04 Aug

Auch ein Kran kann schön sein

Bockkran Sulgen

Im EA 8/18 erinnert der Artikel „Hans Hilfiker, Erfinder der Bahnhofsuhr“ von Ruedi Wanner an den bekannten Ingenieur Ingenieur Hans Hilfiker (1901 – 1993). Thema sind aber nicht nur die beliebte Bahnhofuhr, sondern auch weniger bekannte, vergessene oder schon wieder verschwundene Werke Hilfikers im Bereich der Bahn.

Bockkran Uzwil

Unter Denkmalschutz stehen die Perrondächer des Bahnhofs Winterthur Grüze und das Betriebsgebäude des Fahrleitungsunterhalts im Kohlendreieck Zürich HB. Die runden Fahrplanlesegeräte sind aber schon vor Jahrzehnten aus den Schalterhallen der grösseren Bahnhöfe verschwunden. Auch Hilfikers Zweiwegfahrzeug für den Fahrzeugunterhalt, das zum Strassen- und Schienenradwechsel, sowie zum Drehen um die eigene Achse mit einem Stahlgussteller angehoben werden konnte, ist vergessen.

Bockkran Sulgen

Zusehends verschwanden und verschwinden auch die typischen Bockkrane, die Hilfiker um 1950 entwarf und in der Zeitschrift „Das Werk“ 1951 beschrieb. https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=wbw-002:1951:38::1269

Dabei erwähnte er die Absicht der SBB, die Zusammenarbeit mit dem Strassentransport zu fördern. Angesichts der häufigen Wechsel der Verladeverhältnisse auf den Bahnhöfen wollte man einen elektrischen Kran von 10 t Tragkraft schaffen, der trotz ortsfester Aufstellung verhältnismässig leicht disloziert, also versetzt werden konnte. Der mechanische Teil mit Katze konnte übrigens in nur 3 Std. auf vorbereiteten Betonfundamenten zusammengesetzt werden.

Die “Füsse” des Wiler Bockkrans (unter der Plattformseite)

1950 wurden die ersten sieben Exemplare aufgestellt, nämlich in Brugg, Bubikon, Netstal, Uzwil, Flawil, Rorschach und Kreuzlingen. Heute haben sich in der Originalversion bspw. noch die Bockkrane in Uzwil, Sulgen, Effretikon, Schlatt und Thalwil erhalten. Da und dort, etwa in Wil, ist auch noch eine modernisierte Version zu sehen.

Modellbahnmässig ist dieses sehr charakteristische Stück SBB leider noch nicht „entdeckt“ worden. Zwar ist schon im EA 10/59 ein Bauvorschlag für einen Ueberlade-Bockkran (H0) zu finden, mit einem Bild des Hilfiker Bockkrans (Kommentar: „auch ein Kran kann schön sein“). Doch beim konkreten Vorschlag ging es dann einfach um einen Bockkran, wie sie vor 1950 existierten.

Meist sind Krane auf Betriebsfotos nur “Dekor”. Dank dem schönen Bild der Em 3/3 18835 in Suhr ist auch der Kran dokumentiert, der etwa dem Bauvorschlag im EA 10/59 entspricht. Foto E. Suter.

Die nachfolgenden Bilder zeigen weitere Detailansichten der Krane in Uzwil und Sulgen, die allenfalls auch für Modellbahner interessant sind und auch noch weitere Krane.Castione-Arbedo – wie die SEFT-Museumsbahn leider verschwunden

Modernisierter Kran in Aarau, inzwischen abgebrochen. Foto E. Suter

Der modernisierte Kran in Wildegg existiert noch immer. Foto E. Suter

 

Alle Fotos ohne Angabe des Fotografen von Chr. Ammann. Die Bilder in Sulgen und Uzwil entstanden am 29. Dezember 2017.

