25 Aug

Was ein Trix Express-Modell mit dem EA verbindet

Unser Vorbild Ae 4/4 Nr. 255 im Bahnhof Brig. Der vordere Pantograf ist eingezogen. in der Schweiz wird nur mit einem Pantografen gefahren.

Dieser Blog-Artikel erscheint als Ergänzung zum Eisenbahn Amateur September 2019, in dem der 2. Teil eines Artikels über den ehemaligen Obermaschineningenieur der BLS und begnadeten Modellbauer der 1930er Jahre, Markus Hauri, zu finden ist.

Es war einmal …; so fangen im allgemeinen die Märchen an. Diesmal war es aber kein Märchen, als sich der EA-Leser Eduard Reinel aus Nürnberg bei mir meldete. Es war einmal … ein Beitrag in der Zeitschrift «Trix Epress Dienst», und zwar im April 1958. Trix Express berichtet über das damals neue Modell der Ae 4/4 der BLS, in grüner Bemalung 1956 erschienen, in der aktuellen braunen Lackierung der BLS erschienen 1958.

Der Artikel wäre an sich nicht weiter bemerkenswert, wenn es nicht um einen Dank für seine Mithilfe bei den Recherchen für die Entwicklung des neuen Modelles an einen ganz bestimmten Mann ginge: Trix übergibt bei einer Führerstandsfahrt auf der Ae 4/4 255 der BLS ein Modell der Lok an Markus Hauri, den Obermaschineningenieur der BLS. Und genau über diesen Markus Hauri berichtet der EA in seiner aktuellen Ausgabe!

Und so schreibt der unbekannte Autor von Trix: «Was wir aber heute berichten wollen, ist kein Märchen, sondern die wahre Geschichte einer kleinen Lokomotive. Es war einmal ein wunderschöner Sonnentag in den Schweizer Alpen. Ein Zug rollte durch die herrliche Landschaft, an schwindelerregenden Abgründen entlang, durch finstere Tunnelstrecken und gleich darauf wieder durch ein sonnendurchflutetes Tal. Wie fast alle Züge in der Schweiz wurde auch dieser von einer starken E-Lok gezogen; auf dem Führerstand dieser Lok befand sich jedoch nicht nur der Lokführer, sondern weitere Augenpaare nahmen die Schönheiten dieser Fahrt in vollen Zügen auf. Einer der beiden Begleiter war der verantwortliche Ingenieur der BLS, Herr Dipl. lng. Hauri, der andere ein Gast aus Deutschland. Für ihn war diese Fahrt auf der Bern-Lötschberg-Simplon Bahn auf dem Führerstand der Ae 4/4, einer modernen BLS-Lok, ein Erlebnis, an das er sich sicher noch oft erinnern wird.

Und «schuld» an dieser Fahrt war die Modellbahn, geneuer gesagt die TRIX EXPRESS-Modellbahn. Der Gast aus Deutschland war nämlich … Aber lassen Sie uns der Reihe nach erzählen, wie es zu der Fahrt mit der BLS-Lok kam. Es ist eine kleine Geschichte, die vielleicht besser noch als andere Worte die Aufgeschlossenheit der Bahnverwaltungen gegenüber dem Modellbahnsport charakterisiert. Wenn die Fachleute der TRIX-Werke auf Geschäftsreisen sind – bei der grossen Nachfrage nach dem TRIX EXPREss in allen Ländern gewiss keine Seltenheit – so halten sie selbstverständlich immer und überall ihre Augen offen nach Vorbildern für den TRIX EXPREss. Viele Anregungen kommen so zusammen, und im Verein mit den Wünschen der TRIX EXPREss-Freunde in aller Weit werden dann die geeignetsten Vorbilder für eine Nachbildung als TRIX-Modell ausgewählt. So fiel denn die Wahl eines Tages auf eine E-Lok der BLS. Sie hat die Typenbezeichnung Ae 4/4 (siehe S.179), war also eine Schnellzuglok, deren sämtliche 4 Achsen angetrieben werden. Kaum hörte man in der Verwaltung der BLS von dem Wunsch der TRIX-Werke, eine BLS-Lok als TRIX EXPREss-ModeII auf den Markt zu bringen, da war man auch sofort bereit, die benötigten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Ein ganzer Stoss Zeichnungen mit allen Einzelheiten dieser Lok sowie eine Menge Fotos traten die Reise nach Nürnberg an. Die Lok, die als Vorbild ausgewählt wurde, trug übrigens die Nummer 255.

