16 Apr

Der Bahnhof von Nendeln im Fürstentum Liechtenstein

Kurz nach 10 Uhr durchfuhr der EC 163 von Zürich nach Graz den Bahnhof von Nendeln. Es führten die beiden Tauri 1116 046 und 086.

Schon lange stand ein Besuch von Nendeln auf meiner Agenda. Im Vorfeld eines Fototrips zur Arlbergbahn recherchierte ich über die diversen Bahnhöfe zwischen Buchs/SG und St. Anton am Arlberg. Meines Wissens ist Nendeln der letzte Bahnhof, welcher noch mit alten Metallgittermasten und entsprechenden Querträgern ausgestattet ist. Auf der Arlbergbahn wurde die Fahrleitung ab den achtziger Jahren sukzessiv erneuert und moderne Betonmasten aufgestellt. Somit strahlt Nendeln noch das Flair längst vergangener Zeiten aus.

Ein bisschen Geschichte: Als die Vorarlbergerbahn von Buchs/SG in Richtung Feldkirch 1872 eröffnet wurde, erhielt die Gemeinde Nendeln eine Station mit zwei Geleisen und einem Ladegleis. Die Bahn im Fürstentum Liechtenstein wurde seit Anbeginn von der Österreichischen Bahn betrieben. Nur der kurzen Zeit von 1938 bis 1945, also während des 3. Reiches, führte die Deutsche Reichsbahn den Betrieb. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Bahnhofsgebäude für eine Vorstandswohnung aufgestockt. Architektonisch ist das Gebäude an die damaligen K. und K. Bauten angelehnt. 1929 wurde neben dem Aufnahmegebäude ein kleines Häuschen mit Flachdach angebaut. Dieses beheimatet das mechanische Stellwerk Bauart Siemens & Halske. Noch heute stellt der Fahrdienstleiter darin die Weichen. Vor dem Gebäude befindet sich ein Schaltkasten für die elektrischen Antriebe der beiden Schranken, die über lange Seilzüge angetrieben werden. Das Gebäude sowie der Grund gehören der ÖBB. Das Personal ist bei der ÖBB beschäftigt.

Im August 2020 gab es im Fürstentum eine Volksabstimmung, um Mittel für die Modernisierung freizugeben. Das Stimmvolk lehnte mit fast 60 % der Stimmen dieses Ansinnen ab. Die ÖBB beabsichtigen nun, von 2024 bis 26 den Bahnhof umfassend zu modernisieren. Das alte Aufnahmegebäude soll abgerissen werden und die Bahnsteige werden barrierefrei ausgebaut. Um den Gleisbereich sollen Lärmschutzwände die Anwohner schützen. Ab Nendeln in Richtung Feldkirch soll es einen drei km. langen Doppelspurabschnitt zur Erhöhung der Kapazitäten geben. Geplant ist eine eng getaktete Regional S-Bahn von Feldkirch nach Buchs/SG, um den Berufspendlern eine Alternative zum Auto zu bieten.

Somit sind noch knapp zwei Jahre Zeit, um das alte Flair längst vergangener Zeiten fotografisch festzuhalten. Neben den Nachtzügen, Eurocitys, Railjets und S-Bahnen gibt es auch interessanten Güterverkehr zwischen der Schweiz und Österreich. Reisen Sie mit mir nun fotografisch in längst vergangene Zeiten.

Die Sonne ist Mitte April ist gegen 7.45 Uhr noch nicht hinter den Bergen hervor gekommen. Pünktlich fährt der EN 464 mit der 1116 150 von Zagreb her kommend nach Zürich. Der Nachtzug führt Wagen der Kroatischen, Slowenischen und Österreichischen Bahn. Er macht Lust, in Richtung Balkan einzusteigen.
Glück für den Fotografen, Pech für die Reisenden. Mit 130 Minuten Verspätung fährt der EN 466 von Prag und Budapest nach Zürich. Gegen 8.50 Uhr kam die Sonne über den Bergen hervor und leuchtete die Szenerie aus. Rechts wartet ein ÖBB Talent auf Weiterfahrt nach Feldkirch. Die beiden Tauri gehen in Buchs/SG auf den EC 163 über (siehe Bild 1).
Bis zum nächsten Zug ist Zeit, sich dem Bahnhof etwas zu widmen. Neben dem Gleis ist das Gegengewicht für die Seilzüge der Weichen. Rechts neben der Bahnhofsuhr befindet sich der Antrieb für die beiden Barrieren.
Kurz nach 9 Uhr kam bereits der zweite Güterzug von Bludenz nach Buchs. Er musste auf Gleis 3 einfahren, damit er mit einer S-Bahn kreuzen konnte.
Ein Blick durch die offene Türe ins Stellwerk. Auf der Hebelbank sind die Weichenstellhebel montiert.
Freude kam bei mir auf, als gegen 10.30 Uhr zwei „Alpenstaubsauger“ der Baureihe 1144 mit einem Güterzug von Hall/Innsbruck nach Buchs/SG durch Nendeln fuhren. Sie hatten lange Schienenstücke geladen.
Die beiden 1144 033 und 041 kamen gegen 13.30 Uhr wieder aus Buchs/SG zurück. Am Haken hatten sie einen über 500 m langen gemischten Güterzug. Ziel ist Hall bei Innsbruck. Im Hintergrund thront das Schweizer Alpsteingebirge.
Gegen 14 Uhr kam der Railjet 160 von Bratislava/Slowakei nach Zürich am Bahnübergang Schwemmegasse vorbei. Es führte der Taurus 1116 210.
Am Ladegleis machte ich es mir zum Warten auf den nächsten Zug gemütlich. Unter alten Blättern entdeckte ich dieses patinierte Schienenstück von 1891! Über 130 Jahre hat es auf dem Buckel. Ich stellte mir die Frage, welche Baureihen und Wagen wohl in dieser langen Zeit über das Stück Metall rollten? Was es wohl zu erzählen hätte?
Um 15 Uhr kam der nächste Güterzug von Bludenz nach Buchs/SG an mir vorbei gesummt. Wieder wurde er von einem gepflegten Alpenstaubsauger geführt.
Die S-Bahnen zwischen Feldkirch und Buchs/SG machen tagsüber zwischen 10 und 16 Uhr Pause. Um 15.30 Uhr rollt eine Leerfahrt nach Buchs/SG, um dort den fahrplanmässigen Betrieb aufzunehmen.

Nendeln, ich komme bestimmt wieder! Noch ist Zeit, das Flair längst vergangener Zeiten fotografisch festzuhalten. Hier ein Gittermast, dahinter blühen die Bäume und Sträucher frühlingshaft um die Wette.
Bevor ich mich wieder gen Heimat aufmachte, wartete ich noch den nächsten Railjet ab. Gegen 16 Uhr rollte der RJ 162 aus Budapest nach Zürich an mir vorbei. Es führte die 1116 213.

Alle Fotos vom 13.4.22, Berthold Halves, MECK.