16 Jun

Bahnimpressionen Sizilien (Teil 2)

Der Konkordiatempel mit der Ikarus-Bronzestatue des polnischen Künstlers Igor Mitoraj (1944 – 2014)

Im Extrazug ins Tal der Tempel

von José Banaudo

Im Blog vom 7. Juni erzählte José Banaudo von seiner Reise nach Sizilien und Sardinien vom 21. – 29. Mai 2018 mit dem FACS (Fédération des Amis des Chemins de fer Secondaires). Nachfolgend nun der Bildbericht von seiner Fahrt am 25. Mai 2018 ins Tal der Tempel von Agrigento.

Unsere Reise begann im bereits im früheren Blog vorgestellten Kopfbahnhof von Agrigento. Er wurde 1933 als Zugang zum Zentrum der Oberstadt geschaffen. Am Giebel des wunderschönen Aufnahmegebäudes über der Uhr thront das italienische Staatswappen. Der Stern verkörpert die Einheit der Nation Italien, das Zahnrad steht als Symbol für Arbeit und Fortschritt. Ein Olivenzweig (links unten) als Zeichen des Friedens symbolisiert den Süden Italiens, der Eichenzweig (rechts unten) als Zeichen der Kraft und Stärke, den Norden.

Im Bahnhof stehen «Minuetto»-Triebwagen ALe 501/502 von Alstom neben dem historischen Triebwagenzug, den wir für unseren «Treno dei Templi» reserviert haben.

In einer kurzen Fahrt geht es nach Agrigento Bassa, dem ersten Bahnhof von „Girgenti“ (Agrigento auf sizilianisch), der unterhalb der Stadt, weit vom Zentrum entfernt erbaut worden war. Unser Dieseltriebwagenzug macht nun eine Spitzkehre, um auf der Stichstrecke nach Porto Empedocle hinunterzufahren, die früher als Dreischienengleis auch von den Zügen der 950 mm-Schmalspurbahn aus Caselvetrano via Selinunte, Sciacca, Ribera benützt werden konnte.

Nun macht unser Zug einen dreistündigen Halt zum Tempelbesuch an der Haltestelle Tempio di Vulcano. Der einfache Bretter-Perron wurde auf freiem Feld in der Nähe der Ruinen des Hephaistostempels (römisch Vulcanus-Tempel) gebaut. Das Tal der Tempel unterhalb von Agrigento ist archäologisch und touristisch von grosser Bedeutung. Man findet hier unzählige Überreste der griechischen Kolonialisation von Sizilen zwischen dem 7. und 2. Jahrhundert vor Christus.

Porto Empedocle Centrale. Diese Hafenstadt südlich von Agrigento ist der Geburtsort des bekannten sizilianischen Schriftstellers Andrea Camilleri und wurde Vorlage für die Stadt „Vigata“ seiner erfolgreichsten Romanfigur, Commissario Montalbano. Die Bahnlinie Agrigento – Porto Empedocle, obwohl vor einigen Jahren für einen inzwischen aufgegebenen Güterverkehr elektrifiziert, wird als Touristenstrecke nur noch im Ausflugsverkehr und von Extrazügen wie dem unsrigen benützt.

Die Dieseltriebwagen ALn668 1615 und 1616 gehören zu einer Unterserie von 33 Einheiten, die 1970 von Fiat Ferroviaria gebaut worden sind. Sie sind eine Variante eines zwischen 1954 und 1981 in über 700 Exemplaren gebauten Dieseltriebwagens. Ihre Aussenlackierung, ihre Inneneinrichtung und ihr charakteristisches Motorengeräusch erinnern mich an Hunderte von Fahrten, die ich in solchen Triebwagen einer neueren Version zwischen Breil und Tenda (auf der Tendabahn Ventimiglia/Nice – Breil-sur-Roya – Limone – Cuneo) gemacht habe.

Zurückgekehrt in Agrigento Bassa warten wir für die Kreuzung 10 Minuten lange auf den Zug nach Palermo, der von Agrigento Centrale herunter kommt.