19 Jul

Erster Diesel-Arbeits- und Rangier-Traktor «Dart» Tm 234.4 von Windhoff für SBB Infrastruktur

Der Tm 234 401 verliess am 04.07.18 das Werk Rheine von Windhoff. Er ist das erste von 35 bestellten Fahrzeugen, welche SBB Infrastruktur im Jahr 2015 bestellt hat, und durchläuft nun das Zulassungs- und Abnahmeverfahren. Mario Stefani konnte den ersten Dart am 18.7.2018 im BLS-Bahnhof Marin-Epagnier fotografieren.

Einige Daten:
Länge über Puffer 14,24 m
Radsatzstand 9,00 m
Dienstgewicht 37,3 t
2 Dieselmotoren zu 520 kW bzw. 130 kW
Anfahrzugkraft > 100 kN
v max 100 km/h

Hydrodynamische und hydrostatische Kraftübertragung auf beide Radsätze und über Zug-Druck-Stangen auf den Fahrzeugrahmen

Quelle: Fahrzeuganschriften, Schweizer Eisenbahn-Revue 7/16

Tm 98 85 5234 401-8 CH-SBBI. Fotos: Mario Stefani

06 Mrz

Heizkanone

Von Ruedi Wanner

Bahnreisende erblicken in Koblenz ein seltsames Vehikel zwischen dem Gleis Richtung Waldshut und der Lokremise, die dem dsf  Verein Depot und Schienenfahrzeuge Koblenz gehört. Mit diesem exotisch aussehenden Fahrzeug wurde früher Schneeräumung betrieben.

Um 1968 konstruierte die Firma Müller in Rüti ZH im Auftrag der damaligen SBB-Bauabteilung (Kreis III) ein eigenartiges Gefährt, welches zur Schneeräumung bestimmt war. Auf ein einfaches Untergestell wurde ein Öltank aufgesetzt. Nur auf der einen Seite hat das Fahrzeug Puffer und Zughaken, auf der andern Seite ragen zwei lange Rohre im Gleisabstand hervor. Dazwischen sind zwei Ölbrenner handelsüblicher Bauart und zwei Ventilatoren eingebaut. Die Verknüpfung zwischen dem Gleisbau (Krampmaschinen, heute zur Sersa Group gehörend) und einer Heizungsfirma ist wohl in der oben erwähnten Firma Müller und den persönlichen Nachfolgern zu suchen.

Bei starkem Schneefall wurde nun das Vehikel an einen passendes Fahrzeug (Tm II der Baudienste) angehängt und auf die zu räumenden Weichen geschoben. Ein warmer Luftstrahl gelangte durch kräftige Ventilatoren auf die verschneiten Schienen und legte sie ohne aufwändige und gefährliche Handarbeit frei. Gemäss SBB-Nachrichtenblatt 3/1968 wurden so in Rapperswil innerhalb einer Stunde alle Weichen freigemacht.

Weitere Einsätze sind aus Linthal und Winterthur (Rangierbahnhof) bekannt, wohin das Fahrzeug via Tösstal beordert wurde. Eine Nummernbezeichnung ist nicht vorhanden, ebenso wenig ein Fabrikschild. Das Untergestell entspricht einem Rollwagen und hat eine einfache Bremse, die aber nur zum Feststellen diente. Mitte der 1970er Jahre wurden die Flammrohre durch neue ersetzt. Verbeulte Öffnungen zeigen, dass die Rohre unten oft unfreiwillige Kontakte mit vorstehenden Teilen hatten. Zum Fahrzeug gehörte ferner ein mobiles Dieselaggregat, welches den Strom für die Ventilatoren lieferte. Es wurde am letzten Stationierungsort (Wald ZH) auf einem Gestell in passender Höhe gelagert und konnte bei Bedarf direkt auf die Ladefläche des stets als Traktionsmittel eingesetzten Tm II geschoben werden.

Die «Heizkanone», wie wir sie scherzhaft nennen wollen, blieb lange im Depot Rapperswil abgestellt, zum Glück vor der Witterung geschützt. Zuletzt stand sie in Wald ZH, und bis zu ihrer Entdeckung durch ein Mitglied des dsf, damals “Draisinensammlung Fricktal” und Überfuhr zum Standort Koblenz war es ein weiterer Schritt.

