06 Mrz

Vor 51 Jahren: “20 Jahre SVEA” auf der Sernftalbahn

Am 12. März 1967 veranstaltete der SVEA eine Fotofahrt „20 Jahre Verband Schweizerischer Eisenbahn-Amateure“ auf der Sernftalbahn.

Rund zwei Wochen zuvor, am 27. Februar 1967, hatten die Aktionäre und Gemeinden an einer ausserordentlichen Generalversammlung der Umstellung der Bahn auf Autobusbetrieb zugestimmt.  Der 31. Mai 1969 war der letzte Betriebstag.

Hochbetrieb in der Station Elm

Diese im Archiv der Frauenfelder-Eisenbahn-Amateure (FEA) aufgefundenen Dias des damaligen FEA-Präsidenten Bruno Flury sind nicht nur eine reizvolle farbige Dokumentation von Fahrzeugen und Anlagen. Sondern sie zeigen auch die Atmosphäre solcher Veranstaltungen, die damals oft in Anzug und mit Krawatte besucht wurden.

50 Jahre später stehen die Triebwagen Nr. 5 und 6 wieder in Elm. Der Verein Sernftalbahn hat die einstige Station Elm und die ehemalige Busgarage mit umliegendem Gelöände für 40 Jahre im Baurecht übernommen.  Von verschiedenen Privatbahnen wurden und werden noch insgesamt 105 m Gleis und 3 Weichen übernommen. Der definitive Gleisplan wird an der HV vom kommenden 17. März bestimmt.

Ablad von 60 m Gleis am 19. Februar 2018 in Elm. Foto J. Keller

Historische Aufnahmen: FEA-Bildarchiv, Fotos Bruno Flury

 

05 Mrz

Ferrocarril Eléctrico del Guadarrama

Von José Banaudo       (Übersetzung Christian Ammann)

Cercedilla liegt (1214 m ü. M.) liegt in der Sierra de Guadarrama, 56 km nordwestlich von Madrid, erreichbar in etwa einer Stunde mit der S-Bahnlinie C 8 ab Madrid Atocha. Es ist Ausgangspunkt der 18,170 km langen, mit 1500 V Gleichstrom elektrifizierten Meterspurbahn Ferrocarril Eléctrico del Guadarrama oder Ferrocarril Cercedilla – Cotos der RENFE, die als Linie C 9 ebenfalls zum Netz der Cercanías Madrid gehört.

Im meterspurigen Teil des Bahnhofs Cercedilla steht der alte Triebwagen 431-501 auf einem als Ausstellungswagen für den Naturpark der Sierra de Guadarrama. Er wurde zur Eröffnung der Strecke, 1923, von SWS Schlieren mit elektrischer Ausrüstung durch BBC gebaut und erhielt er bei Sundsundegui im Baskenland einen neuen Wagenkasten. Beachtenswert sind die Lyra-Stromabnehmer.

Frühmorgens steht der Pendelzug 442-005 zur Abfahrt bereit im Bahnhof Cerdecilla. Sechs Züge dieses Typs wurden in Schweizer Lizenz SWS durch la Maquinista Terrestre y Maritima (MTM) in Barcelona gebaut, mit elektrischer Ausrüstung von BBC. Als Vorbild diente die Einheitsbauweise der Triebwagen Be 4/4 26 und 27 der LEB, Be 4/4 24 – 28 der SZB (später BTI)  und der Be 4/4 81 – 86 von SNB/OJB. Die 442-001 – 003 wurden 1976 in Betrieb genommen, die 004 – 006 folgten 1982. Heute sind noch fünf Triebwagen in Betrieb; der 442-003 wurde 1998 verschrottet. Jeder Zug besteht aus einem Triebwagen (524 kW) (bergseitig) und einem Steuerwagen (talseitig).

Die Einheit 442-001 von 1976 fährt in Puerto de Navacerrada ein, das am Ende einer durch den Wald ansteigenden Strecke mit Steigungen von 50 bis 70 ‰ liegt.

Die Strecke Cercedilla – Puerto de Navacerrada wurde 1923 von der Privatbahngesellschaft Ferrocarril Electrico del Guadarrama eröffnet und 1954 in die Staatsbahn RENFE integriert. Bis zur viel späteren Übernahme der FEVE war sie lange die einzige RENFE-Schmalspurbahn.

Der Bahnhof Puerto de Navacerrada liegt auf 1765 m ü. M., unterhalb des gleichnamigen Passes, von wo über Skilifte die Skipisten erreichbar sind. Die Schmalspurbahn diente seit Beginn primär dem Tourismus als Zubringer in ein Ski-und Wandergebiet. Im Winter sind die Züge an den Wochenenden voll besetzt, und est ist nötig, lange im Voraus zu reservieren! Die Züge könnten zwar in Vielfachsteuerung fahren, aber aus unbekannten Gründen macht man dies nicht mehr. Die rund 100 Plätze einer Einheit mit Trieb- und Steuerwagen sind rasch voll besetzt!

1964 wurde die Strecke durch einen 671 m langen Tunnel unter dem Navacerrada-Pass verlängert. Er beginnt gleich beim Bahnhof Puerto de Navacerrada.