ln den TRIX-Werken ging man nach dem Eintreffen der Unterlagen alsogleich an die Arbeit. ln der Musterwerkstätte entstand ein erstes Modell, das in Handarbeit aus Messing gefertigt wurde. Die ersten konstruktiven Ideen waren bei ihm verwirklicht, und man stellte vielfache Fahrversuche und manch andere Erprobungen mit ihm an. Im Konstruktionsbüro entstanden dann die vielen Zeichnungen für all die Einzelteile der Modell-Lok, in den Werkstätten entstanden die zahlreichen Spritzgussformen, Vorrichtungen, Stanzwerkzeuge und die anderen Arbeitsmittel, die für eine Serienfertigung erforderlich sind; endlich entstand auch eine erste Vorserie von einigen Maschinen, an denen der ganze Fertigungsgang auf rationellste Arbeitsweise überprüft und insbesondere auch die Konstruktion der Modell-Lok selbst nochmals einer eingehenden Erprobung unterzogen wurde. Und nach einiger Zeit war es dann soweit: die Fertigung der TRIX EXPREss-Lok «762», des Modells der BLS-Lok Nr. 255, konnte anlaufen, und nach kurzer Zeit waren die ersten Loks fertig. Blitzsaubere Modelle standen vor ihren Konstrukteuren, bereit, ihre erste grosse Reise anzutreten. Es sollte eine recht interessante Reise werden. Zwar noch nicht mit eigener Kraft, aber wohlverwahrt im Gepäck des Chefingenieurs der TRIX-Werke, der es sich nicht nehmen liess, die erste der vom Fliessband gekommenen Loks auf ihrer ersten Reise zu begleiten. Die Fahrt ging los, von Nürnberg aus in südlicher Richtung; das Ziel war Bern in der Schweiz. Zwar war der Besuch aus Nürnberg den Herren der BLS avisiert worden, aber mit einem so herzlichen Empfang hatte der Vertreter der TRIX-Werke denn doch nicht gerechnet. Die Überraschung war jedoch vollkommen, als schliesslich am Bahnsteig in Bern die Lok 255 heranrollte, um den Besuch aus Nürnberg willkommen zu heissen und aufzunehmen. Es zeugt von der wirklich rührenden Gastfreundschaft der Schweizer, dass man diese Lok extra von Brig herbeigeholt und man sich wohl gemerkt hatte, welche Nummer die Lok trug, die als TRIX EXPRESS-ModeII ausersehen war. Der Chefingenieur der BLS, Herr Dipl.lng. Hauri, liess es sich auch nicht nehmen, seinen Gast auf der Fahrt mit dieser Lok zu begleiten. Nach kurzer, herzlicher Begrüssung war es Zeit zum Einsteigen. Die Uhr zeigte noch zwei bis drei Minuten bis zur Abfahrt.

Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn man sich über die steile Treppe auf den Führerstand dieser schweren E-Lok hinaufschwingt. Oben empfängt uns ein ruhiger, erfahrener Lokführer, der schon viele Jahre bei der BLS Dienst tut. Wir nehmen Platz, und der Gast aus Deutschland betrachtet sich interessiert den Führerstand. Rechts sitzt der Lokführer vor seinem Führertisch (Fahrpult) mit einer Unzahl von Instrumenten. Auf der linken Lokseite hat der Chefingenieur der BLS Platz genommen, und der Gast aus Nürnberg erhält den Ehrenplatz in der Mitte. Wir wollen nicht verschweigen: Es war noch ein weiterer Herr aus Deutschland dabei, Herr W. H. aus Sch. H., der die Aufgabe des Fotografierens übernommen hatte, und dem wir für seine Mühewaltung auch hiermit bestens danken. Der Lokführer lässt kein Auge vom Abfahrsignal, und als der Zeiger der Uhr auf die Minute der Abfahrt springt, erscheint am Signal auch das grüne Licht, und der Lokführer dreht das Handrad des Steuerkontrollers auf. Es ist erstaunlich, wie leicht der Koloss auf die kleinen Bewegungen der Menschenhand reagiert, wie er ohne zu rucken den schweren Zug in Bewegung setzt. Bevor man es überhaupt richtig spürt, dass die Fahrt begonnen hat, ist die Lok schon über einige Kreuzungsweichen hinweggefahren, und der Geschwindigkeitsmesser zeigt bereits eine Geschwindigkeit von 40 km/h an, als wir über weiteres Weichengewirr den Bahnhof Bern verlassen, um auf die Strecke nach Thun zu kommen. Die Fahrtgeschwindigkeit steigt immer weiter, und die Nadel des Geschwindigkeitsmessers pendelt schon bald kurz vor der Marke, die die höchstzulässige Geschwindigkeit, 110 km/h, bezeichnet. Mit dieser Geschwindigkeit braust der Zug Thun entgegen.

