmorblocks mit über 18 T. Gewicht werden mit LKW´s über eine Bergstrasse zu Tal gebracht. Somit dürften die Tage der alten Marmorbahn irgendwann zu Ende sein.

Rechtzeitig kurz vor dem Feierabend fährt der letzte Zug der Talbahn über die Etschbrücke.

Als die letzte Fahrt ins Werk beendet war, war es mein Wandertag ebenfalls. Zufrieden ging ich mit meiner fotografischen Ausbeute zum Bahnhof Laas, um wieder zu meinen beiden Damen zu fahren. So hatten doch alle einen erlebnisreichen Tag. Bedanken möchte ich mich beim sehr freundlichen Bahnpersonal, das mir manches Foto ermöglichte und bereitwillig Auskunft gab.

Laas und das Marmorwerk liegen direkt an der Vintschgerbahn im oberen Vintschgau. Von Mals oder Bozen bzw. Meran ist es mit der Bahn erreichbar. Weitere Infos finden Interessierte auf www.marmorplus.it. Die Freunde der Marmorbahn, die sich seit 2007 um ihren Erhalt bemühen, haben ihre Dokumentation auf www.sagen.at zusammengestellt.

Für die Wanderung über den Schrägbahnsteig empfiehlt sich trittfestes Schuhwerk, etwas Kondition und ausreichend Flüssigkeit bzw. ein Vesper mitzunehmen.

 

Auch im EA wurde vor bald 20 Jahren ein Artikel zu diesem Thema publiziert: EA 12/96. Seiten 790-791: Die Marmorbahnen von Lasa/Laas, Autor Ruedi Wanner.

 

 

11 Aug

Ein Besuch bei Deutschlands ältester Zahnradbahn – der Drachenfelsbahn

 

 Von der Bergstation Drachenfels geniesst man einen fantastischen Blick auf das Siebengebirge und das Rheintal.

 Bei der Anreise mit der Fähre über den Rhein bei Königswinter erblickt man bereits links das Schloss Drachenburg und rechts die Ruine Drachenfels.

Alljährlich Ende Juni steht ein geschäftliches Treffen an – jeweils in einer anderen Ecke des Landes. Diesmal war Bad Neuenahr im Ahrtal das Ziel. Dies liegt auf der linken Rheinseite zwischen Koblenz und Bonn. Da ich meist nach der Anreise noch ein bisschen Freizeit habe, suche ich mir nach Möglichkeit ein eisenbahntechnisches Ziel der Nähe des Treffens aus. So fiel dieses Mal die Wahl auf die Drachenfelsbahn.

Vor Jahren hielt ich mal eine Briefmarke in der Hand, die zum 125 jährigen Jubiläum der Drachenfelsbahn herausgegeben wurde. Darauf war eine Dampflok mit einem Vorstellwagen zu sehen. Dieses Ziel wäre doch ein kleiner Ausflug wert. Also nichts wie hin.

Ein Blick in das “gläserne” Depot in der Talstation. Links hinter den Scheiben befindet sich die Werkstätte.

Von Bonn-Mehlem setzte ich mit einer kleinen Fähre über den Rhein nach  Königswinter. Von der Fähre aus konnte ich schon das Schloss Drachenburg und den Drachenfels oben auf dem Hügel sehen. Zu Fuss ging´s durch den alten Ort zur Talstation. Davor begrüsste mich die Dampflok Nr. 2 von 1927, die dort als Denkmal steht.

Vor der Talstation steht die Dampflok Nr. 2 mit Baujahr 1927 als Denkmal.

Die Geschichte der Drachenfelsbahn geht auf die Schiffbarmachung des Rheines zurück. Um 1825 fuhren die ersten Dampfschiffe von Holland aus flussaufwärts. Gut betuchte Reisende erfreuten sich am Verlauf des Sagen umworbenen Flusses. In Königswinter entstanden Mitte des neunzehnten Jahrhundert am Rheinufer mondäne Hotels. Sie säumen noch heute das Ufer. 1881 wurde die Konzession erteilt, auf den Aussichtspunkt Drachenfels eine Zahnradbahn zu erbauen. Bereits im Juli 1883 fanden erste Probefahrten statt. Damit ging Deutschlands erste Zahnradbahn in Betrieb.

Ein Triebwagen verlässt die Talstation in Richtung Drachenburg.

