27 Apr

SBB Historic: Erfolg im 2022

Die Stiftung «Historisches Erbe der SBB» zieht ein positives Fazit aus dem vergangenen Geschäftsjahr: Die Besucherinnen und Besucher kehrten in hoher Zahl auf die Erlebnisfahrten und zu den Veranstaltungen zurück. Insgesamt nahmen 2022 rekordhohe 14’000 Gäste an Erlebnisreisen, Veranstaltungen und Charterfahrten teil.

Noch nie in der 21-jährigen Geschichte von SBB Historic konnten in einem Jahr so viele Menschen bewegt werden. Allein auf den Fahrten mit der «Spanisch-Brötli-Bahn» im Oktober 2022 unternahmen an einem Wochenende 1000 Personen eine historische Eisenbahnfahrt. Nach zwei schwierigeren Jahren kehrte das Publikum zurück: Auf Erlebnisreisen, Veranstaltungen und Charterfahrten begrüsste SBB Historic über 14 000 Gäste aller Altersklassen.


Hohe Auslastung bei Veranstaltungen und Fahrten


Insgesamt fanden im vergangenen Jahr 54 Führungen, Vorträge, Filmabende und Workshops an den Standorten Windisch, Olten und Erstfeld statt. Diese Veranstaltungen wurden von rund 1300 Teilnehmenden besucht. Das Fahrtenprogramm von SBB Historic mit Erlebnis-, Führerstands- und Charterfahrten startete 2022 von Anfang an mit hohen Frequenzen in die Saison. Auch die wegen der Pandemie im Vorjahr verschobenen Fahrten konnten zur Zufriedenheit der Gäste durchgeführt werden. Mit dem «Erlebniszug San Gottardo» konnten insgesamt 1256 Passagiere befördert werden. Beim Chartergeschäft ging eine hohe Anzahl von Anfragen ein. Insgesamt wurden sieben Fahrten mit dem «Roten Pfeil», neun Fahrten mit dem «TEE» und elf Fahrten mit dem «Wyländerli» durchgeführt.


Zahlreiche Veranstaltungen beim Jubiläum «175 Jahre Schweizer Bahnen»


Nebst dem regulären Jahresprogramm aus dem Kursbuch 2022 stand SBB Historic an verschiedenen Veranstaltungen im Rahmen von «175 Jahre Schweizer Bahnen» im Einsatz. Bei allen fünf Festwochenenden war SBB Historic direkt oder indirekt vertreten. Für den VIP-Anlass im August wurde die «Spanisch-Brötli-Bahn» von der Abteilung Instandhaltung/Rollmaterial unter grossem Aufwand in einen betriebsfähigen Zustand versetzt. Am 15./16. Oktober hatte schliesslich auch die Öffentlichkeit Gelegenheit, mit der «Spanisch-Brötli-Bahn» zu fahren. Diese einmalige Möglichkeit wurde rege genutzt. (zVg)

31 Mrz

Güterzüge auf der Gotthardachse am 18. März 2023

Nach der Beobachtung des Weichenumbaus in Luzern (siehe den vorangehenden Blog-Beitrag) fuhr ich via VBL-Bus – Luzern Verkehrshaus – Voralpen-Express – Küssnacht am Rigi – ZVB-Bus nach Immensee an die Gotthardachse, der nächste vernünftige Punkt für einige hoffentlich interessante Aufnahmen.
Kreuzung S3 Brunnen–Luzern (Flirt, links) und Luzern–Brunnen (Domino, rechts) in Immensee, noch nicht BehiG-konform: Mittelperron mit P25 oder P30 (Kantenhöhe in cm über Schienenoberkante), nur über Treppen zugänglich, aber immerhin etwa 50 m überdacht; am Gleis 2 ein Zwischenperron P0 mit Hilfskante, beim Ein- und Aussteigen mit weit ausfahrenden Schiebetritten nicht wirklich hilfreich.
Vectron 193 529 (Siemens, Eigentum Südleasing, Finanzdienstleistungsinstitut der Landesbank Baden-Württemberg) für SBB Cargo International (SBBIN) mit dem Zug 43020 Gallarate–Hamburg Billwerder im krassen Streiflicht und entsprechend schwarzer Front. SBBIN least sämtlich Loks. Instandhalter und Fahrzeughalter des Vectron ist der Hersteller Siemens. 
Nach einem Marsch auf der engen Hauptstrasse Richtung Arth und durch einen Weg-Bach-Durchlass hinauf zur Bahnstrecke beginnt der Abschnitt mit See- und Bergblick sowie typischer Fahrleitungsbauart des früheren SBB-Kreises II, teilweise sogar noch mit Gittermasten. 2 DB-Traxx 185 (Bombardier) mit dem 45016 Chiasso Smistamento–Mannheim Rangierbahnhof. Sichtbar sind mutmasslich leere Schiebewandwagen des Papierverkehrs Skandinavien–Italien, genaugenommen Wageneinheiten mit 2 kurzgekuppelten Wagen, die beim Verarbeiten in den Rangierbahnhöfen als 1 Wagen zählen. Die Züge des Wagenladungsverkehrs (WLV) von DB Cargo zwischen Mannheim und Chiasso werden in der Schweiz von SBB Cargo geführt. Der Vertrag wurde eben um 3 Jahre verlängert. Letztlich eilte es mit der Standpunktsuche, den Mythen habe ich direkt hinter den Übertragungsleitungsmast platziert…
BLS Cargo-Vectron Re 475 404 mit dem fast 3 Stunden vorzeitigen 40105 Bierset–Piacenza: vorn v.a. Auflieger der luxemburgischen Jost-Gruppe auf sechsachsigen Gelenktaschenwagen T3000e von Hupac, eine vom Tessiner Güterwagenhersteller Cattaneo entwickelte Bauart. Die Züge des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) haben den grossen fotografischen Vorteil, dass sie nicht verschmiert sind.
Ein «Zuger» Flirt als S3 Luzern–Brunnen und Blick über den See bis nach Zug.
Nachschuss auf eine saubere und eine schmutzige Re 484, von SBB Cargo 2005 bei Bombardier als Viersystemlok für den Transitverkehr beschafft, seit 2021 bloss noch im Binnenverkehr eingesetzt. Der Extrazug 69158 Chiasso Smistamento–Basel SBB RB ersetzt aufgrund eines Baufahrplans einen Regelzug.
Der oben gezeigte Güterzug fuhr den «italienischen Astoro» (richtig ETR 610) als trinationalen EC 151 Frankfurt (Main)–Milano fast zu, dank leeren Rungenwagen ein akzeptables Resultat.
Eurosprinter 189 982 (Siemens), früher in Schwarz bei Mitsui Rail Capital Europe (MRCE), nun in Grau bei der SNCF-Tochter Akiem, im Einsatz für die deutsche FS-Tochter TX Logistik (TXL) mit dem 41003 Köln Eifeltor–Bologna Interporto. Bei den Sattelaufliegern auf Taschenwagen unterschiedlicher Bauarten ist gut erkennbar, dass der Zug den 4-m-Korridor der Gotthardachse ausnutzt. (Die 4 m beziehen sich auf die Eckhöhe der Sattelauflieger.)
 
