Seit Jahrzehnten berichtet der EA über die jährliche Zuckerrübenkampagne. In den letzten Jahren hat sich dieser herbstliche Grossverkehr mit dem zunehmenden Einsatz von Containerwagen, der Ablösung altvertrauter Loktypen, dem Einsatz neuer Triebfahrzeuge und dem Import ausländischer Rüben fast galoppierend verändert. Als Schweizer Zucker AG ab Kampagne 2018 den nationalen Rübenverkehr nach Aarberg an SERSA, den nationalen Verkehr nach Frauenfeld an Swiss Rail Traffic SRT vergab, folgte erst recht ein völlig bunter Triebfahrzeugeinsatz, teils sogar mit historischen und ehem. ausländischen Triebfahrzeugen. Für die Kampagne 2019 zog sich allerdings SRT trotz eines erfolgreichen Kampagnenverlaufs 2018 zurück.
Schweizer Zucker vergab die Bedienung von Frauenfeld für die Kampagne 2019 deshalb an TR Transrail, bisher vor allem bekannt im Gruppen-Charterverkehr, für Zugnostalgie, begleitete Reisen und themenbezogene Eventfahrten. Dank grosser «Knochenarbeit» des gesamten Teams und einer guten Zusammenarbeit mit SERSA, SBB Cargo und Schweizer Zucker kann Transrail nun auf eine erfolgreiche Kampagne zurückblicken und beschloss dies am Samstag, 21. Dezember mit einem Extrazug zu feiern: Im Stil seines weiteren Standbeins, des Gruppen-Charterverkehrs, mit der dort gerne eingesetzten Pacific 01 202 des gleichnamigen Vereins und in Zusammenarbeit mit dem Verein Pendelzug Mirage. Dass eine DB-Schnellzugsdampflokomotive vor einen Zug aus 14 leeren Rübencontainerwagen und den Bi 538 gespannt wurde, löste erwartungsgemäss einige abschätzige Kommentare bei «Puristen» aus. Der 300 m lange Zug hinter einem hart arbeitenden, grossen Dampfross mobilisierte aber trotz des sehr wechselhaften Wetters viele Fotografen mit «Kanonenrohr» entlang der Strecke. Nach gegenseitigen Überholungen in Kloten und Oberwinterthur erreichten beide Züge bis 14 Uhr die Übergabegruppe der Zuckerfabrik Frauenfeld.
Mit den nachfolgenden Fotos und auch einfachen Schnappschüssen möchten wir an den sehr gelungenen Anlass erinnern, dem auch das launische Dezemberwetter soweit gut gesinnt war.
Während der Mirage-Pendelzug wieder am Samstag zurückkehrte, übernachtete die 01 202 in Frauenfeld, dampfte am Sonntagvormittag nach Romanshorn, um dort zu wenden und kehrte dann nachmittags nach Lyss zurück.
Am 30. November 2019 konnte in Oberbozen der Triebwagen Nr 23 (ehemalige Bezeichnung bei den Appenzeller Bahnen, ex TB: BDe 4/8 23) in einem kleinen Festakt im Rahmen der Eröffnung des Rittner Christbahnls eingeweiht und gesegnet werden.
Damit stehen der Rittner Bahn – nach den beiden Triebwagen 21 und 24 – bereits drei einsatzfähige Fahrzeuge zur Verfügung und erleichtert die Einsatzplanung.
Der Tw 21 wurde erstmals am 8. Oktober 2010, der Tw 24 am 13. April 2011 fahrplanmässig auf dem Rittner Hochplateau eingesetzt.
Bevor der TW 23 den fahrplanmässigen Betrieb aufnehmen kann, bekommt er noch ein neues Farbkleid im „Magdalener-Rot“. Rechts der Tw 12 (ex END) (Foto: K. Demar, 20.05.2018)
Tagsüber verkehrt die Rittner Bahn im Halbstundentakt und dazu werden die beiden Triebwagen 21 und 24 eingesetzt (in den Randstunden verkehrt die Rittner Bahn im Stundentakt). Muss einer dieser beiden Triebwagen für den Kleinunterhalt, zB für die Reinigung, aus dem Umlauf genommen werden, musste bis anhin der Tw 12 an seiner Stelle eingesetzt werden. Der Triebwagen 12 (Baujahr 1958) verkehrte von 1958-1978 bei der Strassenbahn Esslingen-Nellingen-Denkendorf (END) und ist seit dem 23. November 1982 bei der Rittner Bahn. Eine erste Probefahrt erfolgte am 19. August 1988, die endgültige Inbetriebnahme am 12. Juni 1992.