Der Platz auf dem Führerstand einer Ellok ist wohl der schönste Aussichtsplatz im ganzen Zuge. Nichts hemmt den Blick, der bewundernd von rechts nach links über die Strecke schweift. Man gewöhnt sich sehr schnell an dieses eiserne Pferd, das mit ungestümer Kraft vorwärts drängt. Für uns als Eisenbahnfreunde ist interessant, dass im Führerstand selbst jedes Signalbild von den Anwesenden angesagt wird. Der Lokführer sagt bei grün “frei” und bei rot “halt”. Eine zweite Person, die sich auf dem Führerstand befindet, wiederholt diese Meldungen. Auch das Grüssen der Streckenarbeiter und Aufsichtsbeamten der Bahnhöfe ist nicht nur Freundlichkeit, sondern erweist sich bei näherer Information auch als eine Kontrolle, dass der Lokführer seinen Dienst mit voller Aufmerksamkeit versieht. Er muss nämlich diesen Gruss erwidern.

Doch nun weiter in unserer Fahrt. Nach Thun, dem industriereichen Städtchen am Ende des Thunersees, ist es freilich vorderhand aus mit der Geschwindigkeit von 110 km/h. Es beginnen grössere Steigungen von zunächst 15 Promille, und nach Frutigen beginnt dann die lange Nordrampe der Lötschberglinie mit sogar dauernd 27 Promille Steigung. Auch die Kurven werden enger und zahlreicher, weshalb zwischen Thun und Frutigen 95 km/h und auf der Steilrampe 75 km/h nicht mehr überschritten werden dürfen. Die Gegend wird immer wilder, aber mit Vehemenz geht es über Brücken, Viadukte und Dämme, durch Einschnitte und Tunnels und unter Lawinengalerien hindurch, immer mit der zulässigen Geschwindigkeit von 75 km/h, denn je schneller in Steigungen gefahren wird, desto mehr werden die Triebmotoren der Lok geschont. Kandersteg, der letzte Bahnhof der Nordrampe, ist erreicht.

Oft folgt Tunnel an Tunnel (Nordrampe).

Es ist ein eigenartiges Gefühl, auf dem Führerstand einer E-Lok dem schwarzen Loch der Einfahrt in den 14,612 km langen Lötschbergtunnel entgegen zu brausen. Ehe man sichs versieht, ist die Einfahrt zum Tunnel heran, mit einem dumpfen Schlag wird die Luft vor der Lok förmlich in die Tunnelröhre hineingepresst, und dann geht die Fahrt in tiefer Finsternis mit steigender Geschwindigkeit weiter. Sie erreicht bald wieder 110 km/h. Vor der Lok tanzen nur die Strahlen der Frontlichter über die Gleise, erleuchten die vorbeigleitenden Tunnelwände schemenhaft, und ein dumpfes Brausen erfüllt die Luft. Ab und zu leuchtet an den Tunnelwänden auch mal ein Licht, manchmal sind es Signallichter, manchmal auch die Lampen von Bahnarbeitern, die hier im Dunkeln nach dem Rechten sehen. Plötzlich tauchen in der Ferne drei helle Lichter auf, kommen mit ungeheurer Geschwindigkeit auf uns zu, und man erkennt im letzten Moment: es ist die Lok eines entgegenkommenden Zugs; da ist sie auch schon heran, es tut einen dumpfen Schlag – und schon ist sie auf dem anderen Gleis vorbeigebraust. Hörbar fällt dem Besuch ein Stein vom Herzen, während die Leute der BLS ein schalkhaftes Lächeln nicht verbergen können. Na ja, sie sinds schliesslich gewöhnt und erleben tagtäglich solche «Begegnungen» in finsterer Tunnelnacht. Schliesslich wird ein kleiner, heller Fleck in der fernen Finsternis sichtbar, wird zusehens grösser, und ehe man sichs versieht, braust die Lok in den hellen Sonnenschein.