Giruno RABe 501 017 als EC 158 aus Milano, heute wegen der Baustelle bloss bis Rotkreuz statt nach Basel SBB. Die Reisenden nach Basel wurden ab Arth-Goldau über Zürich gelenkt.
Eine Doppeltraktion Siemens-Lok von zwei verschiedenen Eigentümern für den knapp 1400 t schweren TXL-Zug via Chiasso, der bis Mendrisio 17‰ Steigung überwinden musste: Vectron 193 596 (Alpha Trains) und Eurosprinter 189 104 (Akiem) mit dem mehr als 3 Stunden verspäteten 41032 Milano Smistamento–Duisburg-Ruhrort Hafen. Die Vectron für TXL sind alle mit unterschiedlicher Eigenwerbung foliert. Ein leerer Taschenwagen rollt an dritter Stelle.
Vectron 193 467 (Eigentum der LokRoll, Investitionsgesellschaft der Bank Reichmuth) für SBBIN mit dem 43037 Ludwigshafen (Rhein) BASF–Gallarate, typischerweise mit einem hohen Anteil anTankcontainer. Von dem mit fast 650 m längsten der hier gezeigten Züge ist etwa ein Drittel zu sehen. Hinter der Lok rollt ein Taschenwagen T4, danach Containertragwagen. Angesichts der vielfältigen Last wohl ein Hupac-Zug.
Ein Traverso der SOB, die hier als Voralpen-Express St. Gallen–Luzern und Treno-Gottardo Basel–Locarno vorbeikommen, ersteres als bestellter Regionalverkehr, das zweite als Teil des konzessionierten Fernverkehrs im B-Netz im Auftrag und auf Rechnung der SBB.
DB-Vectron 193 325 mit dem 42027 Köln Eifeltor–Gallarate, ebenfalls wahrscheinlich ein Hupac-Zug. Diesen Zug führt DB Cargo mit ihrer Schweizer Tochter selber durch die Schweiz. Die Vectron von Siemens dürften EVU-übergreifend den höchsten Anteil an der Traktion der Transitgüterzüge haben, sie können Güterzüge von Deutschland nach Italien durchgehend bespannen, teils auch aus den Niederlanden oder Belgien (via Deutschland). Dank unterschiedlichen Farben ergibt sich trotz technischer Eintönigkeit optisch eine gewisse Vielfalt. 
 
Aufgrund der zunehmenden Bewölkung Aufbruch heimwärts: Der schnellste Weg führt angesichts der Sperrung Luzern mit der ZVB-Linie 525 Immensee–Rotkreuz via Autobahn (Stundentakt 7 x 17 Stunden), S26 nach Lenzburg/Aarau und IR16 nach Bern.
 
Beim Warten in Immensee das Bahntechnikgebäude der momentan auslaufenden Bauart fotografiert: Es beherbergt den abgesetzten Rechner («lokale Steuerungslogik») des elektronischen Stellwerks Rotkreuz («Sicherheitslogik») aus dem Jahr 2015, zuständig für den Bahnhof Immensee und zwei Blockstellen Seite Rotkreuz.
 