Die Erstausstattung bestand aus drei Dampfloks und sechs Vorstellwagen. Die Streckenlänge beträgt 1520 Meter, sie ist meterspurig und mit dem Zahnstangensystem Riggenbach ausgestattet. Während der 12 minütigen Fahrt werden 220 Höhenmeter mit bis zu 200 o/oo Steigung überwunden. Bereits ein Jahr nach Eröffnung der Zahnradbahn wurde in Höhe der Mittelstation das Schloss Drachenburg eröffnet. Es ist bis heute ein beliebtes Ausflugsziel hoch über dem Rhein. Der Blick schweift von dort bis ins 60 km entfernte Köln. Bei meinem Besuch konnte ich sogar die beiden Türme des Kölner Domes ausfindig machen. Das Schloss kann besichtigt werden. Heute finden dort kulturelle Anlässe statt und die Gäste können im Schloss übernachten.

 Kurz vor der Mittelstation geht es steil bergan. Im Hintergrund erkennt man den Rhein.

1927 wurde die Erstausstattung an Dampfloks gegen fünf neue ersetzt. Diese wurden in der Maschinenfabrik Esslingen hergestellt. Im Juni 1953 konnte der elektrische Betrieb aufgenommen werden. Bis 1978 wurden fünf Zweiachser in Betrieb gesetzt. Erbauer waren die Waggonfabrik Rastatt und Siemens. Sie fahren bis heute in ihrer moosgrünen Lackierung und geben der Bahn das Flair der fünfziger Jahre. In den neunziger Jahren sind die kleinen Triebwagen in der SLM in Winterthur generalüberholt worden.

Vor der imposanten Kulisse des Schlosses Drachenburg befindet sich die Ausweichstation der Zahnradbahn.

Nach der fotografischen “Inspektion” der Talstation und der angeschlossenen Werkstätte ging ich zu Fuss bergan. Nach einer Viertelstunde auf einem steilen Weg erreichte ich die Mittelstation Drachenburg. Hier kreuzen sich die Triebwagen. Tagsüber fahren sie im Halbstundentakt. Von dort geht es weiter steil bergan zum Drachenfels. Der Aufstieg wird mit einem grossartigen Rundblick über das Siebengebirge, das Rheintal und die Eiffel belohnt.

Einfahrt des letzten Kurses in der Mittelstation. Im Hintergrund ist die Rheinebene und das rund 60 km entfernte Köln auszumachen.

Bis heute war mir nicht bekannt, dass es neben der Drachenfelsbahn noch weitere drei Zahnradbahnen in Deutschland gibt. Es sind dies die “Zacke”, die den Stuttgarter Talkessel mit dem höher gelegenen Stadtteil Degerloch verbindet sowie in Bayern die Wendelstein- und Zugspitzbahn.

Nachdem der letzte Kurs gegen 19 Uhr von der Bergstation Drachenfels talwärts rumpelte, machte ich mich auf den Weg zurück nach Bad Neuenahr. Ein netter, nostalgischer Ausflug in die fünfziger Jahre ging zu Ende. Jetzt weiss ich, dass sich Deutschlands älteste Zahnradbahn nicht in den bayerischen Alpen, sondern im eher doch bergig gemässigten Siebengebirge in Nordrhein-Westfalen befindet.

Kreuzung zweier Triebwagen in der Mittelstation Drachenburg. Tagsüber kreuzen hier alle 30 Minuten die berg- und talwärtsfahrenden Kurse.

27 Jun

Eine Velotour ins Ällgäu

Wie kann man seine Leidenschaft zur Eisenbahn, zu herrlichen Berglandschaften und zum Erhalt seiner Gesundheit/Fitness verknüpfen? Es gibt ein ganz einfaches Rezept: Man stehe morgens zeitig auf, begebe sich um fünf Uhr mit seinem Velo auf den ersten Zug der Thurbo Bahn und reise über Bregenz in Richtung Allgäu. Mit dem Bodensee Ticket, welches bis Oberstaufen im Allgäu gilt, ist dies ganz einfach zu machen. Um acht Uhr stieg ich in Oberstaufen aus dem Dieseltriebwagen und atmete erstmal die frische, würzige Allgäuer Luft. Jedes Mal, wenn ich dort ankomme, fühle ich mich in einer ganz anderen Welt. Natürlich hatte ich mir schon meinen Tagesfahrplan im Kopf zu Recht gelegt.

EC 191 bei Knechtenhofen unweit von Oberstaufen.

Die beiden ersten Züge, welche ich fotografieren wollte, waren an diesem Tage die beiden Eurocity von München nach Zürich und in die Gegenrichtung. Sie heissen EC 196 und 191. Zwischen Oberstaufen und Immenstadt gibt es das kleine Dörfchen Knechtenhofen. Es besteht aus wenigen alten Bauernhäusern und an der alten Dorfstrasse dominiert eine kleine Kapelle. Da derzeit alle EC Züge wegen der Elektrifizierungsarbeiten der Memminger Strecke über die Kemptener Linie umgeleitet werden, konnte ich endlich dieses romantische Motiv mit dem Eurocity, einem Allgäuer Bauernhaus und Kapelle St. Georg auf den Chip bannen.