Der Endbahnhof Cotos auf 1819 m ü. M. ist der höchstgelegene RENFE-Bahnhof und nach Nuria (1964 m ü.M.) in den Pyrenäen der zweithöchste Bahnhof Spaniens!

Der Bahnhof liegt Richtung Norden und im Winter trifft die Sonne erst spät am Tag ein. Auch Cotos sollte nur ein provisorischer Endbahnhof sein, doch das Baulos 2 nach Gargantilla de Lozoya wurde aus finanziellen Gründen aufgegeben. Vom Bahnhof erreicht man die Passhöhe, wo das einzige Restaurant/Bar steht und Wanderwege beginnen.

Alle Fotos: José Banaudo, Montag (nicht Weekend…!) 29. Januar 2018

 

27 Feb

Die allerletzte Fahrt der „alten Kiste“?

Am Vormittag des 6. Februar 2018 unternahm der Triebwagen BDe 4/4 7 der früheren Trogenerbahn seine wohl allerletzte Fahrt in eigener Kraft von Speicher nach Trogen und zurück. Zuvor waren noch mit viel Mühe von freiwilligen Helfern die letzten Ostwind-Werbefolien entfernt worden.

Über die weitere Zukunft – soweit bekannt – berichtet der EA 3/18 im NiK auf Seite 108. Verschiedene Projekte (Aufstellen vor Schulen in Speicher oder Trogen oder zusammen mit dem inzwischen ins St. Galler Rheintal abgegebenen Partywagen als Restaurant im Sernftal) haben sich zerschlagen. Vorerst wird nun in der Werkstätte Speicher auch noch der Dachbereich asbestsaniert.

Führerstand Seite Trogen

Der Triebwagen befindet sich in einem erstaunlich guten Allgemeinzustand und ist wegen seinem Einsatz gemeinsam mit dem Partywagen im Fahrgastraum mit Tischchen ausgerüstet. Vorgesehen ist nun –Baubewilligung vorbehalten – ein Einsatz als Restaurantprovisorium in Wasserauen.

Die BDe 4/4 (damals CFe 4/4) 6 – 8 leiteten 1952 – 1953 die Erneuerung des Triebfahrzeugparks der Trogenerbahn ein.  Gemäss „Lokomotiven der Schweiz”, Band 2 von Peter Willen (1972) war ursprünglich vorgesehen, nur 2 Triebwagen und einen Steuerwagen (mit Stromabnehmer, Anfahr- und Bremswiderständen und Direktkontroller) zu beschaffen. Die Triebwagen besassen ursprünglich SAB-Räder mit Pirelli-Gummifederung, die 1955 – 1958 durch gewöhnliche Stahlräder ersetzt wurden. Ab 1970 wurde der Scherenstromabnehmer durch einen Einholm-Stromabnehmer ersetzt.

Alte Postkarte mit  der 1964 durch das TB-Logo in Schattenschrift ersetzten Anschrift “St. Gallen – Speicher -Trogen

Der BDe 4/4 8 wurde im Oktober 2002 verschrottet, der BDe 4/4 6 steht seit 2005 unter madegassischer Sonne in Tananarive.

Trogen einst (1975) und 43 Jahre später…!

Und dann verschwindet die “alte Kiste” nach ihrer letzten Fahrt wieder im Depot Speicher.

Fotos: Daniel Widmer, St. Gallen: Fotos 2, 3, 7, 8, – Christian Ammann: 1, 4, 6, 9.

26 Feb

Von der Birseckbahn zum Boveraclub

Xe 2/2  112 ex Ce 2/2 5. Foto SVEA-Bildarchiv (undatiert)

Im EA 12/2017 NiK S. 561 haben wir berichtet, dass Ende Oktober die Xe 2/2 112 und Ce 2/4 13 der früheren Birseckbahn (zusammen mit den X 101 und X 102 der früheren Sissach – Gelterkinden Bahn vom Bahnmuseum Kerzers BMK an den Boveraclub in Liberec, Tschechien gelangten.

Be 2/4 13 vor dem damaligen Depot Arlesheim, 1977, Foto Chr.  Ammann

Boveraclub? Der Name hat  überraschend viel mit der Schweiz zu tun: Denn der Verein in Liberec restaurierte als erstes Fahrzeug den Tramwagen Nr. 78 (ex Usti nad Labem), der 1929 bei Ringhoffer Prag gebaut wurde, aber mit elektrischer Ausrüstung von Brown, Boveri Baden. BBC Dies sorgte für seinen Spitznamen „Bovera“, der auch dem 1987 gegründeten Verein der Freunde der städtischen Verkehrsmittel in Liberec den Namen gab: Boveraclub. Liberec – zur Zeit der Donaumonarchie “Reichenberg” – feierte 1987 übrigens 90 Jahre Strassenbahn. Ursprünglich war das Netz meterspurig, ab 1990 erfolgt die schrittweise Umstellung auf Normalspur, wobei für die weiterhin meterspurige Überlandstrecke nach Jablonec nad Nisou und historische Trams in der Innenstadt Dreischienengleise existieren. Sh. auch EA 5/2015, S. 224.

