09 Mrz

Ukraine vor 8 Jahren …

Von Johannes Läubli, EMF St. Gallen

Stille im Normal-/Breitspurbahnhof Vynohradiv

Gerne schliesse ich mich dem Blog von Christian Ammann an. Eine Gruppe von Eisenbahnfreunden folgte der Einladung von Migu Schneeberger (Verein Ostgleis, www.ostgleis.ch), vom 1. – 7.März 2014 durch Ungarn und den südwestlichen Teil der Ukraine zu reisen. Täglich wurden aber auch die Nachrichten über den Vorstoss der Russen auf die Krim und den Südosten verfolgt.

In Transkarpathien, also unmittelbar jenseits der ungarisch-ukrainischen Grenze, besuchten wir die Borzhatalbahn, ein einstmals ausgedehntes Netz in Schmalspur von 750 mm. Wir hatten das Vergnügen, an einem Markttag von Vynohradiv nach Chmilnyk mitzufahren.

Auf der Schmalspurseite dagegen das volle Marktleben- und über die Weiche im Vordergrund wird nach der Rückkehr umfahren !

Der bereitstehende Zug…

…bringt die Einkäufe ins Dorf Oleschnyk zurück

Für Hoffnung auf Obst und Beeren wurde ebenfalls gesorgt.

Beschauliche Dorfpassage in Shalanky. .. Übrigens: Die Wagen sind blau, das Schwärzliche ist aus der Lok „entflogenes“ Dieselöl.

Der Lokführer ist immerhin froh, dass seine Maschine läuft.

Und wir fahren vorne mit.

Die zwei letzten Passagiere vor der einsamen Endstation Chmilnyk.

Umfahren in Chmilnyk.

Für die nachmittaglichen Marktrückkehrer braucht es eine dritten Wagen – einen ölfreien.

Auf dem Rückweg macht der Fahrplanzug für uns einen Fotohalt.

Verladen auf freier Strecke.

Zurück im Markt – die Lok hat bereits vorgezogen und sollte nun über das linke Gleis zurück.
Ausserhalb des Dorfes erwischen wir den Triebwagen auf Breitspur.

Im Güterbahnhof Berehove (noch immer russisch angeschrieben: Beregovo) gähnender Stillstand – ausser ein paar Bahnliebhabern.

Am nächsten Tag noch einmal ein Blick auf die Schmalspurbahn – ist aber nichts passiert …

Nächstes Ziel war Korolevo, wo der Baudienst im Einsatz war…

… aber auch das Triebwagendepot liegt – hier das Personalhaus.

Und hier das saubere Gleisfeld.

Ein Blick ins Innere des D1 769-3.

Dann führt man uns eine halbe Stunde durch die ganze Werkstätte – hier nur ein Bild.

Weiterfahrt nach Kolotschawa – abseits jeder Bahn, aber mit einem Freilichtmuseum mit einigen Metern Schmalspurgleis und der einzigen in Transkarpatien erhaltenen Dampflok auf 750 mm. (sh. NiK, EA 6/21)

Auch eine Sanitätsdraisine steht dort, vermutlich von einer Waldbahn.

Habe ich «Waldbahn» geschrieben ? Unsere Reise geht über die Karpaten nach Vyhoda, Dort steht nicht nur ein solides Denkmal mit Schmalspurlok PT4 274, sondern auch noch aktive Gefährte, unter anderen ein TU6P.

Mit diesem Gefährt befahren wir eine Strecke von 21 km, erst über Land, dann durch ein unwegsames Tal zu den Holzverladeplätzen…

…wo sich seltsame Rückefahrzeuge tummeln.

Einfahrt eines Leerzuges mit einer TU8 und einer Ladung neuer Schwellen, nicht imprägniert …

… und mit einem Caboose.

Vor der Talfahrt ergibt sich ein kompliziertes Wendemanöver über ein Gleisdreieck.

Diesen Bahnhof kennen unterdessen alle, allerdings jetzt voll mit flüchtenden Menschen: L’wiw.

Auf Gleis 1 ist der Zug 86 nach Simferopol auf der Krim angezeigt.

Hier ist der Zug – am 5. März 2014 – ob er sein Ziel noch erreicht hat ?

Unsere Gruppe hatte das Glück, dass wir uns der Sonderfahrt einer literaturbegeisterten Gruppe (wohl Studenten und Professoren) anschliessen konnten, die den 200. Geburtstag des ukrainischen Nationaldichters Taras Shevtchenko feierten.