Goppenstein, der Bahnhof am Südausgang des Lötschbergtunnels, liegt in einer so engen Schlucht, dass das Stationsgebäude in die Felsen hineingebaut werden musste. Dem Hang der finsteren Lonzaschlucht entlang geht die Fahrt weiter. Eine ununterbrochene Folge von Tunnels und Galerien schützt hier die Bahn vor den drohenden Lawinen und Steinschlägen und erlaubt nur selten einen kurzen Blick auf den engen Talgrund und die wildzerrissenen Hänge der gegenüberliegenden Talseite. Nach einem längeren Tunnel aber braust dann der Zug in die strahlende Walliser Sonne hinaus, und eine grosse Überraschung erwartet uns: Rund 500 m tiefer breitet sich das weite Rhonetal aus, fruchtbar und lichtdurchflutet, und hinter den gegenüberliegenden, bewaldeten Vorbergen erheben sich strahlend weiss die Viertausender der Walliseralpen. Immer dem nördlichen Talhang folgend nähert sich der Zug, ständig mit 22–24 Promille fallend, allmählich dem Talboden, den er freilich erst nach etwa 20 km Fahrt in Brig, dem Endpunkt der Lötschbergbahn, erreicht.

Aber auch die sonnige Südrampe hat dem Bahnbauer gewaltige Schwierigkeiten gemacht, und die Viadukte, Tunnels und Kurven sind ebenso zahlreich wie auf der Nordrampe; die Geschwindigkeit des Zugs darf deshalb ebenfalls 75 km/h nicht überschreiten. Eigenartig der Eindruck, wenn es in eine scharfe Kurve geht: Die Lok scheint sich förmlich in die Tiefe stürzen zu wollen, aber im letzten Augenblick legt sie sich doch noch in die Kurve und führt uns sicher weiter. Und nach jedem Tunnel ist der Talgrund etwas näher gerückt. Die für eine Flachlandstrecke bescheidene Geschwindigkeit von 75 km/h ist für diese kurvenreiche Strecke erstaunlich, aber noch erstaunlicher ist, dass diese Geschwindigkeit nicht nur abwärts eingehalten wird, sondern dass die Ae 4/4 mit der gleichen Geschwindigkeit auch die zulässige Höchstlast von 400 t auf der grössten Steigung von 27 Promille zu führen vermag. Aber eben: ihre 4 Motoren vermögen eine Stundenleistung von 4000 Pferdestärken abzugeben! Und die Lok wie die Strecke sind so gebaut, dass immer die Sicherheit gewährleistet ist.

Sicherheit! Das ist übrigens ein Wort, das den Männern der BLS über alles geht. Mit tausendfachen Schwierigkeiten haben sie zu kämpfen. Zuerst war es der Bau der Bahn selbst, der eine Meisterleistung menschlichen Ingenieurgeistes darstellt. Sie ist als eine der letzten Alpenbahnen erst 1913 eröffnet und als erste Alpenbahn von Anfang an elektrisch betrieben worden. Dann waren es schliesslich die Unbilden der Natur, mit denen in den Alpenländern besonders zu rechnen ist. Der Winter ist das Sorgenkind der Schweizer Eisenbahnen, ganz besonders sind es aber die Lawinen. Ungeheure Summen hat man aufgebracht, um auch den Verkehr auf den Eisenbahnen lawinensicher zu machen und Zugsunglücke durch Lawinen auszuschalten. Neben imposanten Lawinenschutzbauten, die an den gefährdeten Stellen oft hunderte von Metern lang sind, hat man auch ein raffiniertes Warnsystem entwickelt, das an einer Stelle angewendet wird, wo die üblichen Lawinenschutzbauten nicht errichtet werden konnten. Man lernte im Laufe der Jahre die Stellen kennen, an denen die Lawinen immer wieder zu Tal gingen und baute hier, hunderte von Metern über der Strecke, empfindliche Warnelemente ein, die bei der geringsten Schneebewegung ansprechen und dann sofort die sogenannten Lawinenschutzsignale in die Stellung .,Halt” gehen lassen. Diese Signale sind so vor dem gefährdeten Streckenabschnitt aufgestellt, dass ein Zug, der das noch auf Frei stehende Signal passiert, die Gefahrenstelle noch ohne Unfall befahren kann, wenn die Lawine im Augenblick des Vorbeifahrens am Signal oben in den Bergen zu rollen beginnt.