Schon vor 20 Jahren existierten Dreischienengleise in der Innenstadt von Liberec. Damals noch meterspuriger T2-Tramzug der Linie 3 am 12. 3. 1997, Foto Chr. Ammann

Damals noch meterspurige Linie 3 in Liberec, 12. 3. 1997, Foto Chr. Ammann

Aus dem EA 7/2006 zitieren wir hier die damalige Abgabe von der BLT an das BMK, wo die Fahrzeuge Mitte Mai 2006 abgeladen wurden:

„BLT/Bahnmuseum Kerzers:  Die BLT hat im März dem Bahnmuseum Kerzers drei historisch wertvolle ehemalige Birseckbahn-Fahrzeuge geschenkt. Sie wurden im Mai nach Kerzers transportiert: Xe 2/2 112 ex Ce 2/2 5: SWS/Alioth 1905, 1944 umgezeichnet, weitgehend im Originalzustand, Be 2/4 13: SWS/BBC 1916, mit Maximum-Drehgestellen, bis 1971 im Regeleinsatz, zuletzt Nostalgiefahrzeug im Leymental, X 101 ex Sissach—Gelterkinden K 5(1891), 1916 zur BEB, 1917 zum Turmwagen umgebaut, 1965 zum Fahrleitungsmontagewagen modernisiert. Er ist zusammen mit dem BLT-X 102 (Schotterwagen) ex SG-L 2 der letzte Zeuge der SG.”

Die nun vom BMK als Dauerleihgabe nach Tschechien abgegeben BEB-Triebwagen sollen beim Boveraclub wieder betriebsfähig aufgearbeitet werden.

Im SVEA-Bildarchiv finden sich einige undatierte SW-Negative von der alten Birseckbahn, teilweise auch von den nun nach Liberec abgegeben Xe 2/2 112 und Be 2/4 13.

Birseckbahn an der 1969 aufgegebenen Streckenführung nach Dornachbrugg. Heute existiert von den Gebäuden nur noch das Tea-Room ganz links. SVEA-Bildarchiv

Der gleiche Ce 2/3 9  mit Blick auf das ebenfalls längst verschwundene Gebäude der Solothurner Kantonalbank. SVEA-Bildarchiv

Birseckbahn am Aeschenplatz in Basel, SVEA-Bildarchiv.

Be 2/4 13 unterwegs in Basel, SVEA-Bildarchiv

Am Blumenrain/Spiegelgasse, beim Hotel des Trois-Rois, SVEA-Bildarchiv

Xe 2/2 112 im Depot Arlesheim, rechts der offene Anhängewagen C 41, SVEA-Bildarchiv

18 Feb

Winterdampf im Steyrtal

Winterdampf im Steyrtal vom 5.1. – 7.1.18

 

Steyr Lokalbahnhof, Vormittag gegen zehn Uhr. Auf einmal stehe ich in einer Wolke aus weissem und schwarzem Dampf. Ich inhaliere intensiv diesen feinen Duft aus Steinkohle, Öl und Wasserdampf. Endlich bin ich angekommen, zurück in eine längst vergangene Zeit, als dies noch alltäglich war. Drei Tage Dampfzugprogramm erwarteten uns. In meinem Innersten herrschte freudige Erwartung. Aber alles der Reihe nach.

Ende November schrieben mir meine Kollegen, dass es beim Winterdampf im Steyrtal noch freie Plätze habe, der Termin in den Weihnachtsferien lag und ich doch mitkommen solle. Meine Freunde hatte ich schon länger nicht mehr gesehen und so lag es nahe, sich anzumelden. Bei stürmischem Wetter fuhr ich von Zürich mit dem Nachtzug nach Linz und von dort mit der Regionalbahn nach Steyr. Die Flüsse führten nach den vielen Niederschlägen Hochwasser. So langsam verzogen sich die schweren Regenwolken und wieder erwarten sollten die beiden nächsten Tage sonnig werden. Für eine weisse Winterlandschaft war es natürlich leider zu warm.

Im Steyrer Lokalbahnhof erwartete uns die Lok „Klaus“, welche 1884 bei Krauss in Linz erbaut wurde. Mit zwei grünen Zweiachsern und passendem Packwagen wurde ein typischer Lokalbahnzug der Epoche II. nachgestellt. Mit vielen Fotohalten fuhr unser Züglein bis zu heutigen Endstation Grünburg. Die Bahnlinie führt durch das weite Flusstal der Steyr. Bis 1982 wurde sie von den ÖBB mit Dampftraktion betrieben und danach stillgelegt. Mit viel Mut und Enthusiasmus retteten die Mitglieder der ÖGEG die Strecke vor dem Abbruch. Auf den Unterwegsstationen sind noch verschiedene Güterwagen in unterschiedlichen Zuständen abgestellt. Für die Aktiven des Vereines wohl noch Arbeit für Jahrzehnte. Betriebliche Schwerpunkte sind die beiden Endstationen, wo es jeweils einen Lokschuppen mit Werkstätte gibt. In Aschach befindet sich in einer grossen Halle die Tischlerei. Dort werden die Wagen unterhalten. Der Fuhrpark ist recht gross und aus allen Epochen gibt es betriebsfähige Personen- und Güterwagen.