Derartige Geräte zum Auftauen von Schienen und Weichen sind auch aus dem Ausland bekannt. In der ehemaligen DDR wurden angeblich ausgediente Düsentriebwerke von Flugzeugen dazu verwendet. Auch bei der Standseilbahn Davos–Parsenn ist beispielsweise ein modernes Gerät im Einsatz, das den Kabinen bergseits vorangestellt werden kann.

Fotos: Ruedi Wanner

18 Jan

USB-Stick mit EA-Archiv: ein voller Erfolg!

Passend zum 70. Geburtstag des Eisenbahn Amateurs kündigte der EA auf Weihnachten einen USB-Stick an mit dem kompletten Archiv der Zeitschrift in pdf-Form. Kurz vor Weihnachten waren bereits Bestellungen von annähernd 1000 Sticks eingegangen, die gerade noch vor Weihnachten ausgeliefert wurden.

Die Daten können mit der Acrobat-Suchfunktion nach Stichworten durchsucht werden; damit wird es sehr einfach, Recherchen im EA zu tätigen.

Dafür brauchts eine recht grosse Datenmenge (der Stick kann 32 GB speichern, davon sind ca. 20 GB belegt). Es empfiehlt sich, die Daten lokal auf den eigenen Computer zu kopieren und den Stick als Sicherung aufzubewahren. Wer ein Abo+ des EA kauft, kann dann jedes Jahr die weiteren Jahrgänge hinzufügen.

Suchvorgänge laufen auf dem eigenen Computer naturgemäss dann deutlich schneller, als wenn im USB-Stick gesucht würde.

Noch keinen USB-Stick bezogen? Das EA-Archiv auf dem USB-Stick ist immer noch erhältlich!

Einige wenige Kunden erhielten einen Stick, auf dem Daten entweder fehlten oder nicht lesbar waren. Für die entstandenen Umstände entschuldigen wir uns natürlich. Es ist selbstverständlich, dass solche Sticks ausgetauscht werden.

Sollten Sie bei Ihrem Stick einen Fehler feststellen, dann melden Sie sich direkt beim Produzenten und senden Sie den Stick an folgende Adresse retour:

Genius Media AG, Daniel Wiedmer, Zürcherstrasse 180, 8501 Frauenfeld, print@geniusmedia.ch

08 Jan

Die einstigen Pachtstrecken der SBB

SBB NPZ mit Bt 50 85 29-35 931-9 und RBDe 560 131-5.  Vevey, 13.04.2006.   Blickrichtung nach Lausanne, anschliessend an den Zug ist noch das kurze Perrondach des damaligen Gleises 4 zu sehen (beides abgebrochen). Foto: R.Wanner

Von Ruedi Wanner

Die juristische Auflösung der Bahngesellschaft Vevey-Chexbres (VCh) mit Übergang an die SBB 2013 (EA 6/13) bietet Gelegenheit für einen Rückblick über diese einstige Pachtstrecke. Sie wurde auf Wunsch und unter starker finanzieller Beteiligung des Kantons und der Stadt Vevey gebaut, um die Anschlüsse Richtung Bern zu verbessern und den Umweg über Lausanne zu vermeiden. Die Eröffnung wurde 1904 gefeiert. Damals war Puidoux-Chexbres noch Schnellzugs-Halteort, ebenso wie Palézieux oder Romont. Von Anfang an wurde der Betrieb an die SBB verpachtet, VCh hatte weder Rollmaterial noch Personal. Die einzige Zwischenstation Chexbres-Village verlor 1981 ihre Nebengleise. Früher war talseitig eine Schutzweiche vorhanden, wohl mit Rücksicht auf das anschliessende starke Gefälle (44‰).