Mit dem Triebwagen 23 stehen nun ab sofort drei moderne Fahrzeuge zur Verfügung. Der Tw 12 bleibt als einsatzfähiges Reservefahrzeug erhalten und kann für Nostalgiefahrten eingesetzt werden, zB auf der 1,6km langen Strecke Oberbozen – Maria Himmelfahrt
Bei den historischen Fahrzeugen sieht es im Moment nicht gut aus. Sie sind alle ausser Betrieb und dürfen für den Personentransport nicht eingesetzt werden.
Eine Übersicht der nicht oder nur bedingt einsatzfähigen Fahrzeuge: – Alioth-Triebwagen 105 – vierachsiger Triebwagen 2 (beim Tw 2 fehlen ausgebaute Teile, die neu angefertigt werden müssen) – zweiachsiger Triebwagen 12 – zweiachsiger Triebwagen 11 (beschränkte Zulassung für Schneepflugfahrten, zweimännige Führerstandbesetzung)
BDe 4/8 22 (1975), dahinter Be 4/8 32 (2004), verkehrt heute bei den Transports Publics Neuchâtelois SA (transN) auf der 8,860km langen Strecke Neuchâtel Place Pury – Boudry, rechts BDeh 4/4 15 (1981) St.Gallen-Appenzell (bei der Achenseebahn, noch nicht in Betrieb). St.Gallen, 06.09.2013.
Der vierte, am 14. November 2017 eingetroffene Triebwagen 22 beim Ablad in Klobenstein. Dieser befindet sich noch im Umbau und wird zu einem späteren Zeitpunkt in den Fahrzeugpark aufgenommen, bzw im regulären Dienst eingesetzt. (Foto: K. Demar)
Vierachsiger Tw 2, Baujahr 1907, dem Gründungsjahr der Rittner Bahn. Dieser Tw brannte 1944 ab, ein Neuaufbau erfolgte 1947. Im Hintergrund rechts der „Esslinger“-Tw 12 im ehemaligen Depot in Oberbozen. Dieses Gebäude war früher die Fahrzeug-Einstellhalle beim Rittnerbahnhof in Bozen.
Zur Geschichte der Rittner Bahn
Die Rittner Bahn wurde am 13. August 1907 eröffnet. Sie bestand ursprünglich aus drei Streckenabschnitten:
– Der erste, ca 900m lange, tramähnliche Abschnitt begann am Waltherplatz in Bozen und führte zum Rittnerbahnhof. Dort befand sich auch das betriebliche Zentrum mit einer Werkstätte und einer Einstellhalle für Fahrzeuge. Von hier aus bestand auch eine Verbindung zur normalspurigen Brennerbahn. Zwischen 1909 und 1948 benützte die damalige Strassenbahn von Bozen abschnittweise diese Trasse der Rittner Bahn.
– Gleich anschliessend begann der zweite, 4,1km lange Abschnitt als Zahnradbahnstrecke. Im Rittnerbahnhof wurde jeweils eine Zahnradlokomotive beigestellt, die dann den Zug bis zum Bahnhof Maria Himmelfahrt hinaufschob. Der Zug überwand dabei einen Höhenunterschied von 900m. Zu Beginn der Bergstrecke führte die Trasse über ein 160m langes Viadukt und weiter oben durch einen 66m langen Tunnel.
– In Maria Himmelfahrt erreichte der Zug das Rittner Hochplateau. Hier wurde die Zahnradlokomotive wieder abgehängt und der Zug fuhr als reine Adhäsionsbahn über Oberbozen nach Klobenstein (6,626km). Ungefähr in der Mitte zwischen Oberbozen und Klobenstein befindet sich bei Lichtenstern die einzige Kreuzungsstelle auf diesem ca 5,5km langen Abschnitt.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich die Überalterung der Fahrzeuge und der übrigen technischen Einrichtungen immer mehr bemerkbar. Mit der geplanten Strassenverbindung auf den Ritten wäre die Bahn mit ihrer langen Fahrzeit nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. So plante man die Zahnradbahn durch eine Luftseilbahn zu ersetzen. Die Strassenverbindung wurde trotzdem gebaut und 1969 eröffnet, drei Jahre nach dem Bau der Luftseilbahn.
Ein tragisches Unglück mit vier Todesopfern und mehreren Schwerverletzten, welches sich am 3. Dezember 1964 auf der Steilrampe ereignete, beschleunigte den Bau der Seilbahn. Diese konnte am 16. Juni 1966 in Betrieb genommen werden. Die Talstation wurde am Rittnerbahnhof, die Bergstation beim Bahnhof Oberbozen gebaut. Die Strassenbahnstrecke in Bozen zwischen dem Waltherplatz und dem Rittnerbahnhof wurde zurückgebaut und diesen Abschnitt durch Busse ersetzt.