Auf der Südbahn (Brugg AG–Immensee) angesichts einer heranrollenden Güterzugwelle und Wolkenlücken spontaner Zwischenhalt in Oberrüti: Der Landbahnhof wurde 1992 günstig modernisiert: u.a. mit einem aufgeständerten Aussenperron (P35) und einem behelfsmässigen Hilfstritt auf dem Zwischenperron P0. Die Reisenden müssen kein Hauptgleis mehr queren und der Bahnhof muss nicht mehr besetzt sein, aber das Rampengleis 1 mit den anschliessenden Stumpengleisen wurde noch nicht entfernt. Auch nicht BehiG-konform…
Der am Samstag mässig ausgelastete Binnen-UKV-Zug 50731 Rangierbahnhof Limmattal (RBL)–Stabio von SBB Cargo mit der Re 420 256, einer nicht genauer bekannten Schwesterlok und sechsachsigen Gelenktaschenwagen Twin II, von VTG gemietet und mit der automatischen Kupplung (AK) versehen. Die Lokomotiven sind mit der Hybridkupplung (HK) ausgerüstet, eine für SBBC entwickelte Kombination von UIC-Schraubenkupplung und Voith-Cargoflex-Kupplung. An der Spitze ist der AK-Teil hochgeklappt, die anderen sind (nicht sichtbar) in der AK-Stellung. Im Hintergrund die Kirche Sins.
Der Zugschluss mit der einigermassen erkennbaren AK und Blick auf den Rigi. Freie Fahrt am Ausfahrsignal, auch das Vorsignal kündet freie Fahrt am nächsten Blocksignal an.
Behelfsmässig bezeichnetes Zwergsignal (an einem Stumpengleis). Das Schild ging irgendwann verloren.
Der äusserst kurze Mineralölextrazug 69661Birsfelden Hafen–Bellinzona S. Paolo von Widmer Rail Services, bloss 6 Zisternenwagen zu knapp 90 t (statt 18 oder 20). Die Re 430 114, 1969 von den Vereinigten Huttwil-Bahnen beschafft, wirbt für die Tochterunternehmung Synopsis, welche in der Bahnausbildung tätig ist. Der Zug führt für die “letzte Meile” den Dieseltraktor Tm 232 286 ex SBB Cargo mit, im üblichen WRS-Blau. 
Bahntechnikgebäude aus dem Jahr 1992 mit dem Relaisstellwerk Domino 67.
Das Aufnahmegebäude mit dem angebauten Güterschuppen steht unter Denkmalschutz und wurde Anfang der 1990er Jahr vorbildlich renoviert. Unterdessen wäre die nächste Renovation fällig. Soweit ersichtlich ist die frühere Vorstandswohnung nicht mehr vermietet, angesichts des auch nächtlichen hohen Verkehrsaufkommen nicht ganz überraschend.
Der rund 500 m lange 40027 Rotterdam Waalhaven–Mortara von SBBIN mit der 193 516 begegnet einem Flirt als S26 Rotkreuz–Olten. Der Güterzug hielt offenbar eine empfohlene Geschwindigkeit ein (vPro/ADL), jedenfalls fuhr er nicht allzu schnell. Ursprünglich hätte er etwa 2 Min. vor der S-Bahn durchfahren sollen. 
Ebenfalls zum Bahnhof-Ensemble gehört das frühere Abort-Gebäude, nicht jedoch der Selecta-Automat, der auf der Gebäudesüdseite voll der Sonne ausgesetzt ist – leider kein Einzelfall.
Der fast 3½ Stunden verspätete WLV-Zug 45003 Mannheim Rangierbahnhof–Chiasso Smistamento mit den DB-Traxx 185 113 und 094 führt etwa 5 Wagengruppen: Mit 1850 t Last der schwerste heute beobachtete Zug, inkl. Lok rund 550 m lang. «Bunte» Züge mit zahlreichen Einzelwagen sind kaum mehr zu sehen. Man beachte die nicht vogelschutzkonformen y-förmigen «Lyra»-Masten(enden) für die Speiseleitung. Links das Anschlussgleis der Elektrozinn AG.
Das neuere «Kunden-Center» und der Velounterstand stehen etwas abseits des Aufnahmegebäudes beim Zugang vom Dorf und vor der Unterführung als Weg zum Aussenperron
Zum Schluss nochmals ein WLV-Zug Süd–Nord mit den DB-Traxx 185 110 und 122 und 20 Schiebeplanenwagen für nässeempfindliches Metallhalbzeug als 45000 Chiasso-Smistamento–Mannheim Rangierbahnhof: gut 1600 t Last (auf 240 m), also nicht ganz voll beladen (möglich wären brutto 90 t/Wagen) bzw. Metergewicht 6,7 t bei streckenseitig maximal zulässigen 8 t/m.
 
Ausser Railcare mit den Zügen für Coop kamen innert etwa 5 Stunden alle üblichen Akteure auf der Gotthardachse vorbei.

Text und Fotos: Stephan Frei

31 Mrz

Weichenerneuerung in Luzern am 18./19. März 2023

In Luzern wurden am Wochenende 18.–19. März 2023 7 Weichen erneuert. Aufgrund deren Lage und der Platzverhältnisse im Bereich der Langensand-Strassenbrücke ging das bloss mit einer Totalsperrung des Normalspurteils des Bahnhofs und Zufahrt ab Gütsch. Gearbeitet wurde in 7 Schichten. Gleichzeitig wurde die letzte Stahlbrücke der Strassenunterführung Kreuzstutz im Dienstbahnhof Gütsch durch eine Betonbrücke mit fester Fahrbahn ersetzt. Im Bereich der Perrongleise in der Bahnhofhalle konnten zahlreiche Reinigungsarbeiten erledigt werden.

Während der Weichenbau pünktlich am frühen Montagmorgen abgeschlossen werden konnte, kam es beim Brückeneinbau in Gütsch zu Schwierigkeiten, so dass das dritte Geis erst am Montagnachmittag wieder befahren werden konnte und bis dahin diverse Zusatzzüge ausfallen mussten.

In der Halle wurde die Bahnhofsperrung für Reinigungsarbeiten genutzt.
 
Das Gleisbett wurde mit einem Reisenstaubsauger gereinigt.
Mit der Weichenbaumaschine Vanoliner mit einer Baggereinheit und mehreren selbstfahrenden Materialförder- und Siloeinheiten (MFS) wurde der bestehende Ober- und Unterbau abgetragen. Die Langensand-Strassenbrücke erlaubt einen Blick von oben, der kurvenbedingte Masten-, Träger- und Drahtverhau der Fahrleitung erleichtert aber das Fotografieren nicht…
Für die Arbeiten und die Logistik werden beide Gleise der Zufahrt von Gütsch werden benötigt (rechts ein Stumpengleis): links Weichenbaumaschine Vanoliner von Vanoli, rechts Aushubwagen von SBB Infrastruktur.
Nach dem Entfernen der Weichen wird zuerst die Schotterschicht abgetragen, anschliessend der Unterbau.
Der Altschotter wird aus den MFS in die Aushubwagen von SBB Infrastruktur umgeladen. Die SBBI-Am 841 006 ist im Einsatz für Vanoli.
Nochmals der Schotterverlad in die Wagen der alten und neuen Generation (Xas 62 bzw. Fans-u). Die schwenkbaren Förderbänder müssen vor der Überfuhr der MFS zwingend arretiert werden. 
Die meterspurige Zentralbahn (ZB) kann unbehelligt verkehren. Zwei Fink machen sie für den Wochenendverkehr nach Engelberg bereit. Im Mittelgrund links die Durchlaufreinigungsanlage und rechts die Serviceanlage (früher Depot genannt). 
Blick Richtung Halle bzw. Güterbahnhof: Auf dem fertig ausgehobenen Abschnitt liegt bereits das Vlies, darauf folgen nacheinander Blähtonschicht, Folie, Kiesschicht, Asphalt, Schotter und Weiche.

Text und Fotos: Stephan Frei

28 Apr

Wo sind die Wagen der Steinbruchbahn?

