30 Apr

Eisenbahn in Berchtesgaden

Das Bahnhofsareal von Berchtesgaden mit dem touristischen Panorama des Hausberges, dem “Watzmann”. In der Mitte ist das wuchtige Bahnhofsgebäude zu sehen, nach links hinten führte einst die Königsseebahn, und vorne liegen die Stumpengeleise – heute nur noch zum Rangieren und Umsetzen der Loks genutzt – die einst weiterführten in Richtung des Fotografen, der oberhalb des noch existierenden Tunnelportals der geplanten Verbindung nach Salzburg steht.

Die bayrische Gemeinde Berchtesgaden wurde früh als Tourismusziel bekannt dank dem malerischen Königssee, über dem der Berg “Watzmann” tront. Bereits 1886 erreichte die Bahn von München über Bad Reichenhall her Berchtesgaden. Ab 1907 wurde Berchtesgaden mit einer Lokalbahn mit Salzburg verbunden, und 1909 ging die Königsseebahn in Betrieb.
In den 30er Jahren wurde Berchtesgaden ins Licht der Weltöffentlichkeit gerückt, weil Adolf Hitler auf dem Berghof einzog und viele Nazi-Bonzen ihre Feriendomizile rundum bezogen. Dafür war der Bahnhof von Berchtesgaden zu wenig repräsentativ, und 1938 wurde ein neuer, deutlich grösserer Bahnhofsbau errichtet, dessen Architektur mit einer Mischung aus Neoklassizismus und brutalem Heimatstil bis heute seine geistigen Väter verrät.
Gleichzeitig wurde die Bahn nach Salzburg stillgelegt, da man statt der Lokalbahn eine neue Vollbahnverbindung nach Salzburg bauen wollte. Ein Tunnel unter Berchtesgaden wurde noch begonnen und 1940 fertiggestellt, der Rest der Strecke aber wurde im Krieg nicht mehr in Angriff genommen. Der Tunnel diente offenbar im 2. Weltkrieg als Schutzbunker für Görings Reisezug …
Der eisenbahntechnische Höhepunkt in Berchtesgaden war erreicht; nach dem 2. Weltkrieg begann der Niedergang. Über die Jahre wurde das Bahnhofsareal verkleinert, 1966 die Königsseebahn eingestellt, die Verbindung nach Salzburg fallengelassen und die Geleise zum und im Tunnel dazu entfernt.
Heute wird die Linie nach Freilassing/München von der Berchtesgadener Land Bahn als S-Bahn bedient, es verkehren aber auch Schnellzüge der DB. Im Zeichen der Aufwertung des öffentlichen Verkehrs wird über eine Verlängerung der Bahnlinie durch den Tunnel bis zu den touristischen Zentren von Berchtesgaden nachgedacht. Ausserdem ist eine Königsseebahn in Planung, die vom Königssee bis nach Salzburg führen soll.

Blick aufs Tunnelportal der nie realisierten Verbindung nach Salzburg. Der Tunnel dient heute der Gemeinde als Lagerplatzes des Werkhofes. An der seitlichen Stützmauer die Jahrzahl der Fertigstellung – die Zahlen scheinen etwas unmotiviert verteilt. Aber 1940 befand sich dazwischen noch der “Reichs-Pleitegeier”, der nach dem Krieg aus naheliegenden Gründen weggemeisselt wurde.

Bis etwa 2015 konnte über ein düsteres Treppenhaus (Ausgang hinten in Bildmitte) im Bahnhof eine Passerelle über die Gleise erreicht werden, die Fussgänger direkt ins Stadtzentrum von Berchtesgaden brachte, das erhöht auf einem Hügel liegt. Bereits damals sah diese Eisenkonstruktion mit Bohlenbrettern ziemlich marode aus, und offensichtlich wird sie nicht mehr unterhalten – typisch DB. Heute ist sie gesperrt, die Fussgänger müssen die Perronunterführung nutzen und dann den Hügel hinaufkeuchen.

