24 Nov

Rümikon-Mellikon – fünftletzter SBB-Bahnhof mit Kartonbilletten

Matthias Huber, Thun

Bahnstation Rümikon-Mellikon am 29.04.1994. Damals wurde der Regionalverkehr auf dieser Strecke noch mit BDe 4/4-Pendelzügen abgewickelt. Fotos: Matthias Huber

Als Ergänzung zum Artikel «Auf Ambulanz in Rümikon-Mellikon» in EA 9/24 erfolgt hier ein Blick auf das Thema Fahrkarten. Am Schalter in Rümikon-Mellikon konnten noch bis zu dessen Schliessung am 27. Mai 1994 Kartonbillette gekauft werden (Format Edmondson, vorgedruckt aus dem Billettkasten). Rümikon-Mellikon war damit der fünftletzte Bahnhof der SBB, wo solche noch regulär verkauft wurden. Nach der Schliessung des Schalters auf den Fahrplanwechsel im Mai 1994 verblieben noch Schübelbach-Buttikon (bis 26.08.1994), Balerna (bis 23.09.1994) und Oberkirch bei Sursee (Verkauf durch den Barrierenwärter bis 07.04.1995). Am 05.11.1997 wurden dann die allerletzten SBB-Kartonbillette verkauft, und zwar in Kaiserstuhl am Brünig (heute Zentralbahn, damals noch SBB). Der Schalter in Kasierstuhl wurde jedoch noch nicht geschlossen, sondern mit einem Elektronischen Schaltergerät (ESG) ausgerüstet, da die fahrdienstliche Besetzung weiter erforderlich war. Die meisten Bahnhöfe wurden zwischen 1991 und 1993 auf das ESG umgestellt. Stationen wie Rümikon-Mellikon, bei denen die Schliessung kurz bevorstand, durften das Kastensystem noch etwas länger nutzen.

In EA 4/94 wurde ein Hinweis veröffentlicht, der eine Reise des Autors nach Rümikon-Mellikon auslöste. Diese musste auf die bescheidenen Schalteröffnungszeiten (Montag-Freitag 07.10 Uhr bis 09.10 Uhr) ausgerichtete werden, um noch Billette kaufen zu können. Dies gelang am Freitag 29. April 1994. Da der Datumprägestempel kurz vor Schalterschluss am Freitag 29. April um 9 Uhr schon auf den folgenden Montag 2. Mai 94 gedreht war, und die Billette zu Sammlerzwecken erworben wurden, tragen sie nicht das Verkaufsdatum, im Gegensatz zum gleichentags erworbenen handgeschriebenen Billett nach Schwaderloch.

Billette gekauft am 29 April 1994, datiert auf 2. Mai 1994 nach Zurzach/Weiach/Rekingen (halbes einfach), nach Eglisau/Koblenz (ganzes einfach) und nach Bülach retour. Die beiden mit dem roten Stempel wurden vor der letzten Tariferhöhung gedruckt und manuell «aufgepreist».

Gefahrenes Billett vom 6. Mai 1991 für eine Hinfahrt von Rümikon-Mellikon nach Zurzach (oder Weiach-Kaiserstuhl) mit je einer Lochung eines Zugbegleiters aus dem SBB-Kreis III (Dreieck) resp. Kreis II (oval).

Text und Fotos: Matthias Huber,

17 Nov

Die RhB wird in Augsburg eingemottet

Von Reinhard Christeller, BEA

Hier gibt es mehr Krokodil-Lokomotiven der Rhätischen Bahn als diese selbst hat. Und dort wartet gerade ein Capricorn Regionalzug vor dem roten Signal auf die Weiterfahrt. Hier nähern sich zwei heftig qualmende Dampflokomotiven, die ein paar historische Personenwagen ziehen, dort kündigt der Lautsprecher gerade den nächsten Personenzug an, und hier zieht eine moderne Lokomotive einen Güterzug mit Containern von Coop oder mit Calanda Bier.