Einer der fast unkenntlich umgebauten Wagen der Steinbruchbahn im von Roll-Werk «Les Rondez» im Jahr 2006 (Foto © Adrian Roth)

Die zwölf Wagen der Steinbruchbahn Ostermundigen (der ersten Bahn der Welt für gemischten Betrieb Adhäsion/Zahnrad) gingen nach deren Liquidation im Jahr 1907 mit den Loks zu von Roll. Dort wurden sie für den Werksverkehr eingesetzt. Da sie nach 1940 nicht mehr in den werksinternen Verzeichnissen auftauchten, ging man davon aus, dass sie damals abgebrochen wurden.

Nun ist durch Bilder belegt, dass mindestens drei Wagen noch 2006 im Werk «Les Rondez» in Delémont vorhanden waren, wenn auch fast unkenntlich umgebaut. Aktuell sind die Wagen dort nicht mehr aufzufinden, angeblich wurden sie an die SBB abgegeben. Wir suchen nun Hinweise auf den Verbleib dieser markanten, sehr kurzen Wagen mit 2,6 m Radstand und ihren Radbüchsen mit SCB-Beschriftung. Wer etwas weiss, melde sich bitte bei uns, wir sind für jeden Hinweis dankbar: redaktion@eisenbahn-amateur.ch

Achsbüchse aus den Werkstätten der Schweizerischen Centralbahn von 1871! (Foto © Adrian Roth)
28 Apr

150 Jahre Zahnradbahnen in Europa

Die Lok «Gnom» auf der Zahnradrampe zum Steinbruch am Ostermundigerberg, 1871

1871 wurde die Rigibahn (Vitznau-Rigi) als erste Zahnrad-Bergbahn in Europa eingeweiht. Niklaus Riggenbach, der das Zahnradsystem entwickelt und die Rigibahn gebaut hatte, erwähnt in seinen «Erinnerungen eines alten Mechanikers» die Steinbruchbahn in Ostermundigen bei Bern und gibt als deren Baujahr 1870 an. Auch Roman Abt, damals sein Mitarbeiter und später Erfinder eines verbesserten Zahnradsystems gibt in seinen Publikationen dieses Jahr an.
Bis vor kurzem wurde deshalb vermutet, die Steinbruchbahn sei zwar vor der Rigibahn gefahren (und damit eigentlich die erste Zahnradbahn), aber erst nach der Eröffnung der Rigibahn eingeweiht worden, damit diese mit ihrem touristischen Hintergrund den «Glamour» der technischen Neuheit ausspielen konnte.

Die «Elfe», die zweite Lok der Steinbruchbahn, bei ihrer Rückkehr nach Ostermundigen; die «Eisenbahnfreunde Ostermundigen» (EfO) bei der Aufbereitung der Lok, bevor sie an der Bushaltestelle «Zollgasse» als Denkmal aufgestellt wurde

Als die Ostermundiger Lok «Gnom» 2000–2002 im Verkehrshaus der Schweiz betriebsfähig aufgearbeitet wurde, brachten Forschungen in verschiedenen Archiven berechtigte Zweifel an den Tag, ob die Bahn wirklich bereits 1870 gefahren sei. So fand sich ein Schreiben Riggenbachs an die Direktion der Centralbahn, in dem er um die Genehmigung für den Bau der Lok, der Wagen und der Zahnstangen für Ostermundigen bat – und dieses Schreiben ist datiert vom 27. Januar 1871!
Leider war aber kein originales Firmenschild oder eine Fotografie auffindbar zum Bestätigen, dass die Bahn tatsächlich erst 1871 gebaut wurde – bis jetzt: Während der Recherchen für einen Artikel im «Eisenbahn Amateur» über das Jubiläum und die Steinbruchbahn tauchten bisher unbekannte Bilder und ein Stück originaler Schiene der Steinbruchbahn auf. Auf den Bildern ist deutlich das Firmenschild der Lok «Gnom» zu sehen, das die Jahrzahl 1871 trägt. Die aufgefundene Schiene zeigt ebenfalls die Jahrzahl 1871 als Produktionsjahr.
Auch ein Bericht von 1876 über die Firma, welche die Steinbruchbahn betrieb, weist darauf hin, dass die Bahn erst 1871 (und vermutlich erst gegen Ende des Jahrs) in Betrieb genommen wurde: in einer Tabelle werden verschiedene Kosten- und Ertragsfaktoren über die ersten zehn Jahre der Existenz der Firma präsentiert, unter anderem die Kosten für den Transport der Steine per Bahn. Weder für 1870 noch 1871 wird dafür ein Wert angeben, dieser wird erst ab 1872 angegeben.
Warum Niklaus Riggenbach und Roman Abt bewusst ein falsches Baujahr für die Ostermundiger Bahn angegeben haben, darüber berichtet unsere Zeitschrift «Eisenbahn Amateur» in einem grossen Artikel über diese Bahn in der aktuellen Mai-Nummer 2021 – jetzt am Kiosk erhältlich oder auf dieser Homepage bestellbar.

Betriebszahlen der «AG für die Steinbrüche von Ostermundigen»: 1870 und 1871 sind noch keine Kosten des Bahnbetriebes angegeben, erst 1872 fuhr die Bahn das ganze Jahr im Regelbetrieb

Als Ergänzung zum Artikel im Heft hier die vielfältigen Quellen, die für diesen Beitrag benutzt wurden:

– Étude sur les chemins de fer de montagnes, M. A. Mallet, Paris 1872
– Aus dem Grossen Rat, Bern 1864
– Die Eisenbahn/Le chemin de fer, bulletin polytechnique, Zürich, 12. November 1875, 2. Juni 1876, 30. Juni 1876
– Die drei Rigibahnen und das Zahnradsystem, von Roman Abt, Zürich 1877
– 11. Geschäftsbericht 1883/84 der Arth-Rigibahn-Gesellschaft, Arth 1885
– Erinnerungen eines alten Mechanikers, von Niklaus Riggenbach, Zürich 1886
– Schweiz. Bauzeitung, Zürich 23. März 1895
– Chemins de fer à crémaillère, A. Levy-Lambert, Paris 1908
– von Roll, Verzeichnis der Werklokomotiven
– Der Dampfbetrieb der schweiz. Eisenbahnen, von Alfred Moser, Basel 1967
– 100 Jahre Ostermundigen, Oscar Kihm, Ostermundigen 1957
– Neuweiler-Mitteilungen Nummer 9, Bern 1962
– Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik 16 – Das Friedensabkommen in der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie vom 19. Juli 1937 : Ernst Dübi 1884-1947, Zürich 1965
– Die Steinbruchbahn, Schularbeit von Daniel P. Wiedmer, Bern 1979
– EA, «Die Heimkehr der Elfe», von P. Grob, August 1981
– Ostermundigen, Geschichte und Gemeindeentwicklung, hrsg. von der Einwohnergemeinde Ostermundigen, Ostermundigen 1983
– EA, «Die Steinbruchbahn Ostermundigen», von R. Wiedmer, Mai 1987
– IN.KU Nr. 32, Schweiz. Gesellschaft für Technikgeschichte und Industriekultur, Restaurierung der Zahnrad-Dampflok Gnom im VHS, 10/2000
– Gnom, hrrsg. von Kilian T. Elsasser, Zürich 2002
– EA, «Der Gnom – frisch restauriert und unter Dampf», von R. Wiedmer und Th. Geiger, September 2002
– Talbahn Arth-Goldau, von Sandro Sigrist, Krattigen 2005

Wir danken allen, die uns bei der Realisierung dieses Artikels unterstützt haben, speziell den EfO, dem VOMO, dem VHS, dem Burgerarchiv Bern, Peter Rutschi, Theo Oldenberg, Marc Robinson und Marcel Wiedmer

16 Apr

Die “neue” STB

Seit dem 5. April fahren wieder Züge zwischen Flamatt und Laupen. Die Strecke der Sensetalbahn ist somit nach zwei Jahren Totalsperre wieder durchgehend befahrbar.

Die STB ist nach dem Umbau jedoch um 300 Meter kürzer geworden. Am Dorfrand entstand ein komplett neuer Bahnhof. Durch diese Massnahme konnte der Dorfkern entlastet und ein Niveauübergang aufgehoben werden. Der neue Bahnhof verfügt nur noch über eine Haltekante. Ergänzt mit einer ausgezogenen Abstellanlage Seite Neuenegg.

Auch der Bahnhof Neuenegg wurde umfänglich saniert. Dazu gehörte die Verlängerung der Perrons auf 230 m und der Bau einer Personenunterführung.

Die Station Flamatt Dorf erhielt ein längeres Perron. Dieses wurde um 70 Meter in Richtung Sensebrücke verlängert und erhöht.

Am 16.04.2021 machte sich der Autor ein Bild der aktuellen Lage:

Der alte Bahnhof Laupen. Wie lange dieser wohl noch in diesem Zustand verbleiben mag?

Das alte Logo der STB ziert noch immer das Bahnhofsgebäude von Laupen

Die Gleise und Fahrleitungsmasten sind weg. Ein neuer “Niveauübergang” wird erstellt

Blick in Richtung Neuenegg

Einmal um die Ecke und schon erkennt man den Prellbock der neuen Station Laupen

Ein Blick zurück – die letzten Schienenüberreste zwischen der neuen und der alten Station Laupen

Die neue Station bzw. das neue Terminal Laupen

Das aktuelle Logo der STB

Doch nicht nur die Infrastruktur ist erneuert. Auch der ehemalige und einzige jemals von der STB für die STB beschaffte Triebwagen CFe 2/4 Nr. 101 erscheint in einem aufgefrischten Kleid. Riccardo Keller und seine Kollegen versetzten den Triebwagen weitgehend in den Ursprungszustand zurück und möchten diesen in Zukunft auch für öffentliche Fahrten einsetzen. Wer weiss? Vielleicht schafft das Fahrzeug ja eines Tages einen Abstecher in seine ursprüngliche Heimat. Weitere Informationen zum Fahrzeug und Projekt: https://www.triebwagen101.com

Interessante Bilder aus früheren Jahren der STB finden sich unter folgendem Link: http://www.polier.ch/Fotoarchiv/S/SutterP/00-CH-Normalspur/000S/STB.htm

(Quelle: www.sbb.ch, Archiv Florian L. Huber)

(Bilder: Florian L. Huber – alle Aufnahmen vom 16.04.2021)

16 Feb

Die Vorortspendelzüge der RhB – Teil 2

Im ersten Teil haben wir auf den grundlegenden Aufbau der Vorortspendelzüge der Rhätischen Bahn geschrieben. Dieser erweiterte Artikel widmet sich hauptsächlich den elektrischen Ausrüstungen dieser Fahrzeuge.

Be 4/4 511 am 26.03.1971 in Landquart (Foto: Gian Brüngger)

Elektrische Ausrüstung

Die Grundeinheit der Vorortszüge besteht aus Triebwagen, Zwischenwagen und Steuerwagen (Dreiwagenzug) mit einem Totalgewicht von 86 t (inklusive Nutzlast). Bis drei Dreiwagenzüge können in Vielfachsteuerung verkehren. Der Einsatz im Vorortsverkehr bedingt häufige Anfahrten und Verzögerungen. Die maximal zulässige Streckengeschwindigkeit soll raschmöglichst erreicht werden. Um den Verschleiss an Bremsscheiben und -klötzen auf ein erträgliches Mass zu beschränken, ist eine leistungsfähige elektrische Bremse unumgänglich. Von der elektrischen Ausrüstung wird bei dieser Betriebsart in kurzer Zeiten die maximale Leistung verlangt. Für die Sportzüge anderseits wird eine mittlere Leistung während längerer Zeit verlangt. Auch für diesen Betriebsfall ist eine wirkungsvolle elektrische Bremse notwendig.