Wie auf vielen weniger frequentierten Strecken der Deutschen Bahn sind auch im Berchtesgadener Land überall noch Formsignale zu sehen.

Der Fahrbetrieb wird durch die Berchtesgadener Land Bahn durchgeführt mit bequemen Fahrzeugen aus dem Hause Stadler Rail.

03 Dez

60 Jahre „neuer“ Schweizer Bahnhof Konstanz – ein fast verpasster Geburtstag

60 Jahre Schweizer Bahnhof Konstanz? Klar, das Jubiläum betrifft nur das „neue“ Empfangsgebäude von 1957, den in die Jahre gekommenen Flachdachbau, wo heute der Deutsche Zoll die Mehrwertsteuerquittungen der Schweizer Kaufkundschaft abstempelt und seit 2013 der Sport Outlet untergebracht ist.

Denn die Schweizer Bahnen sind schon seit bald 150 Jahren in Konstanz präsent: Am 29. Juni 1871 fand die feierliche Eröffnung der Nordostbahnstrecke Romanshorn – Konstanz statt. Und am 15. Juli 1875 hielt die Schweizerische Nationalbahn mit einem einzigartigen Eröffnungsprogramm und drei Festzügen in Konstanz Einzug. Ziel und Start aller Schweizer Züge im Raum Kreuzlingen war Konstanz. Erst ab 1898 wurde fahrplanmässig auch die Strecke zwischen den heutigen Bahnhöfen Kreuzlingen und Kreuzlingen Hafen befahren. Auch für die am 19. Dezember 1911 eröffnete Mittel-Thurgau-Bahn MThB spielte die Stadt Konstanz eine wichtige Rolle.

Das am 29. Mai 1957 mit einer kleinen Feier eingeweihte und am frühen Auffahrtsmorgen, 30. Mai 1957, in Betrieb genommen Aufnahmegebäude beendete den jahrzehntelangen schweizerisch-deutschen Streit um die alte Provisoriumsbaracke.  

Schon vor dem 1. Weltkrieg hatte die Schweizer Seite die Verhältnisse als unzumutbar kritisiert. Doch die badischen Pläne für einen neuen Konstanzer Bahnhof (nicht weniger als sieben Varianten), die mögliche Verlegung ins Paradies, später sogar der Plan eines Zentralbahnhofs Konstanz-Kreuzlingen im Tägermoos, liessen das Barackenprovisorium jahrzehntelang zum Definitivum werden. Zwei Weltkriege, mangelnde Finanzen und die Uneinigkeit über den Standort der Bahnhöfe in Konstanz wie auch in Kreuzlingen trugen das ihre dazu bei. 

Schon in der alten Baracke entfaltete nach dem 2. Weltkrieg der SBB-Reisedienst Konstanz seine heute vergessenen Aktivitäten und brachte in wöchentlichen Extrazügen deutsche Gäste nach Schweizer Ausflugszielen, nach Graubünden, ins Tessin, die Ost- und Zentralschweiz.

Gemäss SBB-Nachrichtenblatt 8/1957 beherbergte das neue, crèmefarben verkleidete Gebäude nun auf einer Fläche von 750 m2 „alle für die bahn- und zollseitige Abfertigung der Reisenden nötigen Anlagen“: Damals drei Schalter für den Billettverkauf, Geldwechsel und Gepäckverkehr, die Zollabfertigungsräume und Büroräume des schweizerischen und deutschen Zolldiensts, Gepäckraum, Wartsaal, Aufenthaltsräume für das Personal, Toiletten und einen kleinen Verpflegungskiosk. Gegen die Platzseite bestand im Büro die „Auskunft“ mit offener Beratungstheke, geschmückt mit einem hübschen Wandbild mit dem Blick von Meersburg auf den Säntis.