Und auch der Glacier Express fährt gerade vorbei. Überall hat es Leute, manche im Badeanzug im Schwimmbad oder auf ihrer Dachterrasse. Dort drüben, oh Schreck, brennt gerade ein Haus bis auf die Grundmauern nieder, die schwarzen Balken sind noch zu sehen und der Rauch verzieht sich gerade.

Das alles ist vorderhand Vergangenheit. Am 9. November 2024 gab es im Bahnpark Augsburg die letzte öffentliche Vorführung der 33 m langen und 12 m breiten Modelleisenbahnanlage mit Modellfahrzeugen in Spur G mit einer Spurweite von 45 mm, im Maßstab 1:22,5 mit beinahe eineinhalb Kilometern Geleisen und 155 Weichen die weltweit grösste öffentlich zugängliche Fahrzeugsammlung der Rhätischen Bahn.

Von der Dampflok 1 bis zum modernen Capricorn Triebzug wurde jede Fahrzeugepoche der RhB dargestellt. Neben beinahe 1000 Wagen und Lokomotiven waren auch mehr als 6000 Figürchen, Menschen und Tiere in den verschiedensten Szenarien aufgestellt.

Auch Harry Potter war dort in Miniatur zu sehen, genau so wie auch der Mentor und Promotor der Anlage, der Bahn- und Informatikspezialist Jürgen Drexler, in 3D gedruckt, irgendwo zwischen den anderen Figürchen. 99 % der Fahrzeuge sind von Märklin/LGB, einige von Kiss, ESU und Eigenbauten. Viele Loks sind mit Folie beklebt oder von Kiss Modellbahnservice umlackiert worden.

Alle Loks und Triebwagen haben Digitaldecoder und 70 % auch Soundmodule und es gibt 50 Doppeltraktionen. Die insgesamt 24 Blockstellen werden durch die Digitalsteuerung der Firma Lenz automatisch gesteuert. Zusätzlich werden die Züge auch mit Funkhandreglern angesteuert wenn Sie die Blockstrecke verlassen und einfahren. Ein Display zeigt die belegten Abschnitte im Steuerstand. Die gesamte Anlage verbraucht etwa 10 kWh Strom in der Stunde bei bis zu 16 gleichzeitig eingesetzten Zügen. Im Vergleich zum Stromverbrauch einer einzelnen Grosstraktion-Elektrolokomotive von bis zu rund 5000 kWh ein bescheidener Aufwand gemessen an der von der Anlage erzeugten Freude.

Jürgen Drexler hat die Anlage mit anderen Bahnbegeisterten in Freiwilligenarbeit in den 10 Jahren seit 2013 sukzessive aufgebaut. Sie hat zwei Ebenen, auf denen gleichzeitig bis zu 16 über 5 Meter lange Züge verkehren können. Und der Reichtum an kleinen und großen, mit viel Liebe gebauten Geschichten, Alltags- und anderen Szenen war es, was diese Modellanlage so beliebt machte. An manchen Öffnungstagen strömten 300 bis 500 Besucher in die Halle, darunter viele Familien, von denen manche bis zu zweieinhalb Stunden an der Modellanlage verbrachten. Es war nicht nur der lange, belebte Bahnhof, der die Blicke auf sich zog. Eigentlich steckte jeder Quadratdezimeter der Anlage voller neuer Eindrücke.

Wenn jeweils im November der Bahnpark die „Nacht der Giganten“ ausrief, lief die Modellbahn zur Hochform auf: Dann nämlich war sie bis im letzten Winkel beleuchtet – mit mehr als 220 Lampen sowie unzähligen LEDs. Und die Züge ratterten mit hellen Scheinwerfern und roten Schlusslaternen durch die Nacht.

Aber nun fuhr die Rhätische Bahn in Augsburg am 9. November 2024 in ihrer erst einmal letzten „Nacht der Giganten“. Jetzt ist Schluss, sie muss hinaus, die ehemalige Lokomotivhalle wird renoviert und andern Zwecken zugeführt. Die Anlage wird abgebaut und zwischengelagert. „Die große Hoffnung ist, dass wir eine neue Bleibe finden, wir sind für jeden Hinweis dankbar.“ sagt Drexler. Wo findet die RhB Asyl? Die Erlebnisbahn, die einen kompakten Überblick über die Fahrzeughistorie der RhB gibt, soll wieder aufleben, am liebsten in Augsburg oder nicht zu weit davon entfernt.