Obering. Hauri von der BLS mit dem TRIX EXPRESS-Modell der 762 und unser Herr lnsam vor der Ae 4/4 Nr. 255.
Im Führerstand der Ae 4/4 Nr. 255 übergibt Herr lnsam das erste Modell der 762 (ebenfalls mit der Nr. 255) an den leitenden lng. Herrn Hauri (rechts), im Hintergrund unser Lokführer am Führertisch, der mit grossem Interesse das Modell betrachtet.

Das und noch viel mehr erklärte der Chefingenieur der BLS dem Besuch aus Deutschland während der Fahrt, und wie im Fluge verging dabei die Zeit. Die Bilder der Natur nahm das Auge begierig auf, bekommt es doch Bilder solch einzigartiger Schönheit nicht alle Tage zu sehen. Und so war es denn für den Gast aus Nürnberg nur ein bescheidenes Zeichen der Dankbarkeit für die erwiesene Gastfreundschaft, als er dem Chefingenieur der BLS während der Fahrt das erste TRIX EXPRESS-Modell der BLS-Lok 255 in der BLS-Lok 255 überreichen konnte, zur freudigen Uberraschung der Schweizer Gastgeber, denen auch an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt sei.»

(Artikel aus der Zeitschrift Trix Express Dienst, April 1958, mit freundlicher Genehmigung der Fa. Trix / Gebr. Märklin & Cie. GmbH)

16 Aug

“Richtiges” Tram in Caen (F) eröffnet

Am Samstag, 27. Juli 2019 wurde in Caen in der Region Normandie (F) das “richtige” Tram eingeweiht. Es ersetzt das 2002 eröffnete und 2017 stillgelegte TVR-Pneutram, mit dem Caen nie richtig glücklich geworden war. Zwar hatte dieses „tramähnliche“ Verkehrsmittel klar die Vorteile gegenüber den Autobussen aufgezeigt. Das unausgereifte System blieb aber der richtigen Strassenbahn klar unterlegen. Dies zeigte sich durch viele Ausfälle und Betriebsstörungen, vor allem beim Ein-und Ausgleisen.

TVR an der Rue du Gaillon

Glücklicherweise waren der politische Willen und die finanziellen Mittel für den Umbau in eine „richtige“ Strassenbahn vorhanden. Zeitweise plante man eine Zusammenarbeit mit Amiens, das neu (auch wieder) ein Strassenbahnnetz bauen wollte. Nach einem politischen Wechsel im Rathaus entschied sich Amiens aber 2014 für den BHSN (Bus à haut niveau de service), einen batteriebetriebenen Gelenkbus von Irizar mit tramähnlichem Aussehen, nicht spurgeführt aber auf reservierter Fahrspur.
Dieser Betrieb in Amiens wurde am 11. 5. 2019 eröffnet. An Rande kann hier noch interessieren, dass solche Irizar-Busse auch u.a.in Hamburg und Schaffhausen vorgestellt worden sind.

Nachfolgend noch zwei Erinnerungen an den TVR Caen. Als letzte Stadt wird voraussichtlich bis 2022 noch Nancy den TVR behalten und bekam deshalb als Ersatzteilspender 12 Wagen aus Caen . Im Unterschied zum ähnlichen System Translohr (z.B. Paris Linien 5 und 6, Clermont-Ferrand, Padova und Venezia Mestre) können die TVR die Leitschiene verlassen.

Die detailliertere Geschichte der Wiedereinführung des Trams in Caen ist mit dem folgenden Link auf der HP der Frauenfelder Eisenbahn Amateure  FEA zu finden.

http://www.fea-frauenfeld.ch/caen—vom-pneutram-zum-richtigen-tram.html

Neues Tram im Stadtzentrum bei der Kirche Saint-Pierre

Das neue Tram von Caen:
Netzlänge 16,2 km (andere Quellen 16,8 km)

Linien:
– T1 Ifs JeanVilar–Hérouville St-Clair
– T2 Caen Presqu’île–Caen Campus 2
– T3 Fleury Collège Hawking–Caen Château Quatrans.

Rollmaterial : 23 5-teilige Citadis X05-Niederflur-Gelenktramwagen. Es handelt sich um Zweirichtungstriebwagen, weshalb an den Endstationen auf den Bau von Wendeschleifen verzichtet werden konnte. Das Depot mit Betriebsleitzentrale ist in Fleury-sur-Orne.