Am Samstag war für uns die 198.102 angeheizt. Sie war ebenfalls eine typische Steyrtalbahnlok. Das Licht der Welt erblickte sie 1888 bei Krauss in Linz. Heute bespannte sie für uns einen typischen GmP – einen Güterzug mit Personenbeförderung. Extra für unsere Gruppe wurden zwei Holztransportwagen revidiert und mit dicken Baumstämmen beladen. Weitere gedeckte und offene Güterwagen ergaben einen stilechten Schmalspurzug, wie er in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts unterwegs war. Im Haltepunkt Sommerhubermühle warteten zu unserer Überraschung verschiedene Statisten in landestypischer Kleidung auf den Zug. Ein Schäfer im grünen Lodenmantel, seine Frau im langen schwarzen Mantel und grossem Einkaufskorb, Damen und Herren mit alten Reisekoffern. Sie alle stiegen in den Zug und ihre Reise nach Nah und Fern begann.

Als am Nachmittag die Sonne hinter den Bergrücken verschwand, erreichten wir Grünburg. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde die 298.102 und die 498.04 mit ihren jeweiligen Zügen im Bahnhof aufgestellt. Unser Reiseleiter hatte sich für die Nachtaufnahmen ein Feuerwerk ausgedacht. Er platzierte sich am Ende des Bahnhofes und auf Kommando wurden die Raketen gezündet. Einige gute Aufnahmen gelangen bei dieser Aktion. Danach klang der Tag im Hotel Christkindl nahe Steyr bei einem guten Bier in geselliger Runde aus.

Am dritten und letzten Tag unserer Dampfaktion war der Himmel bedeckt und es war merklich kühler geworden. Kein ideales Fotowetter, dafür gab es natürlich eine stärkere Kondensation des Abdampfes und somit mehr Qualm. Die Uh 498.04 von 1928 bespannte einen reinen Güterzug mit ca. 12 Wagen. Damit war sie für die Strecke an der Leistungsgrenze. Dem Personal machte es sichtlich Freude, mal einen etwas anderen Zug als die Touristenzüge zu fahren. Wir fuhren mit der Motordraisine und einem angehängten Vierachser dem Güterzug voraus. Auf den Unterwegsstationen wurden jeweils Wagen ausgereiht und auf der Rückfahrt wieder angehängt. So ergab sich eine jeweils andere Zusammensetzung unseres Zuges.

In Aschach luden uns die Aktiven des Vereins zu Mittag zu einer wärmenden Gulaschsuppe in ihr Vereinsheim ein. Mit österreichischem Charme wurden wir versorgt, anschliessend gab es noch Kaffee und Kuchen. Aufgrund des nasskalten Wetters hatte die 498.04 schwer an ihrem Zug zu ziehen. Mit viel Gefühl meisterte der Lokführer jede kleine Steigung. Am Nachmittag wurde es immer dunkler. Ich musste die ISO Werte an der Kamera immer höher einstellen, um noch brauchbare Bilder zu schiessen. Bei den modernen Kameras ist dies ja heute kein Problem mehr.

Als wir gegen 16 Uhr Grünburg erreichten, war die offizielle Fotoveranstaltung beendet. Viele machten sich auf den Weg in Richtung Heimat. Wer wie wir erst Abends auf den Zug mussten, für den wurde noch eine Überraschung organisiert. Bei der Dunkelheit wurde nochmals mit dem ganzen Güterzug bis Sommerhubermühle gefahren. Die Lok setzte um. In der Zwischenzeit kam ein Löschfahrzeug der örtlichen Feuerwehr. Die Strasse neben dem Bahngleis wurde kurzerhand für den Autoverkehr gesperrt und mittels starker Strahler wurde die gesamte Szenerie beleuchtet. So kamen wir noch zu exklusiven Nachtaufnahmen.

Nach Ende dieser Extraeinlage verabschiedeten wir uns von den sehr freundlichen Museumseisenbahnern. Ein herzlicher Dank und Lob für die tolle Organisation. Ab Linz ging es mit dem Nachtzug wieder in Richtung Schweiz und an den Bodensee. Drei herrliche Tage in eine längst vergangene Zeit waren leider schon wieder um. Wann werde ich wohl das nächste Mal Gelegenheit haben, den feinen Geruch von Kohlerauch, Öl und Wasserdampf einatmen zu können? Ich hoffe doch bald, denn es macht einen richtig süchtig.