Um die vorerwähnten Anforderungen erfüllen zu können, ist eine Stundenleistung von 1000 PS notwendig. Mit dieser Leistung ist genügend Reserve vorhanden, um im Vorortsverkehr gegebenenfalls einen weiteren Wagen mitzuführen. Die maximale Anfahrzugkraft wurde unter Berücksichtigung der Adhäsion so festgelegt, dass der Pendelzug (Dreiwageneinheit) auf den für den Vorortsverkehr vorgesehenen Strecken mit maximal 08. m/s2 beschleunigt werden kann. Auch im Gefälle von 45 ‰ ist es möglich, den vollbelasteten Zug mit der elektrischen Bremse in Beharrung zu halten oder zu verzögern.

Der Triebwagen ist als Thyristorfahrzeug konzipiert, das heisst, die Zugkraftreglung erfolgt stufenlos. Durch die Anwendung dieser modernen Technik ergeben sich verschiedene Vorteile wie zum Beispiel ruckloses Beschleunigen durch den Wegfall der Schaltstufen, volle Ausnutzung der Anfahrzugkraft, günstiges Verhalten im Bezug auf das Schleudern, kein Unterhalt der Schaltapparatur usw. Im weiteren ist zu bemerken, dass bei dieser Leistung und der gewählten Schaltung der Hauptstromkreise die Störung der Telephon- und Radioeinrichtungen durch Oberwellen sehr klein ist.

Einen weiteren wichtigen Teil eines modernen Traktionsfahrzeuges stellt die elektronische Steuerausrüstung dar. Die Vorteile eines Hochleistungs-Thyristortriebfahrzeuges, wie es die Vorortstriebwagen der Rhätischen Bahn darstellen, können überhaupt erst mit Hilfe der elektronischen Steuereinrichtung voll zur Geltung gerbacht werden.

Bei der bereits erwähnten häufigen Anfahrten und Beschleunigungen im Vorortsverkehr muss der Lokführer von der manuellen Bedienung des Fahrzeuges weitgehend entlastet werden, damit er sich voll und ganz der Streckenbeobachtung widmen kann. Durch die automatische Beschleunigungs- und Verzögerungskontrolle ist Gewähr geboten, dass die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten möglichst rasch erreicht werden und damit kürzeste Fahrzeiten überhaupt erst möglich sind.

Der Steuerwagen 1711 des modenern Pendelzuges am 26.03.1971 in Landquart (Foto: Gian Brüngger)

Die Pendelzüge erhielten eine Geschwindigkeitsregelung mit vorwählbarer Geschwindigkeit, Beschleunigungs-, Verzögerungs- und Stromregelung, Schleuder- und Gleitschutz und Wirkung auf die elektropneumatische Bremse des ganzen Zuges. Im normalen Fahrbetrieb stellt der Lokführer den Fahrhebel auf die gewünschte Geschwindigkeit. Die elektronische Steuereinrichtung beschleunigt das Fahrzeug unter Einhaltung der vorgegebenen Werte für Beschleunigung und Strom auf die vorgewählte Geschwindigkeit. Diese Geschwindigkeit wird nun vom Regler konstant gehalten, bis der Führer eine andere Geschwindigkeit vorwählt. Die Automatik kann durch eine im Fahrhebel eingebaute Drucktaste ausgeschaltet werden, was gestattet, bei genügender Fahrzeit den Zug ausrollen zu lassen.

Beim Bremsen, das heisst bei Talfahrt im Gefälle oder beim Vorgeben einer kleineren Geschwindigkeit bzw. Anhalten (durch Stellen des Fahrschalters auf 0), wird zuerst durch die Automatik die elektrische Bremse eingeschaltet. Genügt ihre Bremswirkung zur Erzielung der verlangten Verzögerung nicht, oder nimmt ihre Bremskraft bei kleinen Geschwindigkeiten ab (bedingt durch die Charakteristik), so wird automatisch die pneumatische Bremse zusätzlich betätigt.

Triebwagen des Zuges mit dem zweiten Führerstand am 26.03.1971 in Landquart (Foto: Gian Brüngger)

Die elektronische Steuereinrichtung ist weitgehend aus integrierten Schaltkreisen aufgebaut. Die einzelnen Komponenten sind auf steckbaren Prints aufgebaut. Eine Verklinkung sichert die einzelnen Einheiten gegen das Herausfallen. Die einzelnen Prints werden in normalisierten 19 Zoll Einschüben zusammengefasst. Diese robuste und platzsparende Bauart hat sich auf vielen Traktionsfahrzeugen bereits bestens bewährt.

Wie bereits erwähnt, können drei Dreiwageneinheiten zusammen in Vielfachsteuerung verkehren und von einem Führerstand aus bedient werden.

Die Steuer- und Heizleitungen werden dabei durch die auf der automatischen +GF+-Kupplung montierte Sécheron-Vielfachkupplung selbstätig verbunden.

Führerstand des neuen Zuges am 26.03.1971 in Landquart (Foto: Gian Brüngger)

Die Pendelzüge weisen automatische Türen auf, wobei der Fahrgast die entsprechende Türe durch eine Drucktaste vorwählt. Die Öffnung oder Schliessung erfolgt erst durch den entsprechenden Befehl des Lokführers. Zusammen mit der Lautsprecheranlage mit Innen- und Aussenlautsprechern trägt die Türsteuerung zu einem raschen Fahrgastwechsel und somit kurzen Aufenthaltszeiten bei.

Wie dieser kurze Überblick zeigt, weisen die Fahrzeuge einige wichtige Neuerungen auf. Die Entwicklung eines derart neuen Triebfahrzeuges, das vielfältige Anforderungen genügen muss, setzt naturgemäss eine enge Zusammenarbeit zwischen den entsprechenden Dienststellen der Bahn sowie den betreffenden Erstellerfirmen voraus, welche im vorliegenden Fall zufriedenstellend funktionierte.

Die Inbetriebsetzung von drei der neuen Vorortszügen bei der RhB erfolgte offiziell auf den Beginn des Sommerfahrplans vom 23. Mai 1971. Der vierte Zug folgte etwas später.