An der Rue du Gaillon
Rue du Gaillon
Haltestelle Université
Unterhalb der Station Crous-Suaps
Signal an der Abzweigung in Copernic
Abzweigung Copernic mit Tram aus Hérouville Saint-Clair
Und so sah es zu Zeiten des TVR aus
Völlig verändert ist die Endhaltestelle Hérouville Saint-Clair
Endhaltestelle Presqu’île an der völlig neu gebauten Seitenstrecke der T2
Linie T2 aus Presqu’île beim Einkaufzentrum Les Rives de l’Orne
An der Abzweigung der Strecken R2 und T1/T3 beim Einkaufszentrum Les Rives de l’Orne

Weitere Infos und Netzplan auf der HP des Transportunternehmens Twisto: https://www.twisto.fr/reseau-twisto/nos-mobilites/nouveau-tramway.html

Alle Fotos: C. Ammann

09 Aug

Vom Appenzellerland an die Elfenbeinküste

von Armand Wilhelmi, EMF St.Gallen

Der Schwertransport in der Gaiserau in Richtung Zweibrücken

Mit der Ablieferung des 11. Tangos (ABe 8/12 4011|4111) am 27.02.2019 konnte die Modernisierung der Fahrzeugflotte bei den Appenzeller Bahnen abgeschlossen werden. Die bisherigen, nicht mehr benötigten Fahrzeuge haben alle eine neue Heimat gefunden und werden sogar in einem Fall den Kontinent wechseln! Einige Fahrzeuge (Trieb-, Steuer- und Mittelwagen) bleiben für die GAW-Strecke Gossau SG-Appenzell-Wasserauen als Verstärkung oder Zusatzzüge in Reserve.

Nachdem die fünf Kompositionen der Strecke St.Gallen-Gais Appenzell nach Jenbach (Tirol) zur Achenseebahn kamen, fanden die fünf Pendelzüge der Strecke St.Gallen-Trogen am Neuenburgersee bei transN eine neue Heimat.

Jetzt sind noch die überzähligen Trieb-, Steuer- und Mittelwagen der Linie Gossau SG-Appenzell-Wasserauen an der Reihe. Im Februar 2019 kam eine Delegation der Bahnen der Elfenbeinküste (République de Côte d’Ivoire) und von Burkina Faso nach Herisau. Sie konnten in der AB-Werkstätte die zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge begutachten. Anschliessend unterzeichneten die Parteien einen Kaufvertrag.

Folgende 15 Fahrzeuge werden den Weg nach Westafrika antreten:

– BDe 4/4 41-43 1986
– ABt 141-143 1986
– B236-238 1968/1983 (2015 remisiert) (ex FLP/MOB)
– B241 1964/1987/2004
– B242/243/246 1973/1997/2007
– B244 1966/1987/2004
– B245 1964/1996

Die B241-246 wurden als erste Fahrzeuge von Gossau SG, wo sie seit längerer Zeit abgestellt waren, nach Gais gebracht. Die zwei Überfuhrfahrten à je 3 Wagen wurden mit dem BDe 4/4 47 „Urnäsch“ durchgeführt (dieser wird seit 2015 nicht mehr im Personenverkehr eingesetzt).

von vorne nach hinten: B246 – B243 – B241 – B244
von links nach rechts: B242 – B245

Die 15 Fahrzeuge gelangen zuerst einmal für ein Refit nach Basse-Ham (F) zu den Ateliers de Basse-Ham (ABH). Die Firma ist auch bekannt unter der Bezeichnung ABH Maintenance Ferroviaire.

In Basse-Ham werden die Fahrzeuge auf ihren zukünftigen Einsatz in Afrika angepasst und vorbereitet. Die Personenwagen werden mit einer Klimaanlage ausgerüstet und erhalten einen neuen Farbanstrich. Die drei Triebwagen BDe 4/4 41-43 werden zu Generatorenwagen umgebaut und erzeugen die notwendige Energie für die Klimaanlage. Als Zugfahrzeuge werden amerikanische Diesellokomotiven eingesetzt.

Nach dem Refit gelangen diese Fahrzeuge auf dem Seeweg nach Abidjan, der Hauptstadt von Elfenbeinküste.

Später verkehren sie als Schnellzüge drei Mal pro Woche zwischen Abidjan der Hauptstadt von Elfenbeinküste und Ouagadougou der Hauptstadt von Burkina Faso. Für diese 1200km lange Strecke benötigen sie vom Atlantik bis ins Innere von Westafrika 18 Stunden.