Bedarfsweise gab es bis Dezember 2014 noch die Haltestelle Le Verney (bei der Abzweigung des gleichnamigen Anschlussgleises). Diese Haltestelle diente nur dem Berufsverkehr. Die 8 Zugshalte täglich waren nicht publiziert, aber durch Abweichungen im Fahrplan um eine Minute erkennbar. (Bild von der Haltestelle EA 1/15)

Ferner besteht ein Halt bei Les Faverges, mitten in den gleichnamigen Rebbergen (Halt nur bei Bedarf für besondere Anlässe). Diese Infrastruktur ist noch schlichter und beschränkt sich auf einige Meter Mini-Perron und eine Halteort-Tafel H, immerhin.

Ein- und Ausfahrt der S7 erfolgen in Vevey über Gleis 5, dem früheren Gleis 6 am gemischten SBB-MVR-Perron. Früher stand dafür auch noch Gleis 4 zur Verfügung. Es lag jedoch etwas ausserhalb der übrigen Anlageteile (Seite Lausanne) und verschwand allerspätestens per Fahrplan 2013, als der Mittelperron für die RE Genève – Vevey angepasst wurde, allenfalls aber bereits früher?

Als Bedarfshalte gelten auch – weiter unten – Corseaux-Cornalles und Vevey-Funi. Beide wurden 1996 eröffnet. Dazu musste der bis 2012 ausschliesslich hier verkehrende, hübsch bemalte «Train de Vignes» (ein zweiteiliger NPZ, 560 131) als damals einziger SBB-Zug Tasten für Haltanforderung erhalten. Die eher schwach frequentierte Steilstrecke diente immer wieder für eigenartige Kompositionen: Einmal waren es die beiden, mit 12 und 14 t speziell leichten Pneuwagen Ap und Bp der SBB (Mitteleinstieg), um 1960 die Versuchswagen AB 3741 und B 5527 (Leichtstahl) mit dem Vorgängermodell der automatischen +GF+ – Kupplung, zusammen mit dem Fe 4/4 Nr. 1671. Bedingung war, wie bei den später eingesetzten Pendelzügen mit BDe 4/4, eine elektrische Bremse. Seither verkehrt hier ein dreiteiliger NPZ als S7 im Stundentakt (seit dem aktuellen Fahrplan 2018 allerdings unterschiedlich Mo-Fr und Sa/So) und so wird in diesen Zügen auch wieder die 1. Klasse angeboten, welche jahrelang fehlte.

Die Bahnbezeichnung VCh geht auf die Bahnhofnamen der Gründerzeit zurück; das heutige Puidoux-Chexbres hiess bis 1908 nämlich Chexbres-Puidoux. Beide Endpunkte erhielten Drehscheiben und Vevey ein eingleisiges Depot. Es war nur über die Drehscheibe zu erreichen und wurde 2016 abgebrochen. Die Drehscheibe in Vevey war 16 m lang und gehörte damit zu den kleineren, genügte aber offenbar den damaligen Verhältnissen. Sie war für Normal- und Schmalspur eingerichtet; das Schmalspurgleis befand sich zentriert in der Mitte, weshalb hier vier und nicht drei Schienen gelegt werden mussten. Die Linie wurde erst 1940 elektrifiziert. Die Verwaltung der rechtlich autonomen Bahn wurde während Jahrzehnten durch die MOB (später MVR) besorgt, zum Teil in Personalunion mit dem MOB-Direktor. Das juristische Ende der Pachtstrecke kam 2013 durch Rückkauf aller Aktien durch die SBB, nachdem letztere bereits vorher die überwältigende Aktienmehrheit hatten. Zuletzt gab es nur noch eine Postadresse im Bahnhof Vevey.