Die Redner rühmten die die hell, freundlich und zweckmässig eingerichteten Räume als ein in jeder Beziehung gelungenes Bauwerk, ein Gemeinschaftswerk als Symbol freundnachbarlicher Beziehungen zwischen freien Völkern und eines wiedererstandenen freien Reiseverkehrs über die Grenzen. Erst am 1. September 1950 war der Personenverkehr zwischen Konstanz und Kreuzlingen wieder definitiv aufgenommen worden.

Das Gebäude gehört der DB und wurde an die SBB verpachtet. Am 22. Mai 2010 beendete die neue Mobilitätszentrale am Konstanzer Bahnhof seine Rolle als „Schweizer Bahnhof“. Nun rückten DB, SBB, SBB Deutschland GmbH (“Seehas“) und Tourist-Information im historischen badischen Bahnhofgebäude von 1866 zusammen.

Am 27.Mai 2010 ist der Schweizer Bahnhof schon fast leer geräumt.

Der einstige Weg in die Schweiz…Heute ist der Zollrevisionssaal Sport Outlet.

Doch auch die Rolle des SBB-Verkaufs änderte sich: Vorübergehend war der Verkaufsdienst Konstanz mit der Seelinie an die MThB übergegangen, danach an Thurbo, später zurück an die SBB. Den SBB-Reisedienst hatte inzwischen längst RailAway abgelöst. Dafür bedrängten oder verdrängten neue SBB-Dienstleistungen die Reiseberatung, an prominenter Stelle Global Blue, die Rückerstattung der Mehrwertsteuer am SBB-Billettschalter, mit bis zu 300 Geschäften täglich. Doch auch „Global blue“ ist seit Ende 2015 bereits wieder Geschichte, eine winzige Episode in bald 150 Jahren Präsenz der Schweizer Bahnen in Konstanz.

Erst 5 Tage in Betrieb waren damals die beiden Verkaufsschalter in der Mobilitätszentrale.

Fotos vom Autor, E. Maurer und G.Hipp.

 

 

31 Mai

Molli, die Bäderbahn mit Dampfbetrieb

 

Die Mecklenburgische Bäderbahn ist eine dampfbetriebene Schmalspurbahn in Mecklenburg-Vorpommern. Ihre Spurweite beträgt 900 Millimeter. Die 15,43 Kilometer lange Strecke wird heute vom Eisenbahnverkehrsunternehmen Mecklenburgische Bäderbahn Molli (MBB) betrieben und verbindet Bad Doberan mit Heiligendamm und dem Ostseebad Kühlungsborn. Die Fahrzeit beträgt circa 40 Minuten.

Am 19. Juni 1886 erteilte Friedrich Franz III., Großherzog von Mecklenburg die Konzession für Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn vom Bahnhof Doberan nach Heiligendamm. Dieses erste Teilstück ging am 9. Juli 1886 in Betrieb. Es wurde damals von der Doberan-Heiligendammer-Eisenbahn geführt. Der Verkehr auf der 6,61 Kilometer langen Strecke fand zunächst nur während der Sommersaison statt. Am 13. März 1890 verstaatlichte das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin die Bahn und gliederte sie in die Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn ein.

Am 18. Dezember 1908 beschloss man, die Bahn bis ins Ostseebad Arendsee zu verlängern, das 1938 unter dem Hitler-Regime mit den Nachbargemeinden Brunshaupten und Fugen zum Ostseebad Kühlungsborn zusammengeschlossen wurde. 1910 wurde auch der Güterverkehr aufgenommen; die Bahn verkehrte nun ganzjährig. Ab dem 1. April 1920 gehörte sie zur Deutschen Reichsbahn.

Nach der Wende ging die Bahn an die DB über, bevor sie vom Landkreis und den beiden Städten Kühlungsborn und Bad Doberan übernommen und seither erfolgreich betrieben wird. Gleichzeitig wurden die heruntergekommenen Häuser in den Bädern restauriert, der Tourismus begann wieder zu florieren.

Ich habe 2013 das malerische Badestädtchen Kühlungsborn besucht, wobei diese Aufnahmen der kleinen Dampfbahn (die auch heute noch im Regelverkehr mit Dampf fährt) entstanden sind.