Nach einem herrlichen Bahn- und Kulturausflug sind wir nun wieder in Agrigento Centrale. Bedauerlich ist nur: Der grosse Andrang ins Tal der Tempel könnte täglich problemlos täglich einen Ausflugszug füllen. Doch die Ausflugscar-Lobby scheint sehr mächtig zu sein…

Übersetzung: Chr. Ammann

07 Jun

Bahnimpressionen Sizilien

Agrigento-Bassa

Von José Banaudo

Vom 21. – 29. Mai 2018 habe ich eine Reise der FACS (Fédération des amis des chemins de fer secondaires) nach Sizilien und Sardinien begleitet. Nachfolgend nun ein paar erste Eindrücke aus Sizilien, hauptsächlich vom FS-Staatsbahnnetz und Trenitalia.

Am 21. Mai haben wir Milano Centrale mit dem ICN 1983 Milano – Siracusa verlassen. Als einer der letzten europäischen Nachtexpresszüge legt er in etwas weniger als 20 Stunden eine Distanz von über 1500 km zurück, ohne Rom und Napoli zu bedienen, und überquert mit der Fähre die Meerenge von Messina.

In Villa-S. Giovanni wird unser Zug durch eine Diesellok rangiert und in drei Wagengruppen geteilt, um auf das Fährschiff „Messina“, betrieben von Rete Ferroviaria Italiana (RFI), verbracht zu werden. Bald entfernen wir uns von der kalabresischen Küste.

Am Hafeneingang von Messina empfängt seit 1934 die «Madonnina» die Seefahrer. Die Überfahrt dauerte etwas mehr als eine halbe Stunde. Wir sind in Sizilien angekommen!

Im Hafenbahnhof von Messina erfolgt nun das «umgekehrte» Rangiermanöver, um den Zug von der Fähre zu holen und für die Weiterfahrt an der Ostküste Siziliens wieder zusammenzustellen.

Auf dem sizilianischen Teilstück von Messina nach Siracusa wird unser Zug durch die E656 093 gezogen. Weil der Fahrplan für die Fährenüberfahrt sehr grosszügig berechnet ist, haben wir 50 Minuten Verspätung aufgeholt,. Doch dann folgt ein fast endloser Kreuzungshalt im Bahnhof Roccalumera-Mandanici wegen eines verspäteten Regionalzugs. Wir fahren nicht bis Siracusa sondern steigen in Catania aus, nach fast 19 Stunden Reise, Verspätung eingerechnet.

Am Bahnhof Catania Centrale erinnert die ausgestellte Dreikuppler-Tenderlok R 370 012. Diese Dampflokomotive für gemischen Adhäsions- und Zahnradbetrieb auf 950 mm-Spur wurde 1914 durch die Officine Meccaniche di Saronno gebaut. Sie erinnert an das ausgedehnte sizilianische Schmalspurbahnnetz, teils mit Zahnradstrecken, wovon der letzte Rest Ende 1986 mit der Strecke von Castelvetrano nach Ribera verschwunden ist.

Am 24. Mai fahren wir über Messina – Termini Imerese und Caltanissetta nach Agrigento. Beim Warten auf den Anschlusszug in Termini Imerese entdecken wir die neue Farbgebung der Alstom «Jazz» ETR 425 (letzte Weiterentwicklung der «Minuetto»), der italienischen Trikolore nachempfunden.

Immer noch in Termini Imerese: Der Regionalzug Palermo – Messina wird mit zwei «Minuetto»-Triebwagen ALe501 / 502 von Alstom geführt.

Von Termini-Imerese aus fahren wir zuerst nach Caltanissetta-Xirbi und von dort mit einem Pendelzug nach Caltanissetta Centrale. In diesem Bahnhof stehen drei «Minuetto» ALe 501/502 von Alstom. Jener rechts wird uns mit Spitzkehre in Canicatti nach Agrigento bringen.

Der schöne Endbahnhof Agrigento Centrale, eingeweiht 1933, befindet sich nahe des Stadtzentrums an einer aus Agrigento Bassa kommenden Stichstrecke.

Die kunstvolle Decke einer seitlichen Eingangshalle des Bahnhofs Palermo Centrale, ebenfalls ein Kopfbahnhof.

Am späteren Nachmittag des 26. Mai verlassen wir Palermo an Bord der Fähre „Ariadne“ in Richtung Cagliari, Hauptstadt Sardiniens. Die „Ariadne“ wurde von der Tirrenia bei der griechischen Gesellschaft Hellenic Seaways gemietet.

Alle Fotos: J. Banaudo

Übersetzung: Chr. Ammann