Das Einfahrsignal von Puidoux-Chexbres war bis 1997 eine elektrisch angetriebene Klappscheibe, nicht zu verwechseln mit der Hipp’schen Wendescheibe. Aufnahme vom 21.6.1991. Foto: R.Wanner

Die Strecke ist 7,8 km lang und hat ein starkes Gefälle von massgebenden 38‰, stellenweise sogar 44‰[1]. Deshalb sind spezielle Bremsvorschriften einzuhalten. In der Kategorie A «Starke Gefälle» sind Triebfahrzeuge ohne elektrische Bremse nicht zulässig. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt auf der Talfahrt 60 km/h und wird durch ZUB überwacht. Die Aussicht auf das Lavaux ist prächtig (seeseitig sitzen). Gelegentlich kamen auch Sonderzüge auf diese Linie; vor dem Bau des Lötschberg-Basistunnels konnten hier sogar internationale Schnellzüge umgeleitet werden. Die ehemalige VCh wird nach wie vor von Güterzügen befahren, in den Fahrplanjahren 2017 und 2018 waren/sind es je ein Zug Zürich Mülligen – Sion – Brig und RBL – Charrat-Fully, allerdings nicht täglich.

Weitere Pachtstrecken bestanden:

  • Wattwil-Ebnat-Kappel, mit der BT, 1910 -2005 bestehend und aufgelöst durch Übergabe an die SOB
  • Nyon -Crassier (-Divonne SNCF), Kanton Waadt, 1905-1962, beendet durch Bau der Autobahn. Das nie elektrifizierte Gleis blieb bis Eysins für Güterverkehr erhalten.
  • Wohlen-Bremgarten West, Dreischienengleis mit BD (später BDWM), 1912-2016, durch Abbruch der 3. Schiene (Normalspur) beendet.

[1] Dieses Maximalgefälle ist nicht angeschrieben

Probefahrt mit RBDe 4/4 75 am 12. 11. 1982 Ebnat-Kappel – Wattwil. Foto Chr. Ammann

Der ehemalige Bahnhof Crassier, fotografiert 1976, also 14 Jahre nach der Aufhebung der Bahn. 2015 sollte er zugunsten einer Neuüberbauung verschwinden. Foto Chr. Ammann 

 

30 Dez

Winter-Impressionen 2015 im Vallée de Joux

Von Pascal Siegfried

Am 19. Februar 2015 wollte es der Zufall, dass ich bei einem Ausflug ins Vallée de Joux in Vallorbe den Zug erwischte, welcher den Güterwagen für die Abfallcontainer mitnahm. So reichte es zwar nicht für ein Foto auf der Strecke. Dafür stellte ich in Sentier-Orient erfreut fest, dass der dortige Rangiertraktor TemIII 329 (97 85 1220 329-7, gebaut 1957, 2012 von TRAVYS übernommen) mit laufendem Dieselmotor bereitstand, um den Wagen wegzustellen. Kaum ausgestiegen, war der Güterwagen auch schon vom Planzug abgekuppelt, der sogleich nach Le Brassus weiterfuhr.

Von der andern Seite der Gleise versuchte ich mein Fotoglück. Mit den vielen abgestellten Autos, etwas Gegenlicht, dem Bahnübergang und vielen Fahrleitungsmasten war es gar nicht so ein einfaches Unterfangen. Doch das Resultat darf sich durchaus sehen lassen und stellt eine willkommene Bereicherung in der Fotosammlung dar.

Selbstverständlich hat es an dem Tag auch das ein- oder andere Bild der Planzüge gegeben.

25 Dez

SBB-Rangiertraktor Te I 33 – im Schnee von vorgestern

Im EA 1/18 wird die Serie über die Rangiertraktoren fortgesetzt: Teil 7: Elektrische Rangiertraktoren TeI und Zweikraft-Rangiertraktoren TemI..

Die kleinen Stationstraktoren waren selten als Fotoobjekt gesucht. Erst als sie Mitte der 1990er-Jahre mehr oder weniger verschwunden waren, bedauerte man, die unscheinbaren, aber für den Güterverkehr auf den Stationen so charakteristischen Fahrzeuge nicht öfter fotografiert zu haben.

Ein Ausnahmefall war der TeI 33, dem ich in frisch revidiertem Zustand mit roter SBB-Neulackierung am 9. Januar 1985 bei herrlichstem Winterwetter in der verschneiten Station Siebnen-Wangen begegnete. Er war Fotoobjekt erster Güte und… ist deshalb heute wohl der einzige TeI   in meiner Fotosammlung!