Webseite: www.modellbahn-im-bahnpark.eu

Kontakt: tramway -at- christeller.net

Wer ist Jürgen Drexler?

Schon in seiner Jugend war Jürgen Drexler (56) von Bahn und Tram begeistert. Als gelernter Koch bildete er sich auf dem Gebiet der Bahn weiter und beriet zunächst Strassenbahnen. So konnte die Schweizer Industrie mit Schindler Waggon und SIG ab Mitte der 1990-er Jahre Niederflur-Wagenkasten in Wickeltechnik und vom Cobra-Tram abgeleitete Fahrwerke zunächst nach Cottbus und Mülheim an der Ruhr und später nach Göteborg und Tallinn und darauf aufbauend auch nach Basel liefern. Später kaufte er den ehemaligen VT 11.5 TEE der DB zurück und verband seine Koch- und Bahnkünste, indem er ihn im Bahnpark Augsburg als Event-Restaurant aufstellte. Danach baute er im Bahnpark die RhB-Anlage und wirkt als IT-Berater für mehrere deutsche Regionalbahnen.

Text und Fotos von Reinhard Christeller, BEA

06 Nov

Zusammentreffen Dynamometerwagen und Ec 3/5 3 der Historischen Mittelthurgaubahn

In ihrem bisherigen Leben sind sich der frühere Dynamometerwagen der SBB (heute Salonwagen des Vereins Xd4ü 99701 sh. Artikel EA 2/22) und die Ec 3/5 3 der Mittelthurgaubahn (heute Verein Historische Mittel-Thurgau-Bahn VHMThB) vielleicht flüchtig begegnet. Wohl nie haben sie aber zusammen eine Reise gemacht.

Einmal beide Fahrzeuge für eine Fahrt zusammenzubringen war der Wunsch von Daniel Rutschmann, für beide Veteranen massgeblich in beiden Vereinen engagiert. Am Samstag 21. September 2024 wurde dieses Zusammentreffen mit einer Gruppenreise von Winterthur nach Rorschach Hafen und zurück möglich.

Dafür war allerdings ein umfangreicheres Programm nötig: Erst fuhr die Ec 3/5 3 mit dem ehem. BT F 802 des VHMThB mit v-max 60 km/h um 6.53 von Romanshorn nach Winterthur, an 8.26. Danach fuhren Lok und Dynamowagen von Winterthur um 9.34 nach Märstetten, wo zwischen 10.09 und 10.39 in Gleis 110 (Lagerhaus AG Hausammann) Wasser gefasst wurde. Nun ging die Fahrt weiter über die Verbindungskurve Romanshorn nach Rorschach Hafen, an 12.13, wo die Gesellschaft zum Mittagessen ausstieg und der Zug leer nach Rorschach GB weiterfuhr.

Um 15.14 ab Rorschach Hafen ging für die Gesellschaft die Fahrt wieder zurück nach Winterthur, an 17.41, mit Wasserhalt erneut in Märstetten und um 18.34 kehrte die Ec 3/5 3 mit dem F 802 wieder von Winterthur nach Romanshorn in den «heimatlichen Hafen» bzw. ins Heimatdepot im Locorama zurück.

Pünktlich trifft Zug 31731 in Märstetten ein.

Mit viel Dampf geht es zum Wasserfassen ins Gleis 110 beim Lagerhaus Hausammann.

Abendliche Rückfahrt nach Winterthur. Damit in Frauenfeld der IC überholen kann, fährt Zug 31732 in Gleis 3 ein.

Und dann geht es weiter nach Winterthur, Aufnahme bei der Ausfahrt in Frauenfeld, kurz nach der Murgbrücke.

Alle Fotos: Ch. Ammann