Wir erlebten die ukrainische Liebe zur Literatur,

aber auch die Liebe zu alter Technik.

Die Lok L 3535 (Achsfolge 1E) zeigte sich von der besten Seite.

Unsere kleine Gruppe durfte anschliessend auf dem Tender bis ins Lokomotivdepot mitfahren und sich dort vom edlen Zugpferd verabschieden.

Eine Extra-Strassenbahn holte uns am Bahnhof ab.

… und brachte uns zum Depot, wo wir den wenige Monate alten Prototyp 1179 besichtigten, der von einem Hersteller in L’wiw (Elektrotrans, sh. auch EA 8/13) stammt.

Am gleichen Abend nahmen wir im Nachtzug nach Budapest Abschied von der Ukraine.

Text und Fotos: Johannes Läubli, EMF St. Gallen

07 Sep

Waldbahn Apscheronsk im Nordkaukasus

Um 3.45 Uhr ging die Fahrt in Otdaljonny los.  Ankunft um 7 Uhr in Tschernigovskoye. Die meisten Dörfer im Tal haben keine Strassenanbindung.

von Alexander Bless

Im August hatte ich die Gelegenheit, der Waldbahn Apscheronsk (750 mm Spurweite) im russischen Nordkaukasus zwei Tage lang einen Besuch abzustatten. Apscheronsk befindet sich etwa 120 km südöstlich von Krasnodar. Die beiden Reste des urspünglich 127 km langen, ypsilon-förmigen Netzes beginnen ca. 30 km südlich des Städtchens Apscheronsk. Der Erfolg der Reise war eher mässig; das Gesehene und Erlebte aber durchaus interessant!

Tschernigovskoye – Otdaljonny

Als eine der letzten Schmalspurbahnen in Russland verkehren über die Gesamtstrecke immer noch fahrplanmässige Personenzüge mit einer Tu8P. Dabei wird immer auch die Stichstrecke nach Kushinka bedient. Es fährt täglich ein Zugpaar, an drei Tagen pro Woche sogar ein zweites Zugpaar, welches aber grösstenteils nachts unterwegs ist. Dies wies der Fahrplan vor Ort aus, welcher über die Sommerferienzeit bis Anfang September gilt. Die Fahrtzeit beträgt über 3h für die 32 km lange Strecke.

Der Fahrplan

Holzzüge fuhren gemäss Eisenbahnern seit ein paar Tagen keine, offenbar wegen wirtschaftlichen Problemen der Firma oder einfach, weil Sommerferien waren. So genau konnte das vor Ort aber niemand sagen. Die Holzzüge fahren maximal ab Tubi runter ins Tal. Otdaljonny wird als einziges Dorf im Tal von einer Strasse bedient, und der Holztransport geschieht somit per LKW. Es scheint, dass die Personenzüge und die Holzzüge von unterschiedlichen Betreiberfirmen gefahren werden.

Vor dem Depot standen zwei scheinbar betriebsfähige PV51 Personenwagen sowie ein auf bestehendem Untergestell komplett neu aufgebauter Personenwagen. Scheinbar hat man mit der Bahn also doch noch irgendetwas vor? Vielleicht erkennt man, wie gross der Erfolg auf der Strecke Guamka – Mezmay ist und will daher auch einen touristischen Verkehr aufziehen?

Der Gleiszustand ist bedenklich. Die Tu8P führt immer Einrichtungen zum Wiedereingleisen mit, und so wie es aussah, werden diese Werkzeuge auch regelmässig gebraucht. Es existiere auch noch eine zweite Tu8P, welche aber nicht betriebsfähig sei. Für Gruppen mache man auch Extrafahrten. Es wurde von einem Tarif von rund 50€ pro Stunde gesprochen.

Guamka – Mezmay

Diese Zugskomposition mit einer gepflegten Tu8 scheint nur bei kaltem Wetter zum Einsatz zu kommen

Der Betriebsbahnhof in Guamka ist nicht mehr als ein Gleisdreieck, ohne Werkstatt und Unterstellmöglichkeiten für das Rollmaterial.