Wie wir aus der Tabelle im EA 1/18 entnehmen können, wurde er 1942 bei SLM und MFO erbaut, ursprünglich als TeI 183 in grüner Lackierung abgeliefert. Und er war einer der wohl einzigen 6 TeI, die vor Abschluss ihrer Karriere noch einen roten statt braunroten Anstrich bekamen.

22 Dez

1877 – 1882, zweites Gleis Otelfingen-Wettingen

Wettingen: Der Prellbock des heutigen Abstellgleises 12 erinnert an das frühere NOB-Gleis nach Bülach. In einem 2013 genehmigten «Mehrjahresprogramm öffentlicher Verkehr» skizziert der Kanton Aargau nebst anderen Ergänzungen (Haltestelle Tägerhard) einen Doppelspurabschnitt von Wettingen Richtung Würenlos. Dieser käme dann genau auf das frühere NOB-Trassee zu liegen.

Von Ruedi Wanner

Zwischen Otelfingen und Wettingen gab es während 5 Jahren ein zweites Gleis. 1877 fuhr die Nationalbahn [SNB] von (Konstanz/Singen – Winterthur -)Seebach nach Wettingen (-Zofingen), ebenso die Nordostbahn [NOB] von Bülach her. Der Bahnhof Wettingen wurde erst in diesem Zusammenhang erstellt, ebenso die beiden Limmatbrücken. Das alte Trassee der ersten Bahn von 1847 führte südlich davon auf der linken Limmatseite nach Baden. Aber ob die Gleise der beiden Bahnverwaltungen einzeln oder als Doppelspur betrieben wurden, blieb lange ein Rätsel. Die Literatur gibt unterschiedliche Angaben dazu. Was stimmt? Der Vermerk «Parallelstrecke» (HGW, 1980) trifft den Nagel wohl auf den Kopf.

Reisekarte der Schweiz, 1931

Der Vertrag vom 9. Januar 1875, abgeschlossen zwischen der «Eisenbahngesellschaft Winterthur-Zofingen» (spätere SNB) und der NOB liegt in gedruckter Form vor (8 Seiten). Wichtigstes Zitat daraus: «Der Betrieb auf der Bahnstrecke Wettingen-Otelfingen wird doppelspurig ausgeführt. Jede der kontrahierenden Gesellschaften wird ihre Züge technisch selbständig über diese Bahnstrecke fahren lassen». 

Die oft gehörte Version, wonach die Züge das einzeln finanzierte Gleis (SNB das südliche, NOB das nördliche) benützen mussten, ist damit vom Tisch. Die Betriebsverwaltung der NOB war zuständig für Leitung und Überwachung des Fahrdienstes; es galten die NOB-Vorschriften für den Betriebsdienst. Das Personal der 3 gemeinsamen Stationen (Otelfingen/Würenlos/Wettingen) wurde ebenfalls durch die NOB gestellt, wie ja überhaupt die Übermacht von Eschers NOB gegenüber dem ungeliebten, finanziell schmalbrüstigen Unternehmen SNB allgegenwärtig war. Die Abrechnung der Stationen musste (wegen der Kostenanteile) getrennt erfolgen.  Für den Bau der unteren Limmatbrücke, des Bahnhofes Wettingen und der Strecke bis Otelfingen wurde ein Kostenteiler von 65% NOB und 35% SNB vereinbart. Jede Bahn musste den Oberbau zwar getrennt, aber nach den Normen der NOB, beschaffen und erstellen.

Allerdings: «An die Anlagekosten inklusive Stationen Würenlos und Otelfingen hat die «Eisenbahngesellschaft Winterthur-Zofingen» vorab Fr. 40‘000.- zu leisten und sodann von der nach Abzug dieses Betrages verbleibenden Summe die Hälfte als ihr weiteres Kostenanteil zu übernehmen». 