07 Feb

Die letzte HGe 2/2 in Glion

In Glion posiert 1974 die HGe 2/2 Nr. 2 mit der Schneeschleuder Xrot e Nr. 3. Foto E. Suter

Von Ruedi Wanner

Seit 1892 fuhren dampfbetriebene Züge von Glion bergwärts zur Endstation auf Rochers-de-Naye. Für diese Bergfahrt war der Ausgangspunkt zunächst Territet, mit Bahn, Schiff oder elektrischer Strassenbahn zu erreichen. Die Fortsetzung mit der Standseilbahn Territet-Glion und zweimaliges Umsteigen waren kompliziert. Anderseits verzeichnete der Kurort Montreux einen gewaltigen Aufschwung (24‘000 Logiernächte 1901, 58‘000 im 1908), sodass 1909 eine ergänzende Linie Montreux-Glion mit 2,8 km Länge entstand, und zwar gleich von Anfang an mit elektrischem Betrieb. Dieser wurde mit 3 Schiebelokomotiven HGe 2/2 1-3 besorgt, die auf der Steigung von 130‰ stets talseitig an den 1-2 Vorstellwagen stehen mussten. In Glion erfolgte die Übergabe an die Dampftraktion, wobei diese auf 220‰ nur je einen Wagen mitnahm.

Der Bau der neuen Bahn erfolgte auch im Hinblick auf die Gütertransporte zu den aufstrebenden Kurorten Glion und Caux. Die Standseilbahn war nicht mehr in der Lage, diese zu versorgen. Dazu kamen unerwünschte jährliche Betriebsunterbrüche von 10 Tagen für die Revisionen. Der Bau im steilen Gelände erforderte viele Stützmauern; die grösste ist bei der Übergangsstation Glion zu finden. Eine 61 m lange, eiserne Brücke über die Chauderon-Schlucht liess bis zu den darunter liegenden Gebäuden lediglich 90 cm freien Raum. Erwähnenswert sind auch die Querung im Tunnel unter der MOB hindurch (diese ebenfalls im Tunnel) sowie ein Kehrtunnel mit Wende von fast 270o bei Toveyres. Die einst einzige Kreuzungsmöglichkeit war bei Les Planches; inzwischen ist dort die obere Weiche ausgebaut.

Glion, 1982: Die HGe 2/2 Nr. 2 mit der He 2/2 Nr. 101, welche 1976 einen neuen Kasten erhielt und später zu 3 umnummeriert wurde. Dahinter eine Schneeschleuder. Foto: E. Suter

Die Lokomotiven 1-3 waren 14 t schwer, 4,8 m lang und leisteten 220 PS, was für die Höchstgeschwindigkeit von 13 km/h ausreichte. Der einzige Führerstand ist auf der Talseite. Die Fahrleitung lieferte 750, später 850 Volt Gleichstrom, die zweilamellige Zahnstange System Abt war identisch mit dem oberen Streckenteil. Erst mit der Elektrifikation von 1938 konnten die Züge durchgehend fahren.

Die einzelnen Bahngesellschaften Montreux-Glion (MGl) und Glion-Rochers-de-Naye (GN) fusionierten 1987. Lok 2 ist jedoch immer noch mit den (inoffiziellen) Initialen M.G. bezeichnet. Eher wurde die Abkürzung MGl verwendet, um Verwechslungen mit dem Monte Generoso zu vermeiden. Fünf Jahre später kam in einem weiteren Schritt die Standseilbahn TG dazu; neue Bezeichnung MTGN (seit 2001 MVR Montreux Vevey Riviera).

Aus dem Trio der ersten Generation schied Nr. 1 durch Lawinenunfall bereits 1966 aus. Nr. 3 wurde 1976 mit neuem Kasten zu HGe 2/2 101 (später wieder zu 3 umbezeichnet). Sie wurde nach einem Unfall 2011 abgebrochen. Einzig Nr. 2 überlebte, erhielt 1986 einen neuen Kasten im Retro-Stil und wurde noch im Sommer 2012 für Nostalgiefahrten (ab Montreux 10.48), zuletzt aber nur noch für Dienstzüge eingesetzt. Inzwischen haben die neuen Hem 2/2 11-12 (Stadler, 2013) diese Aufgaben übernommen. Die Lok 2 steht momentan abgestellt im Depot Glion.

Weitere interessante Bilder:  Werner Hardmeier, Präsident SGEG, dem wir im EA auch öfters faszinierende Farbbilder verdanken, weist uns auf seine sehr schönen Aufnahmen in Drehscheibe-Online hin:

Lok mit Originalkasten: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,8060663

Lok mit breiterem Neubaukasten: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?017,8064199

20 Jan

Erinnerungen an die Stans – Engelberg Bahn StEB

Ausgangspunkt war damals Stansstad. Links der einzige «Alleinfahrer» ABFZeh 2/4 103, welcher auch die Bergstrecke solo bewältigte.

Von Ruedi Wanner

Die 1898 eröffnete, 22,5 km lange StEB verband das Klosterdorf Engelberg mit der Schiffsanlegestelle Stansstad am Vierwaldstättersee. Wer nach Engelberg reisen wollte, musste ab Luzern das Schiff benützen und in Stansstad umsteigen. Diese 40 Minuten zusätzliche Reisezeit waren trotz guten Anschlüssen Bahn/Schiff sehr hinderlich, Auch der Güterverkehr musste mit zweimaligem Umlad über die Seestrecke abgewickelt werden.