(Quelle: Archiv RhB, Archiv EA, Franz Skvor und Gian Brüngger)

11 Feb

Die Vorortspendelzüge der RhB – Teil 1

Der neue Vorortspendelzug der Rhätischen Bahn (Foto: SAAS)

Die ersten Kompositionen der klassischen RhB-Vorortspendelzüge wurden verschrottet. Grund genug, auf die Entwicklung der Züge zurückzublicken. Im EA Nr. 2 1975 ging W. Wegmann auf diese Nahverkehrs-Pendelzüge ein und verfasste einen Artikel dazu. Nachfolgend den Artikel von damals, ergänzt mit Bildmaterial.

Die stetig steigenden Anforderungen an die Kapazität im Personentransport – insbesondere auf dem Stammnetz – veranlasste die RhB in den letzten Jahren zu Untersuchungen über dies zweckmässigste Ergänzung ihres Rollmaterials.

Mit dieser Werbung wurde auf den neuen Schnellverkehr bei der RhB aufmerksam gemacht (Foto: Archiv Franz Skvor)

Aufgrund vorausgehender, eingehender Studien entschloss sich daher die RhB Ende Oktober 1968, vier moderne, leichte, dreiteilige Pendelzüge erstellen zu lassen, die vornehmlich dem Churer Vorortsverkehr dienen sollen.

Den Auftrag für den wagenbaulichen Teil erhielten die Flug- und Fahrzeugwerke AG, Altenrhein (FFA), während die neuartige elektrische Ausrüstung der S. A. des Ateliers de Sécheron, Genf (SAAS), übertragen wurde. Weitere Mitarbeiter an wesentlichen Baugruppen sind: SIG (Drehgestelle), Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon-Bührle AG in Zürich (Druckluftbremse), +GF+ (aut. Kupplungen) sowie Hasler AG, Bern, für die elektrischen Geschwindigkeits- und Wegmessanlagen.

Ansicht der zur damaligen Zeit höchst modernen automatischen Kupplung am 26.03.1971 in Landquart (Foto: Gian Brüngger)

Wagenbauart

Projekt-Typenzeichnung der Pendelzüge. Diese Variante wurde so nie umgesetzt. (Foto: Archiv Franz Skvor)

Mit Rücksicht auf die Einsatzbedingungen der Pendelzüge, die relativ hohe Leistungen, Beschleunigungen und Bremsverzögerungen erfordern, war ein wirtschaftlicher Leichtbau der Wagen zum vornherein gegeben. Demzufolge wurden auch die Mittel- und Steuerwagen als selbsttragende, vollverschweisste Leichtmetallkörper ausgeführt, in Bauart FFA, von welcher die RhB neuerdings bereits eine Reihe von Wagen im Einsatz hat.

Die Triebwagen hingegen sind als Stahl-Schweisskonstruktion gebaut, da hier die Adhäsionsbedingungen (Zugkraft) im Vordergrund stehen. Da der Triebwagen statisch als Neukonstruktion zu betrachten ist, wurden an dessen Rohbau-Wagenkasten eingehende Belastungsversuche und Messungen durchgeführt, um die notwendigen Festigkeitsnachweise zu erbringen.

Ausrüstung

Entsprechend den Betriebsbedingungen der neuen Vorortszüge wurde auch die Ausrüstung derselben modern und zweckentsprechend gestaltet.

Bezüglich Disposition, Innenausstattung, Heizung, Fluoreszenzbeleuchtung usw. ist die Verwandtschaft mit den neueren RhB-Stammnetzwagen undschwer festzustellen, ebenso jedoch eine ganze reihe von zweckbedingten Abweichungen und technischen Verbesserungen.

Unter anderem sind hier zu erwähnen – ausser der nachstehend gesondert beschriebenen elektrischen Ausrüstung – zum Beispiel:

  • Der Einbau von vollautomatischen Mittelpufferkupplungen System +GF+/SAAS zwischen den Wagen und an den Zugsenden (Mehrfachtraktion)
  • Neuartige Übergangseinrichtungen zwischen den Wagen für sicheres Passieren.
  • Türbetätigung pneumatisch – Öffnen und Schliessen – zentral vom jeweiligen Führerstand aus sowie Druckknopfvorwahl bei den Einstiegen auf Wageninnen- und -aussenseite. Ferner als Sicherheit Türschliessautomatik beim Anfahren.
  • Robustere Sitzkonstruktion und Haltestangen mit Rücksicht auf höhrer Anfahrbeschleunigungen und Bremsverzögerungen (mehr Stehplatzpassagiere)

Bremsen

Ausser der leistungsfähigen, modernen elektrischen Bremse (siehe Elektrische Ausrüstung) ist mit Rücksicht auf den Betriebscharakter der Vorortszüge eine elektropneumatische Oerlikon-Bremse EP1 vorgesehen, die bezüglich Ansprechzeit usw. hier die günstigsten Voraussetzungen schafft. Das Prinzip dieser Bremse beziehungsweise deren Funktionsweise muss an dieser Stelle als bekannt vorausgesetzt, beziehungsweise einer gesonderten technischen Beschreibung Oerlikons entnommen werden. Zusätzlich zu vorstehenden Bremsen ist in jedem Führerstand sowie im Mittelwagen noch je eine mechanische Handbremse als vorschriftsgemässe Reserve vorhanden, ferner die üblichen Notbremsanlagen in jedem Wagen.

Ansicht des Drehgestelles aus dem Hause SIG am 26.03.1971 in Landquart (Foto: Gian Brüngger)

Fahrwerke

Sowohl die Trieb- als auch die Laufdrehgestelle sind modern konzipiert, und zwar in technischer Hinsicht als auch komfortmässig (Federung, Laufruhe). Alle Drehgestelle sind beispielsweise mit Scheibenbremsen ausgerüstet und weisen Seitenanlenkung auf (drehzapfenlos), Bauart SIG.

Die Triebdrehgestelle haben ferner gegenläufige Motoren und entsprechende Getriebe – ein weiteres Komfortmerkmal – , womit auch von dieser Seite eine Anzahl Voraussetzungen für guten Wagenlauf der Vorortszug-Kompositionen gegeben sind.

Fortsetzung folgt.