Tröstlich ist dagegen:  «Die Reisenden samt Gepäck können für diesen Verkehr die Züge der beiden Gesellschaften benützen». Damit ist die etwa gehörte Version, Billette (und Abonnemente, sofern es solche schon gab) seien nur auf den Zügen der entsprechenden Verwaltung gültig, definitiv vom Tisch, auch wenn die Tarife im Vertrag nicht speziell erwähnt sind.

Die einstige Haltestelle Kempfhof (Strecke Würenlos – Otelfingen) diente einem bescheidenen Pendlerverkehr der Badener Grossindustrie. Auf dem frei gewordene Trassee wurde ein einfacher, heute längst mit Gras überwachsener Perron mit etwas Kies planiert. Diese Haltestelle war nicht im Kursbuch publiziert, diente nur wenigen Anwohnern (zuletzt einem einzigen) und bestand bis zum Taktfahrplan 1982.

Das Problem der offenbar im Linksverkehr benützten Doppelspur löste sich von selbst nach dem Konkurs der SNB im Jahre 1878, der Übernahme durch die NOB und erst recht mit dem Abbruch des 2. Gleises zwei Jahre später. Für die wenigen Fahrten beider Strecken (nach Konzession 3 Zugspaare täglich, somit 12 Reisezüge pro Tag) genügte das einzige, ex-SNB-Gleis völlig. Spuren des ex-NOB-Gleises sind dagegen auch im Zeitalter der S-Bahn  immer noch sichtbar: durchgehendes 2. Trassee auf der Nordseite, einige 100 m Abstellgleis in Wettingen sowie 2 Brückenfundamente zwischen Würenlos und Otelfingen.

Bei der kleinen Unterführung (Haselstrasse) sind die Widerlager auf der Nordseite noch deutlich erkennbar, ebenso etwas weiter östlich bei der Passage Dolissensteig. Noch weiter östlich, im Gebiet Aspächer, wurde inzwischen eine neue, eingleisige Unterführung erstellt.

Zwischen Winterthur und Effretikon dürfte es mit dem 3. Gleis anders gelaufen sein, da beherrschte die NOB die bereits bestehende Doppelspur und liess die SNB gnädigst ihr eigenes Gleis auf der Nordseite anbauen. Auch hier sind noch Spuren zu sehen; lange standen die Fahrleitungsjoche vorsorglich über das (nicht mehr vorhandene und somit nie elektrifizierte) 3. Gleis.

Text und Fotos: Ruedi Wanner

03 Dez

60 Jahre „neuer“ Schweizer Bahnhof Konstanz – ein fast verpasster Geburtstag

60 Jahre Schweizer Bahnhof Konstanz? Klar, das Jubiläum betrifft nur das „neue“ Empfangsgebäude von 1957, den in die Jahre gekommenen Flachdachbau, wo heute der Deutsche Zoll die Mehrwertsteuerquittungen der Schweizer Kaufkundschaft abstempelt und seit 2013 der Sport Outlet untergebracht ist.

Denn die Schweizer Bahnen sind schon seit bald 150 Jahren in Konstanz präsent: Am 29. Juni 1871 fand die feierliche Eröffnung der Nordostbahnstrecke Romanshorn – Konstanz statt. Und am 15. Juli 1875 hielt die Schweizerische Nationalbahn mit einem einzigartigen Eröffnungsprogramm und drei Festzügen in Konstanz Einzug. Ziel und Start aller Schweizer Züge im Raum Kreuzlingen war Konstanz. Erst ab 1898 wurde fahrplanmässig auch die Strecke zwischen den heutigen Bahnhöfen Kreuzlingen und Kreuzlingen Hafen befahren. Auch für die am 19. Dezember 1911 eröffnete Mittel-Thurgau-Bahn MThB spielte die Stadt Konstanz eine wichtige Rolle.