IC 2012 fährt mit 218 456 und 476 aus dem Bahnhof Immenstadt/Allgäu.

Weiter radelte ich in Richtung Immenstadt. Ein prima Veloweg, kaum Steigungen, wenig Autoverkehr, so machte das strampeln Freude. Da es so gut lief, erreichte ich in Immenstadt gerade noch die Ausfahrt des IC 2012 von Oberstdorf nach Minden/Westfalen. Dieser Zug wird bis Ulm noch mit zwei Loks der BR 218 geführt.

Portrait der 218 447 im Bahnhof von Immenstadt im Allgäu.

Jetzt wurde es spannend. Alle Internetforen meldeten, dass auf der Zweigstrecke des ALEX zwischen Immenstadt und Oberstdorf die ehemalige DB Lok 218 447 mit dem Anschlusszug nach Oberstdorf pendeln soll. Kaum einige Sekunden später kam sie mit ihrem Wagenpark um die Ecke gefahren. Glück gehabt!

Nach dem Bahnhof Fischen im Illertal beschleunigt die 218 447 in Richtung Oberstdorf.

Die 218 447 gehört der Firma Railsystem RP Com. in Gotha. Sie ist momentan an die Alex Länderbahn ausgeliehen. Der Buschfunk meldete bereits, dass sie Ende Juni gegen die verkehrsrote 218 469 getauscht wird. So haben die vielen Freunde der legendären Dieselloks der Baureihe 218 ein weiteres Schmankerl im Allgäu zu bewundern. Die beiden Stammloks des Alex auf dieser Strecke, die Österreichischen 2143.18 und 21 sind momentan mit Motorschäden ausser Betrieb und müssen erst repariert werden.

Besonders schöne Motive gibt es zwischen Altstädten und Fischen.

Für weitere Motive radelte ich in das Illertal. Da der Alex einen Zweistundentakt hat, konnte ich jede Stunde ein neues Fotomotiv verwirklichen. Ebenfalls lässt es sich dem Fluss Iller entlang gemütlich fahren. Mit knurrendem Magen freute ich mich auf original Allgäuer Käsespätzle und ein frisch gezapftes Radlerbier. Gestärkt fotografierte ich den ganzen Nachmittag bei Fischen und Altstädten weiter.

Kreuzung zwischen 218 447 und einer Regionalbahn mit VT 612 im Bahnhof Altstädten.

Nun nahte das Highlight des Tages: einige Kilometer nach Immenstadt in Richtung Immenstadt liegt das Dorf Trieblings am grossen Alpsee. Schon der legendäre Eisenbahnfotograf Carl Bellingrodt fotografierte dort in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts die legendären bayerischen Schnellzugsdampfloks der Baureihe S 3/6 bzw. der späteren BR 18.6. Wie oft war ich schon an dieser Fotostelle und wartete auf einen umgeleiteten EC. Jedes Mal, wenn er nahte, machte mir die berühmte Fotowolke einen Strich durch die Rechnung. Doch heute hatte ich Glück. Blauer Himmel, keine Wolke, die mir mein Bild mit dem EC 192 hätte vereiteln können.

Das Wunschmotiv des Abends: EC 192 am Alpsee bei Trieblings.

Neben mir standen zwei Holländische Eisenbahnfreunde, die ebenfalls mit der Kamera bewaffnet waren. Sie kamen extra wegen der 218er über das Wochenende ins Allgäu. Den ganzen Tag über sah ich bestimmt mehr als 20 Fotografen, die hauptsächlich der blau – beigen 218 477 auflauerten. Fast schon bald wie bei einer Extrazugfahrt.

Für den späteren Abend kurz vor Sonnenuntergang wollte ich noch eine Streiflichtaufnahme mit dem letzten EC des Tages, dem 197 aufnehmen. Mein warten in der S-Kurve von Heimhofen war leider vergebens. Die Sonne verschwand hinter den Hügeln des Westallgäus und ich musste mich aufmachen, um nicht den letzten Zug in Richtung Bodensee zu verpassen. Wie ich später erfuhr, verspätete sich dieser EC durch eine Fahrleitungsstörung im Bahnhof Winterthur.

Todmüde, dennoch voller Freude über die vielen guten Fotomotive versank ich spät Nachts in meinem Bett. Im Traum war ich schon wieder zu den Umleiterzügen aufgebrochen.

Berthold Halves, MECK Kreuzlingen.

 

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