Vom See bis Engelberg hatte die StEB über 550 m Höhenmeter zu überwinden. Davon lagen gut 300 m im oberen Streckenteil, wo eine starke Steigung von 250, maximal 261‰, mit Zahnstange System Riggenbach überwunden werden musste. Von Anfang an war der elektrische Betrieb mit Drehstrom (750, später 850 V / 32 Hz) eingeführt, der sich bereits bei der Jungfraubahn und der Gornergratbahn bewährt hatte.

Unterwegs treffen wir auf den CFZe 2/4 Nr. 2 beim Abwarten der Kreuzung. Die Fahrzeuge der Ursprungsgeneration trugen keine Typenbezeichnungen; auch waren die Nummern zum Teil doppelt belegt.

Die StEB war in ihrem Eröffnungsjahr die längste elektrisch betriebene Bahnstrecke der Schweiz. Der Verkehr wickelte sich in der ersten Betriebsphase recht umständlich und personalintensiv ab; denn bis Grafenort bestand eine Art «Talstrecke» im Adhäsionsbetrieb. Nun folgte eine 1,6 km lange «Bergstrecke» von Obermatt nach Ghärst mit Zahnradbetrieb, wozu in den allermeisten Fällen eine talseitige Schiebelok HGe 2/2 benötigt wurde. Die letzten 2,7 km bis zur Endstation legten die Adhäsions-Triebwagen dann wieder in Alleinfahrt zurück. Die Schiebeloks blieben in Ghärst zurück, und warteten dort auf den nächsten talwärts fahrenden Zug. In Obermatt waren eine Remise sowie das heute noch bestehende, einst bahneigene Kraftwerk[1] an der Engelberger Aa vorhanden.

Obermatt, am unteren Ende der Zahnstange. Die Weiche ist umgelegt, eine HGe 2/2 kommt talseitig an den Motorwagen, welcher am Anfang der Zahnstange wartet.

Anhängewagen durften lasthalber nur auf der Talstrecke bis Grafenort verkehren. Bei grossem Andrang fuhren meist mehrere Motorwagen nach Engelberg hinauf. Die Steilrampe enthielt eine Besonderheit in Form einer aufklappbaren Strassenbrücke bei der (damaligen Haltestelle) Grünenwald. Diese landesweit wohl einmalige Querung wurde vor 1964 durch eine Strassenüberführung entschärft.

Drei Bilder von der hochklappbaren Brücke in Ghärst aus dem SVEA-Bildarchiv.

An Betriebsmitteln waren 1898 zunächst 5 vierachsige Triebwagen vorhanden, welchen im Laufe der Jahre 10 weitere folgten. Darunter waren auch kombinierte BCFZe 2/4, die neben beiden Wagenklassen auch Gepäck und Post mitführten. Zweiachsig waren nur die 6 Anhänger für die Talstrecke und rund 20 Güterwagen gedeckter und offener Bauart.

Engelberg: Der «Abteil-Motorwagen» CFZe 2/4 Nr. 3 (Baujahr 1898) wird am Güterschuppen beladen. Der Fahrplan enthielt ein vor- und ein nachmittägliches Güterzugspaar, mit Personenbeförderung (GmP) und Vermerk «3. Klasse».

Engelberg: der ABe 2/4 Nr. 7 wartet auf seinen nächsten Einsatz talwärts.

Für die Bergstrecke zwischen Obermatt und Ghärst wurden zuerst 2, später 5 Zahnrad-Schiebelokomotiven HGe 2/2 eingesetzt, welche je einen Triebwagen mit 5 km/h auf- oder abwärts beförderten. Bei Mehrfachführung der Züge (bis fünffach) waren deshalb auch die Berglokomotiven im strengen Einsatz.

Engelberg: die HGe 2/2 Nr. 2 mit 3 Kohlewagen. Die gleiche Lok kam 1965 zu BBC Baden und wurde hinter dem Rathaus Wettingen auf einem Spielplatz aufgestellt. 1967 wurde sie jedoch abgebrochen.

Ein einziges Fahrzeug, der jüngste Triebwagen BCFZeh 2/4 Nr. 103 von 1930, hatte einen kombinierten Adhäsions- und Zahnradantrieb und konnte somit als Alleinfahrer ins Klosterdorf klettern.

Ghärst: Am oberen Ende der Bergstrecke verlässt die Zahnradlok den Zug und wartet im Stumpengleis rechts hinten auf ihre nächste Talfahrt. Die gleichartige Lok Nr. 1 bleibt im Verkehrshaus Luzern erhalten.

Die Fahrzeuge der StEB waren crème/dunkelgrün gestrichen, die Dienstfahrzeuge grau. Bis 1964 wurde die Becherkupplung verwendet. Die wegen des Stromsystems notwendige zweidrahtige Fahrleitung bedingte auch komplizierte doppelte Stromabnehmer und ergab im Bereich der Stationen recht aufwendige Anlagen.

Alle Bilder (ausgen. SVEA-Archiv) von Ruedi Wanner. Sie  entstanden bei einer “Fotosafari” 1963.  Eisenbahnfreunde unternahmen privat eine Fotoexkursion zur StEB, bereits unter dem Zeitdruck der bald bevorstehenden Betriebsumstellung. 