Das am 29. Mai 1957 mit einer kleinen Feier eingeweihte und am frühen Auffahrtsmorgen, 30. Mai 1957, in Betrieb genommen Aufnahmegebäude beendete den jahrzehntelangen schweizerisch-deutschen Streit um die alte Provisoriumsbaracke.  

Schon vor dem 1. Weltkrieg hatte die Schweizer Seite die Verhältnisse als unzumutbar kritisiert. Doch die badischen Pläne für einen neuen Konstanzer Bahnhof (nicht weniger als sieben Varianten), die mögliche Verlegung ins Paradies, später sogar der Plan eines Zentralbahnhofs Konstanz-Kreuzlingen im Tägermoos, liessen das Barackenprovisorium jahrzehntelang zum Definitivum werden. Zwei Weltkriege, mangelnde Finanzen und die Uneinigkeit über den Standort der Bahnhöfe in Konstanz wie auch in Kreuzlingen trugen das ihre dazu bei. 

Schon in der alten Baracke entfaltete nach dem 2. Weltkrieg der SBB-Reisedienst Konstanz seine heute vergessenen Aktivitäten und brachte in wöchentlichen Extrazügen deutsche Gäste nach Schweizer Ausflugszielen, nach Graubünden, ins Tessin, die Ost- und Zentralschweiz.

Gemäss SBB-Nachrichtenblatt 8/1957 beherbergte das neue, crèmefarben verkleidete Gebäude nun auf einer Fläche von 750 m2 „alle für die bahn- und zollseitige Abfertigung der Reisenden nötigen Anlagen“: Damals drei Schalter für den Billettverkauf, Geldwechsel und Gepäckverkehr, die Zollabfertigungsräume und Büroräume des schweizerischen und deutschen Zolldiensts, Gepäckraum, Wartsaal, Aufenthaltsräume für das Personal, Toiletten und einen kleinen Verpflegungskiosk. Gegen die Platzseite bestand im Büro die „Auskunft“ mit offener Beratungstheke, geschmückt mit einem hübschen Wandbild mit dem Blick von Meersburg auf den Säntis.

Die Redner rühmten die die hell, freundlich und zweckmässig eingerichteten Räume als ein in jeder Beziehung gelungenes Bauwerk, ein Gemeinschaftswerk als Symbol freundnachbarlicher Beziehungen zwischen freien Völkern und eines wiedererstandenen freien Reiseverkehrs über die Grenzen. Erst am 1. September 1950 war der Personenverkehr zwischen Konstanz und Kreuzlingen wieder definitiv aufgenommen worden.

Das Gebäude gehört der DB und wurde an die SBB verpachtet. Am 22. Mai 2010 beendete die neue Mobilitätszentrale am Konstanzer Bahnhof seine Rolle als „Schweizer Bahnhof“. Nun rückten DB, SBB, SBB Deutschland GmbH (“Seehas“) und Tourist-Information im historischen badischen Bahnhofgebäude von 1866 zusammen.

Am 27.Mai 2010 ist der Schweizer Bahnhof schon fast leer geräumt.

Der einstige Weg in die Schweiz…Heute ist der Zollrevisionssaal Sport Outlet.

Doch auch die Rolle des SBB-Verkaufs änderte sich: Vorübergehend war der Verkaufsdienst Konstanz mit der Seelinie an die MThB übergegangen, danach an Thurbo, später zurück an die SBB. Den SBB-Reisedienst hatte inzwischen längst RailAway abgelöst. Dafür bedrängten oder verdrängten neue SBB-Dienstleistungen die Reiseberatung, an prominenter Stelle Global Blue, die Rückerstattung der Mehrwertsteuer am SBB-Billettschalter, mit bis zu 300 Geschäften täglich. Doch auch „Global blue“ ist seit Ende 2015 bereits wieder Geschichte, eine winzige Episode in bald 150 Jahren Präsenz der Schweizer Bahnen in Konstanz.

Erst 5 Tage in Betrieb waren damals die beiden Verkaufsschalter in der Mobilitätszentrale.

Fotos vom Autor, E. Maurer und G.Hipp.

 

 

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