Der Verlad des ersten Mittelwagens beginnt

Der B245 steht abholbereit in der Werkstätte Gais.

Das Fahrzeug für den Schwertransport trifft am 6. August 2019 um 07:40 Uhr in Gais ein. Dieser Transport wird durch die belgische Transportfirma Dick Frères SA, B-1480 Tubize ausgeführt.

Der ganze Transportablauf organisierte das ebenfalls aus Belgien stammende Unternehmen DAXI, B-6040 Jumet. Der Geschäftsführer von DAXI, Hervé Muckensturm überwacht den Verlad vor Ort höchst persönlich.

Das Transportfahrzeug muss, um die AB-Werkstätte zu erreichen, zuerst einen Bahnübergang in der Gaiserau überqueren und anschliessend über eine sehr schmale Zufahrtsstrasse fahren. Da eine solche Fahrt, trotz des Geschicks des Chauffeurs nicht auf Anhieb gelingt, braucht es mehrere Anläufe, um diese heikle und enge Rückwärtsfahrt zu bewältigen. Für das Überqueren des Bahnübergangs steht ein Zeitfenster von knapp 25 Minuten zur Verfügung.

Es beginnt in Strömen zu regnen!

Sicherheitshalber muss die bereits vorher abgeschaltete Fahrleitung noch zusätzlich geerdet werden.

Nach mehreren Anläufen ist der Transportanhänger jetzt in der richtigen Position, damit der Personenwagen B245 mit dem Tm 2/2 97 aus der Werkstatt hinaus direkt auf den Schwerlastanhänger gestossen werden kann. Es regnet immer wieder, und das recht ausgiebig!

Da der AB-Personenwagen mit seinen ca 18m Länge länger ist als die horizontale Verladefläche, muss dieser noch auf das Podest über den hinteren beiden Achsen des Schwerlastanhängers hinauf gestossen werden.

Vom Traktorführer ist da sehr viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl gefragt, um mit kleinstmöglicher Geschwindigkeit den Wagen bis zum äussersten Punkt zu stossen um noch rechtzeitig anhalten zu können. Sicherheitshalber wird dort ein Hemmschuh gelegt.

Als nach mehreren Stunden der B245 endlich auf dem Transportwagen seine endgültige Position erreicht hatte, gibt es ein böses Erwachen: Es wird festgestellt, dass die maximal zulässige Höhe überschritten wurde! Dem Chauffeur des Transportunternehmens Dick, bzw dem Logistikunternehmen DAXI, bleibt nichts anderes übrig, als bei den kantonalen Ämtern eine neue Transportbewilligung mit geänderter Fahrroute einzuholen!

Während der Wartezeit bringt der Chauffeur der Transportfirma das Zugfahrzeug in die exakte Position, damit der Schwerlastanhänger wieder angehängt werden kann. Das ist gar nicht so einfach bei diesen engen Platzverhältnissen vor dem Werkstattgebäude.

Da die Zufahrtstrasse zur Werkstätte zwei steile Passagen enthält, muss darauf geachtet werden, dass der Schwerlastanhänger mit dem Mittelteil bei den beiden „Buckeln“ nicht am Boden aufläuft oder sogar noch hängen bleibt. Es gelingt äusserst knapp!

Während der Wartezeit bei der Barriere überbringt die Kantonspolizei AR die schriftliche Transportbewilligung mit angepasster Fahrroute.

Nachdem die S21 diesen mit Barrieren gesicherten Strassenübergang um 12:28 Uhr passiert und die Barriere sich wieder geöffnet hat, kann der Werkstattchef Martin Hanselmann die Erlaubnis zum Überqueren des Gleises geben. Es stehen wiederum knappe 25 Minuten zur Verfügung. Auch hier braucht es wiederum mehrere Anläufe, bis der Transport das Gleis hinter sich hat, oft fehlen bei diesem Vor- und Rückwärts- Manöver nur ganz wenige Zentimeter.

Das Zeitfenster ist wieder „aufgebraucht“. Der Schwerlasttransport fährt rückwärts in die Gaiserau-Strasse und muss dort erneut warten, bis er wieder denselben Übergang überqueren darf, dieses Mal aber in Richtung Zweibrücken. Unterdessen ist es 13 Uhr geworden.

