19 Jun

Altösterreichische Dampfloks in Slowenien und Italien.

Mit Volldampf fährt die SZ 25-026 aus dem Bahnhof Most nach Soci.

Anfangs April durften wir bei herrlichstem Frühlingswetter auf der Slowenischen Wocheinerbahn (Nova Gorica – Jesenice) zwei Tage Dampfbetrieb in vollen Zügen geniessen. Die Dampflok 25-026 der SZ war mit fünf grünen Zweiachsern auf dem Streckenabschnitt zwischen Anhovo – Most na Soci und Podbrdo für uns Fotografen unterwegs. Die Strecke war zu K. und K. Zeiten einst Teil der Verbindung zwischen Wien und Triest. Nach dem ersten Weltkrieg fiel die Strecke an Italien. 1945 wurde sie Teil Jugoslawiens, seit der politischen Wende 1990 kam sie zu Slowenien.

Im Bahnhof Most na Soci.

Nur am Nachmittag fällt das Licht auf das Steinviadukt bei Avce.

Unsere eingesetzte Dampflok wurde 1920 in der Wiener Dampflokschmiede Floridsdorf unter der Fabriknummer 2656 erbaut. Anfangs erhielt sie die Österreichische Baureihenbezeichnung 270.164, dann die Italiensche Bezeichnung 728.028 und später JDZ/SZ 25-026.

Ausfahrt aus dem Bahnhof Podmelec

Nach den zwei Tagen Plandampf hatten wir viele Motive im Kasten und reisten zufrieden wieder nachhause. Dass es ein baldiges Wiedersehen mit dieser Dampflokbaureihe geben würde, ahnte ich damals gar nicht.

FS D 345.1055 im Bahnhof Triest Centrale am 19.5.18

Nur rund sechs Wochen später ging es zum Familienurlaub nach Triest. Eigentlich kein Eisenbahnurlaub, dafür wandern, flanieren, geniessen und erholen. Zufällig fuhren wir am Bahnhof Trieste Centrale vorbei, als ich reflexartig ein Rauchwölkchen in den Himmel aufsteigen sah. Was konnte das wohl sein? Nachdem wir in der Ferienwohnung ankamen, musste ich unter einem Vorwand nochmals ganz schnell zurück zum Hauptbahnhof.

Mille Porte Wagen im Bahnhof Trieste Centrale.

Detail des frisch revidierten Mille Porte Wagen.

Zu meiner grossen Überraschung stand auf Gleis 2 ein historischer Personenzug. Vorne tuckerte die Diesellok 345.1055 vor sich hin, dahinter waren wunderschön restaurierte Wagen eingereiht. Erst ein grauer Gepäckwagen, dann ein frisch revidierter Mille-Porti-Wagen, danach zwei historische Vierachser und am Schluss die Dampflok 728.022. Schnell eine Runde um den Zug und alles im Bilde festhalten. Als ich mich von der Anspannung etwas beruhigte, dachte ich, diese Dampflok kennst du doch. Die gleiche Bauart, die gleiche Achsfolge, was für eine Lok konnte das nur sein. Zum Glück fotografierte ich das Fabrikschild auf dem Dampfdom. So konnte ich später recherchieren.

Portrait der FS 728.022 im Bahnhof Triest Centrale.

Es handelte sich um die Fabriknummer 2650/ Baujahr 1920, ursprünglich als 270.158 in Betrieb gesetzt, später bei der JDZ als 25-022 und jetzt als FS 728.022 unterwegs.

Welch eine Überraschung! Innerhalb weniger Wochen sah ich beide noch betriebsfähigen Loks dieser Baureihe unter Dampf! Ich war platt. Die Zugbegleiter erklärten mir, dass diese Dampflok zum Depot Trieste Centrale gehört. An besagtem 19.5.18 war sie nur zu einer Probefahrt unterwegs, am nächsten Tag bestritt sie Publikumsfahrten zwischen Udine und Trieste. Diese sollen über den Sommer mehrmals öffentlich stattfinden.

Die D 345.1055 kurz vor der Abfahrt.

Ganz glücklich kehrte ich in unsere Ferienwohnung zu meiner Frau zurück. Ich dachte, also gab es doch noch ein wenig Eisenbahn im Familienurlaub.

 

Berthold Halves, MECK Kreuzlingen.

24 Okt

Zwei Raucher im Bahnhof Bled Jezero

Frühmorgens bei Nomeni.

Es ist Samstagnachmittag. Unser Güterextrazug mit dem slowenischen „Reagan“, einem jugoslawischen Lizenzbau mit amerikanischer Technik, benannt als BR 664, ist soeben im Bahnhof von Bled Jezero am gleichnamigen Bleder See zum stehen gekommen. Das Wetter hat sich eingetrübt, und alle meine Fotokollegen sind in die Bahnhofskneipe verschwunden, um sich ein oder mehrere Ljubljaner „Union“ Biere zu genehmigen.  Die Fotografen werde ich heute nicht mehr am Gleis sehen, denn unser Güterzug hat nur noch wenige Kilometer bis nach Jesenice zurück zu legen; dann ist auch für ihn und sein Personal Feierabend.

Arbeit an bewährter Stellwerktechnik.

Ich dachte mir, das müsste doch noch ein Foto geben. Trotz des trüben Wetters soll man ja nicht gleich aufgeben. Nach über einer Stunde warten kam langsam Bewegung in die Szenerie. Der Weichenwärter kam aus seinem Wohnhaus und schloss das kleine Stellwerk auf. Ich folgte ihm und bereitwillig erklärte er mir die betagten Weichenstellhebel, wahrscheinlich noch Relikte aus der Eröffnungszeit der Wocheinerbahn im Jahre 1906. Es gab eine Kreuzung zwischen dem planmässigen Personenzug nach Nova Gorica und unserem Fotogüterzug.

Einfahrt des Triebzuges aus Jesenice nach Nova Gorica zur Kreuzung in Bled Jezero

Nach der Einfahrt der Triebwagengarnitur stellte der Wärter die Weiche um, damit der Güterzug ausfahren konnte. Zum Wärter gesellte sich sein Sohn, der aus dem Fenster heraus die rote Fahne schwenken durfte. Nur ein paar Augenblicke später war das Familienglück komplett. Mutti setzte sich gegenüber dem Stellwerk neben dem Schrebergärtchen auf ein Bänklein und steckte sich eine Zigarette an. Alsbald heulten die Motoren der 664 auf und mit lautem Dieselsound und einer dicken Rauchwolke setzte sich der Güterzug in Bewegung. Somit hatte ich zwei Raucher auf dem Foto: Die Mutti und der Reagan.

Links im Stellwerk winkt der Sohnemann mit der roten Flagge “Fahrt frei”, mit lautem Dieselsound und viel Qualm beschleunigt der Reagan 664 105, rechts sitzt genüsslich Mutti mit der rauchenden Zigarette.

Der Bahnhof Bled Jezero liegt etwas oberhalb des Bleder Sees. Bled ist bekannter Slowenischer Urlaubsort am Fusse der julischen Alpen. Hier kann man im Sommer wandern und Wassersport betrieben. Bekannt ist das Motiv der Barockkirche Mariä Himmelfahrt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts auf der kleinen Insel im See. Im Hintergrund auf dem Bergrücken thront die alte Bischofsburg aus dem 11. Jahrhundert. Eine herrliche Gegend, ideal für entspannten Urlaub.

Der Bleder See mit der Kirche Mariä Himmelfahrt und der Burg, dahinter die julischen Alpen.

Berthold Halves