Die StEB fuhr genau 66 Jahre, nämlich vom 5. Oktober 1898 bis zum 4. Oktober 1964. Sie ist zum 100jährigen Jubiläum 1998 in den EA 3 und 10/1998 eingehend beschrieben. Die nachfolgende LSE-Epoche mit dem Anschluss in Hergiswil, Wechselstrombetrieb und durchlaufenden Pendelzügen Luzern-Engelberg wird im EA 2/18 behandelt. Ferner wird auf das umfassende Buch «Die Bahnen nach Engelberg» von P. Berger und H. Waldburger verwiesen.

 

[1] Heute zu ewl Luzern gehörend

16 Jan

27. Internationales Feldbahntreffen in Żnin

Zug mit den zwei O&K-Dampflok 7697/1920, und Nr 11703, bei Znin, Freitag, 13. Oktober 2017

Vom 13. – 15. Oktober 2017 fand das 27. Internationales Feldbahntreffen in Żnin (Polen) statt, mit Fahrten auf der 60 cm-spurigen früheren Kreisbahn Żnin, Żnińska Kolej Powiatowa. Dabei konnte man verschiedene Gastfahrzeuge von teilnehmenden Klubs auf der landschaftlich einzigartigen Schmalspurbahn Żnin – Gąsawa bewundern. Von Jerzy Pawłowski haben wir dazu ein paar Erinnerungsbilder erhalten.

Dampflok 18 des Frankfurter Feldbahnmuseums e.V. (O&K Bn2t Bj. 1921 Fabriknr. 9244, 40PS.) in Żnin auf der Brücke über die Gasawka, Sonntag, 15. Oktober 2017.

Nächtliche Dampflokparade an der Drehscheibe in Znin, Freitag, 13. Oktober 2017.

Militärdraisine aus Frankreich (rechts) und kleine Diesellok aus dem Jahre 1927 (aus Museum in Sochaczew), Freitag, 13. Oktober 2017.

Nochmals ein Bild der französischen Militär-Draisine, Znin, Donnerstag, 12. Oktober 2017.

Zug mit der Borsig-Dampflok (Nr 11458/1925) beim Wenecja See. Freitag, 13. Oktober 2017.

Dampflok MERAPI aus Berlin, Hanomag Nr 10409/1925, Znin, Szkolna-Strasse an Sonntag, 15. Oktober 2017.

Schienen- und Strassenfahrzeug, Znin, Szkolna-Strasse, Sonntag, 15. Oktober 2017.

Deutsche Lokomotive aus dem 2. Weltkrieg, HF50B, Znin, Bahnübergang Szkolna-Strasse, Sonntag, 15. Oktober 2017.

Alle Fotos: Jerzy Pawłowski , Bydgoszcz.

12 Jan

Ruckhaldenkurve – letzte Fahrt am Ostermontag, 2. April 2018

Der Fahrplan 2018 belegt es mit Fahrplanfeld 855, gültig bis 2. April 2018 und dem Busfahrplan St. Gallen – Teufen vom 3. April – 6. Oktober 2018: Die Aufhebung der Zahnradstrecke rückt näher.

Am Ostermontag 2. April ist der letzte Betriebstag auf der Ruckhaldenkurve zwischen St.Gallen und Riethüsli. Wenn am 7. Oktober 2018 der Bahnbetrieb zwischen St. Gallen und Teufen wieder aufgenommen wird, geht die Fahrt durch den neuen Ruckhaldetunnel (EA 10/16, 1/17, 8/17).

So sah es noch 1975 aus. Damals war die gesamte SGA im Weiterbestand bedroht, aber auch schon ein Tunnel geplant.

Strassenbauarbeiten in der Teufenerstrasse, 4. 4. 1981

Am Ostermontag verschwindet somit für immer die pittoreske Streckenführung mit Panoramablick auf Güterbahnhof und St.Otmarskirche und im Riethüsli entlang der Teufenerstrasse. Die nachfolgenden Fotos vom 11. Januar 2018 zeigen ein paar Eindrücke vom derzeitigen Stand der Dinge. Mit schönen Aufnahmen an der Ruckhalde ist es aber trotz der Aussichtsplattform vorbei, denn das Gelände ist völlig umgepflügt und zur Winterzeit meist im Schatten oder Gegenlicht. Die Fahrt lohnt sich aber noch immer.

Hinter dem Erdhaufen rechts beginnt die Zufahrt zum Tunnel-Südportal

Zug nach St. Gallen an der heutigen Haltestelle Riethüsli, rechts ist die künftige Strecke erkennbar.

Blick von der Aussichtsplattform auf die Zahnradstrecke, links die Rückseite des Tunnelnordportals.

Die 1980 neu gebaute Brücke der Zahnradrampe wird durch eine weniger steile Zufahrt zum Nordportal ersetzt. Eine neue Stützmauer links steht bereits.