Bald entschwindet dieser Transport unseren Blicken. Dem Chauffeur können wir nur noch: „Bonne chance et bon voyage!“ wünschen. Er ist auf der ganzen Rückfahrt nach Frankreich auf sich alleine angewiesen.

Der Transport fährt jetzt auf einer exakt vorgegebenen, angepassten Route Richtung Basel. Durch die Stadt Basel begleitet ihn die Polizei bis zur Grenze nach Frankreich. Von dort geht es durchs Elsass nach Basse-Ham. Basse-Ham ist eine Kleinstadt mit gut 2200 Einwohnern im Arrondissement Thionville, welches zum Département Moselle in der Region Grand Est gehört (bis 2015 Lothringen). Dieser Ort liegt nur wenige Kilometer von den Grenzen zu Luxembourg und Deutschland entfernt. Ganz in der Nähe fliesst die Mosel vorbei.

Wann die nächsten Fahrzeuge die Schweiz Richtung Frankreich verlassen werden ist noch offen. Ebenso ist noch nicht festgelegt an welchem Hafen die Fahrzeuge nach Abidjan verschifft werden.

Alle Fotos: A. Wilhelmi

07 Aug

FAHRBARE MUTATORANLAGE – RADDRIZZATORE AMBULANTE der RhB

Fahrbare Mutatoranlage am 09.04.1969 in Grono (Foto: Gian Brüngger)

Die 30-kV-Energielieferungsleitung der Strecke Bellinzona – Mesocco aus dem Kraftwerk Cebbia konnte auf Anfang 1953 bei San Vittore an das Calancasawerk, statt wie bis damals nach Morobbia, angeschlossen werden. 1958 konnten die Speiseleitung Leggia-Soazza sowie der neue 400-kW-Gleichrichter in Roveredo und die fahrbare 1000-kW-Gleichrichteranlage in Lostallo in Betrieb genommen werden. Die fahrbare Gleichrichteranlage Lostallo erlaubte bei Primärspannungen von 10, 23 oder 30 kV wahlweise 1000 V, 1500 V oder 2400 V Gleichstromspannung abzunehmen.

Für den fahrbaren Gleichrichter wurde die Ladebrücke des RhB O 8251 von 1922 verwendet. Das Fahrzeug erhielt die Bezeichnung X4 9020. 1969 erhielt das Fahrzeug die Bezeichnung X4mut 9020 und bereits 1970 die Bezeichnung Xmut 9020.

In Roveredo wurde 1967 eine gänzlich neue Gleisanlage mit einem provisorischen Stationsgebäude erstellt. Das alte Areal wurde für den Bau der neuen Nationalstrasse benötigt. In diesem Zusammenhang wurde in Lostallo provisorisch ein neuer 100-kW-Silizium-Gleichrichter aufgestellt, um den dortigen fahrbaren Gleichrichter vorübergehend in Grono zur Erleichterung der Umstellung in Roveredo einsetzen zu können.

Der Gleichrichter Roveredo konnte an seinem neuen Standort wieder in Betrieb genommen und die Ausbesserung des Gleichrichters Mesocco abgeschlossen werden. Die dadurch frei gewordene fahrbare Gleichrichteranlage wurde nach Samedan gebracht. Sie ist in Pontresina komplett zerlegt und wiederaufgebaut worden und diente der zusätzlichen Speisung der Berninastrecke. Dabei verlor das Fahrzeug auch die beiden Drehgestelle, die bis heute unter die Schwerlastbrücken gesetzt werden können. Der Farbanstrich wechselte in Pontresina vom ursprünglichen oxydrot in einen helleren Grauton über.

Auf der verbliebenen Reststrecke Castione-Arbedo – Cama versorgte eine einzige Gleichrichteranlage mit 750 kW Leistung in Roveredo den Bahnbetrieb mit Traktionsstrom. Für den verbliebenen Rollschemel- und Museumsbahnbetrieb genügte diese Versorgung.

03 Aug

Luxon-Extrazug in München

Kay Schlegel von den TT-Freunden Schweiz (MEV “TT-Spurweite.ch”) ist heute zufällig in München Hbf einem Extrazug der Superklasse von Luxon-RailAdventure begegnet und hat uns ein paar Schnappschüsse gesandt. Zumindest der Panoramawagen CH-RADVE 61 85 89-90 003-3, vorgestellt an der Innotrans Berlin 2012, hat einen Schweizer Bezug. Über die 103 222 haben wir im NiK des EA 10/14 berichtet.

Alle Fotos: Kay Schlegel