Fast vergessen: Der Gibraltar-Tunnel in Luzern
Von Ruedi Wanner
Bei jeder Bahnfahrt nach Luzern hat mich jener unbenützte Tunneleingang fasziniert, der nach Einmündung der Gotthardlinie links sichtbar ist. Somit galt es, nach kurzem Blick nach rechts auf die nach jahrelangem Unterbruch wieder erstandene Gütschbahn (heute 2 getrennte Schräglifte) wieder links zu sitzen…
Leider mit Parkplätzen verstellt: Das Nordportal. Rechts wäre die heutige SBB-Zufahrt nach Luzern.
Lokale Nachforschungen zum Gibraltar-Tunnel, so der offizielle Name (wohl wegen der Gibraltarstrasse), brachten folgende Resultate:
In Betrieb genommen 1859 durch die Schweizerische Centralbahn (SCB), Länge 317 m. Zunächst nur für den Verkehr Richtung Olten, ab 1864 auch nach Zug-Zürich (via Affoltern a.A.). Nach Eröffnung der Linie nach Wolhusen (1875) und erst recht mit dem direkten Zubringer zur Gotthardbahn nach Immensee (1897) wurde die Kapazität allgemein zu klein, was zur völligen Neugestaltung des Bahnhofes und seiner Zufahrt führte. Bis dahin fuhr die Bahn auf dem Areal der heutigen Pilatusstrasse zum alten Bahnhof, den wir uns um 45 o gedreht vorstellen müssen.
Das etwas versteckte Südportal, rechts liegt das Gebäude der Kantonspolizei LU. Näher dran, geht es sogar ohne Autos. Sieht nach Lagerraum aus, ist aber abgeschlossen.
Der alte Gibraltar-Tunnel wurde auf Anfang 1896 durch den heutigen, mit 326 m unwesentlich längeren Gütschtunnel ersetzt, die prekäre Situation in der Stadt mit vielen Bahnübergängen durch den 199 m langen Schönheim-Tunnel entschärft und die Zufahrt mit weit grösserem Radius von Süden her eingeführt.
Das vom Zug aus kurz sichtbare Nordportal liegt ganz in der Nähe der Gütschbahn, hinter der Senti-Kirche, das Südportal an der Vonmattstrasse hinter dem Gebäude der Luzerner Kantonspolizei. Beide sind zugänglich, aber durch parkierte Fahrzeuge belegt. Ein Käsehändler nützt die dunkle, feuchte Ambiance des Tunnels für die Lagerung und sogar für Höhlen-Events aus (Gibraltarstrasse 25a, www.chaes-chaeller.ch). Das Südportal liegt etwa auf der Höhe des Spurwechsels Heimbach zwischen den erwähnten beiden heutigen Tunnels.
Kurioser Tunnelname: Auf der Ostseite der Stadt Luzern, am Ende der heutigen Station Luzern Verkehrshaus, ex Dienststation Würzenbach, schliesst der 166 m lange Tunnel «Schiltennüni» an. Der heute ganz offizielle Name geht auf ein früheres Wohnhaus zurück, das beim Tunnelbau 1897 noch bestand und durch Anzahl und Anordnung der Fenster ziemlich genau der Jasskarte entsprach. Ein Tunnelportal wie viele andere, aber der exotische Name dürfte doch stark auffallen.
Text und Fotos: Ruedi Wanner, 9. März 2017