1982 beschloss man die Bahn von Grund auf zu sanieren und gebrauchte Fahrzeuge in Deutschland zu kaufen. Die Sanierungsarbeiten begannen 1985. Für einen besseren Fahrkomfort wurden Schienen mit einem grösseren Profil verwendet. Zwischen 2008 und 2013 wurden die Gleisanlagen gründlich saniert, die Bahnsteige verlängert und die Stromversorgung erneuert.
In dieser Sanierungsphase konnten die Rittner Bahnen am 13. August 2007 ihr 100-jähriges Bestehen feiern. Vom 7. Januar bis 15. Juni 2013 wurde der Bahnbetrieb komplett eingestellt, damit die vorgesehenen, noch nicht durchgeführten Sanierungsmassnahmen effizienter durchgeführt werden konnten: – Erneuerung der Fahrleitung – alle Stationen wurden mit einer Beleuchtung und Videoüberwachung ausgerüstet, sowie mit einem Notrufsystem versehen.
Nach etwas mehr als 40 Betriebsjahren beschloss man die Luftseilbahn durch eine neue 3-Seil-Umlaufbahn zu ersetzen. Am 23. Mai 2009 konnte sie eingeweiht werden. Sie ist die erste ihrer Art im öffentlichen Nahverkehr in Italien.
Vom FS-Bahnhof Bolzano/Bozen aus erreicht man die moderne Talstation bequem zu Fuss in 10 oder mit dem Bus in weniger als 5 Minuten.
Kaum hat die Luftseilbahn die Talstation verlassen eröffnet sich vor den Augen der Passagiere ein grossartiger Blick auf die Landeshauptstadt Bozen.
Die wichtigsten Merkmale dieser modernen 3-Seil-Umlaufbahn: – keine Wartezeiten, da unabhängig vom Fahrplan. – die acht 30 Personen fassenden Kabinen verkehren alle 4 Minuten. – zweimal 3 Kabinen sind jeweils unterwegs sowie je eine in der Tal- und Bergstation. – die Fahrzeit beträgt 12 Minuten. – mit der RittenCard kann sowohl die Ritten Bahn, als auch die Luftsteilbahn gratis benützt werden. Viele Hotels auf dem Ritten geben sie ihren Übernachtungsgästen gratis ab. – die RittenCard bietet darüber hinaus eine Vielzahl an Gratisbenützungsmöglichkeiten und weiteren Vergünstigungen. – die Luftseilbahn ist barrierefrei und gut mit Rollstuhl, Kinderwagen und Fahrrad benützbar.
Mit einer 3-Seil-Umlaufbahn (2 Tragseile, ein Zugseil), erreicht man eine hohe Windstabilität.
In Kürze erreicht die Luftseilbahn Oberbozen. Die moderne römisch-katholische Pfarrkirche (erbaut 1989-1991) mit ihrem markanten Zwiebelhelm ist schon von weitem erkennbar.
Am Freitag, 25. Oktober 2019 konnte bei der Rittner Seilbahn der 10‘000‘000ste Fahrgast begrüsst werden. So beförderte die Seilbahn, seit ihrer Eröffnung vor mehr als 10 Jahren, jährlich 1 Million Passagiere. Ausflügler und Touristen aus Nah und Fern erreichen mit dieser Luftseilbahn in wenigen Minuten das Sonnenplateau auf dem Ritten. Ebenso begehrt ist dieses moderne Transportmittel bei den täglichen Berufspendlern, welche die Landeshauptstadt Bozen in einer 12 Minuten dauernden Fahrt bequem und ohne Stress erreichen können. Nur wenige Schritte trennen die Bergstation der Seilbahn und den Bahnhof Oberbozen der Rittner Bahn.
Dank der erneuerten Seilbahn erlebte die Rittner Bahn einen grossen Passagieraufschwung. Um diese stark gestiegenen Frequenzen auf dem Hochplateau bewältigen zu können, beschloss man zwei zusätzliche Triebwagenzüge zu beschaffen und wurde bei den Appenzeller Bahnen (ehemals Trogenerbahn) fündig. 2009 wurden die beiden Triebwagen BDe 4/8 21 und 24 von Speicher im Appenzellerland per Tieflader auf dem Strassenweg nach Klobenstein auf dem Ritten überführt.
Martin Christoph von Tschurtschenthaler war die treibende Kraft und der Retter der Rittner Bahn. Ihm ist es zu verdanken, dass die letzte funktionierende Schmalspurbahn Südtirols in den 1960er Jahren überlebt hat. Jedes Jahr werden mit der Rittner Schmalspurbahn über 600‘000 Fahrgäste befördert. Betrieben wird die Rittner Bahn von der SAD Nahverkehr AG und ist in den Verkehrsverbund Südtirol eingebunden.
Fotos: A. Wilhelmi (10.04.2012), Ausnahmen sind bezeichnet.
Ein Dank geht an Frau Rita Hermeter vom Tourismusverein Ritten sowie an Herr Klaus Demar für die freundliche Unterstützung.