Es fahren ganzjährig täglich Touristenzüge von Guamka ab dem Eingang zur Schlucht bis zu einem kleinen Restaurant mitten in der Schlucht im 40-Minuten-Takt. Die dabei befahrene Strecke misst ca. 1.8 km. Die Gleise liegen aber neu wieder ab dem ehemaligen Bahnhof Guamka. Das Bahnhofgebäude selber ist aber eine Ruine. Wofür die Strecke zum alten Bahnhof genutzt werden soll, ist mir unklar. Open Railwaymaps verzeichnet noch ein Stück existierende Strecke in Richtung Apscheronsk. Dies ist jedoch nicht richtig. Die Gleise müssen schon sehr lange weg sein. In Richtung der Schlucht liegt mitten Im Dorf ein Gleisdreieck, welches als Betriebsmittelpunkt dient. Ein Depot oder eine Werkstätte gibt es aber nirgends.

Mittlerweile hat man sich eine zweite Zugskomposition mit einer weiteren Tu8 zugelegt.

Gab es früher nur eine Zugskomposition aus einer Tu8 mit 3 PV51 – Personenwagen und eine alte Draisine, gibt es heute einen zweiten Zug, ebenfalls mit Tu8 und vier auf bestehenden Untergestellen neu aufgebauten offenen Personenwagen.

Die Wagen wurden komplett neu aufgebaut.

Die alte Draisine ist verschwunden. Ausserdem wurden zwei Tu8 in offene Triebwagen umgebaut. Einer verkehrt ab Guamka, der zweite ab Mezmay. Der Triebwagen in Guamka wird wohl dann eingesetzt, wenn der Andrang nicht gross ist.

Wahrscheinlich auf Grundlage von Tu8 entstanden: einer der zwei „Sommer-Triebwagen“

Draisine für den Bahndienst in Guamka

Es existieren im Weiteren zwei Draisinen mit Anhänger für Baudienstzwecke sowie einige Güterwagen. Einer hat ein völlig neues Schneefräsaggregat angebaut bekommen. Der alte Schneepflug steht in bedauernswertem Zustand als Denkmal neben dem Streckengleis in Guamka.

Der Triebwagen unterwegs in der Schlucht

Alle Züge werden in die Schlucht geschoben. Die Schlucht sowie die Strecke dürfen als extrem spektakulär bezeichnet werden. Die Gleise weisen teils sehr enge Radien auf und befinden sich in sehr gutem Zustand.

Wacklige Brücken überqueren Seitentäler

Nach einer folgenschweren Entgleisung endete eine Tu8P im Fluss

Vom kleinen Restaurant führt die Strecke noch etwas mehr als einen Kilometer weiter durch die Schlucht. Fallweise scheinen auch hier Züge zu verkehren. Bei meinem Besuch war auf diesem Abschnitt aber nichts los. Das gesamte Trasse zwischen Guamka und Mezmay dient auch als Fussweg, was rege in Anspruch genommen wird.

In der Rutschgegend kam es zu massiven Geländesenkungen

Ab dem oberen Streckenende hat ein riesiger Erdrutsch etwa 700 m komplett, grösstenteils bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Ein Wanderweg führt über die Rutschzone, bis das Gleis in Richtung Mezmay wieder beginnt. Dieser Streckenabschnitt wird Mittwoch bis Sonntag bedient.

Der Fahrplan des oberen Abschnittes von der Schlucht nach Mezmay

Hier stehen nur der neue, offene Triebwagen, eine Draisine sowie ein Flachwagen im Einsatz. Bei meinem Besuch fuhren keine Personenzüge. Dafür wurde kräftig gebaut. Der Triebwagen pendelte mit Steinen auf dem Flachwagen zu einer abschüssigen Stelle, welche aufgefüllt wurde. Die Gleisanlagen im Bahnhof Mezmay werden derzeit um ein Umfahrgleis ergänzt. Das recht grosse Bahnhofgebäude hier ist ebenfalls nur noch eine Ruine.

Der Sommertriebwagen auf dem oberen Abschnitt wird an diesem Tag für den Baudienst eingesetzt

Es ist interessant, wie stark in diese Bahn investiert wird und wie gut alles im Schuss ist. Ich bin gespannt, ob man sich auch noch daran macht, das zerstörte 700 m lange Mittelstück wieder herzustellen. Der Aufwand dafür dürfte immens sein.

Im oberen Abschnitt Richtung Mezmay wird in die Gleise investiert

 Eine schöne Brücke kurz vor Mezmay. Leider ohne Zug…

Text und alle Fotos: Alexander Bless, Verein AG2