(Quelle: Archiv RhB, Archiv EA, Franz Skvor und Gian Brüngger)

 

 

01 Mai

TREN D’ART / ZUG ART

Steht “Zug Art” drauf, ist Theater drin. Steht “Tren d’Art” drauf, kommt Kunst heraus. Und drin steckt viel Herzblut von namhaften Kulturschaffenden aus allen Disziplinen. Die Rhätische Bahn versteht sich bis heute als Vermittlerin kultureller und gesellschaftlicher Werte. Und so engagierte sie sich unter anderem vom 8. Juni bis 13. Juli 1985 mit einem Kunst- und Theaterzug für das heimische Schaffen. Die Güterwagen wurden zu Bühnen umfunktioniert und mit Restaurant und Bar bestückt. So begeisterte das rollende Projekt an 16 Bahnhöfen Zuschauer, von der Kapitale Chur bis ins ferne Scuol.

So präsentierte sich im Jahre 1985 der aus diversen alten Güterwagen hergerichtete Tren d’Art:

Tren d’Art mit Ge 4/4 I am 25.06.1985 bei Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Tren d’Art am 24.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk des Tren d’Art am 24.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk des Tren d’Art am 24.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk des Tren d’Art am 24.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk des Tren d’Art am 24.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk des Tren d’Art am 24.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Verwendetes Rollmaterial:

Gk 5288 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk 5331 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk 5399 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gak-v 5408 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk 5384 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk 5397 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Kkl 7045 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

Gk 5399 in weisser Farbe als Tren d’Art am 22.06.1985 in Samedan (Foto: Gian Brüngger)

(Quelle: 125 Jahre Rhätische Bahn, Archiv RhB)

17 Nov

Einführung und Entwicklung des Pendelzugbetriebes auf der Strecke Chur – Arosa

Pendelzug in Litzirüti (Foto: Rhätische Bahn AG)

Ende der sechziger Jahre setzte man sich bei der Rhätischen Bahn vermehrt mit der möglichen Bildung von Pendelzügen auseinander. Das aufwändige Wenden und Umfahren an den Endbahnhöfen sollte vereinfacht und beschleunigt werden. Es wurden sodann folgende Linien der Rhätischen Bahn als Pendelzugtauglich eingestuft:

  • Chur – Arosa
  • Samedan – Pontresina
  • Davos – Filisur
  • Churer Vorortsverkehr

Wir entnehmen aus den RhB-Nachrichten Nr. 2 Juli 1969  – “Pendelzüge auf der Strecke Chur – Arosa”:

“Wie in den RhB-Nachrichten Nr. 2/1967 dargelegt, sind Pendelzüge mit Zugführungs- oder Steuerwagen an einem Zugsende eine längst bekannte Angelegenheit; viele solche Züge verkehren auf dem Netz der SBB und bei den Privatbahnen seit vielen Jahren. Die Strecken- und Betriebsverhältnisse sowie auch die Bauart der Zug- und Stossvorrichtung sind bei der RhB prinzipiell für den Einsatz von Pendelzügen nicht besonders günstig. Es gibt jedoch, wie schon früher erwähnt, auch bei der RhB Strecken, auf welchen Pendelkompositionen mit Vorteil eingesetzt werden können.

Auf der Strecke Chur – Arosa sind es in erster Linie technische Vorteile, welche zum Pendelzug hinweisen.

Pendelzug in Arosa (Foto: Gian Brüngger)

Auf der einseitig geneigten Strecke Chur – Arosa kann mit den immer auf der Bergseite eingereihten Triebwagen der Zug sowohl bei der Bergfahrt, wie auch bei der Talfahrt gestreckt geführt werden. Beim talwärts fahrenden Zug bremst das am Zugschluss verkehrende Triebfahrzeug das ganze Zugsgewicht elektrisch ab. Die dann als Generatoren arbeitenden Triebmotoren geben elektrische Energie ins Fahrleitungsnetz zurück.

Betrieblich scheint die Strecke Chur – Arosa für den Einsatz starrer Kompositionen nicht ausgesprochen ideal zu sein. Die saisonmässigen Schwankungen können indessen durch besondere Zugsformation ausgeglichen werden. Ebenso können Tagesspitzen im Bedarfsfall durch Verstärkungswagen und Vorspann-Triebwagen aufgefangen werden. Die über längere Zeit durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, dass das Pendelzugsystem wider Erwarten gerade auf dieser Linie nennenswerte Vorteile bringt.”

Mit der Ablieferung der Steuerwagen ABt 1701-1703 im Jahre 1969 konnten erstmals Pendelzüge auf der Linie Chur – Arosa gebildet werden. Interessant ist, dass die Länge der Steuer- und Gepäckwagen den örtlichen Verhältnissen in Chur angepasst wurden.

Die Steuerwagen 1701-1703 blieben bis zur Umelektrifizierung der Chur – Arosa Linie im Jahr 1997 praktisch im Ursprungszustand. Als markante Änderungen nach dem Umbau 1996 sind die neuen Füherstände und die verschlossenen, hinteren Einstiegsbereiche zu erwähnen. Sie wurden optisch und technisch den Einheitswagen I angepasst. Die Wagen waren so ab 1997 auch auf dem Stammnetz verwendbar. Ein Steuerwagen erhielt eine abweichende Innenausstattung und Lackierung in Zusammenarbeit mit Arosa Tourismus.

Bis zur Ausrangierung des Arosa-Express im Jahr 2007 blieb das Pendelzukonzept bestehen. Vereinzelt waren auch NEVA-Steuerwagen auf der Strecke zu beobachten. Auch der Steuerwagen 1731 und die Steuerwagen der Serie 1721-1723 waren kurzzeitig auf der Strecke Chur – Arosa anzutreffen.

Steuerwagen BDt 1731 in Chur (Foto: Gian Brüngger)

Sukzessive wurden die Steuerwagen 1701-1703 abgebrochen. Teile davon konnten für die Steuerwagen 1721-1723 weiterverwendet werden.

Erst mit der Anschaffung von neuen Steuerwagen wurde der Pendelzugbetrieb auf der Strecke Chur – Arosa wieder aufgenommen. Von 2009 bis ca. 2018 waren auf der Chur – Arosa Linie mehrheitlich  Triebzüge des Typs Allegra mit Ergänzungswagen anzutreffen.

 

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