 

20 Nov

Die Wiler “Strassen-Eisenbahn” – ein vergessenes Projekt

Bis Juni 2018 wird im Stadtmuseum Wil im „Hof“ die Sonderausstellung „Die Eisenbahn kommt“ gezeigt (Öffnungszeiten siehe unten). Sie berichtet über die 150jährige Geschichte des Eisenbahnknotenpunkts Wil. Diese begann 1855 mit der Strecke Winterthur–Wil der St. Gallisch-Appenzellischen Eisenbahn (später Vereinigten Schweizer Bahnen VSB), gefolgt 1870 von der Toggenburgerbahn nach Ebnat-Kappel, 1887 der Frauenfeld–Wil-Bahn FW und 1911 von der Mittelthurgau-Bahn MThB nach Weinfelden–Konstanz.

Bahnhof Wil der VSB vor 1900

Ein besonderer Leckerbissen für Bahnhistoriker ist das „Strassen-Eisenbahnprojekt“ vom Bahnhof in die Altstadt. Anfangs 1887 hatte der Wiler Gemeinderat beschlossen, beim „Profilieren“ der FW die Weiterführung der Linie ins Zentrum der Äbtestadt untersuchen und vermessen zu lassen. Dann beauftragte man den St. Galler Ingenieur Otto Sand mit der Ausarbeitung eines Berichts. Otto Sand (1856–1921) leitete damals den Bau der Strecke St. Gallen – Gais mit der berühmten Ruckhaldenkurve und führte später, ab 1901 bis zu seinem Tod als Generaldirektor das Baudepartement der neuen SBB.

G 3/3 2 “WYL” (nicht Hörnli) der FW vor der Remise Wil, 30. Mai 1964. Foto Heinz Bircher

Am 1. September 1887 wurde die FW eröffnet. Am 14. Oktober 1887 lieferte Sand seinen „Bericht zum Project für eine Strassen-Eisenbahn vom Bahnhof der VSB bis in die Stadt Wyl“ ab. Untersucht wurden zwei Streckenführungen, beide im Anschluss an die FW, sowie die Betriebsart:

Die Variante I (673,6 m lang) führte vom Bahnhof über die Obere Bahnhofstrasse zum Schöntal, wo der Endpunkt auf dem kleinen Platz unter der Stützmauer gegen die Marktgasse bei der damaligen Eisenhandlung Senn geplant war. Für einen Wartepavillon oder Ausweichgleise war dort kein Platz vorhanden. Maximalsteigung beim Schönthal 66 ‰.

Obere Bahnhofstrasse um 1905

Die Variante II (950 m lang) sah eine Strecke vom Bahnhof über die Untere Bahnhofstrasse, Toggenburgerstrasse, Stallengasse zum Viehmarkt vor, wo die Anlage von Nebengleisen und eines Wartepavillons möglich war. Maximalsteigung 69,6 ‰.

Untere Bahnhofstrasse um 1900

Der Viehmarktplatz – hier hätte die Variante II der Strassen-Eisenbahn geendet.

Betrieblich rechnete Sand damit, dass die FW-Loks mit 2 Wagen die erwähnten Maximalsteigungen bewältigen könnten (FW-Maximalsteigung 46 ‰). Und sogar der „scharfe Rank“ vom Bahnhofplatz in die Obere Bahnhofstrasse war mit 45 m-Radius für die FW-Lokomotiven gerade noch zulässig.Zur Auswahl standen Dampfbahn, Pferdetram oder ein gemischter Betrieb. Bei der Variante Dampf rechnete Sand mit dem Betrieb durch die FW. Um den Anschluss an die meisten Züge herzustellen, reichten aber weder die Verlängerung der FW-Züge in die Altstadt noch deren drei G 3/3-Lokomotivchen. „Von den 20, zu einem richtigen Omnibusdienst nöthigen Zügen, könnten höchstens 7, durch die gewöhnlichen Strassenbahnzüge ausgeführt werden und die 13 übrigen erheischten einen anderen Motor.“ Deshalb schlug Sand den Kauf einer zusätzlichen Lok für 19‘000 Fr. oder von zwei Pferden, Pferdegeschirr und 2 Tramwagen für 9‘200 Fr. vor.

Der Bericht rechnete die verschiedenen Varianten baulich und betrieblich durch, äusserte sich zur Gleisanlage und zum Schienenmaterial mit Erfahrungen aus den Niederlanden über Hannover, Stuttgart bis zum elsässischen Rappoltsweiler (Ribeauvillé) und ging auf die Vor- und Nachteile der Betriebsarten ein.

Am Schluss stellte Otto Sand aber die Frage, ob die jährlich rund 240‘000 in Wil ankommenden und abreisenden Bahnpassagiere die Strassenbahn benützen würden? Seine Antwort lautete: „Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, und es müssten in Folge dessen nicht nur die Actionäre ohne Dividenden ausgehen, sondern vielleicht noch jährlich bedeutsame Opfer gebracht werden, um das Deficit der Betriebs-Ausgaben zu decken.“ Denn zur damaligen Zeit konnte sich nur die betuchte Oberschicht das Fahren leisten, wie etwa die Gäste des Hotels Schöntal, welche eine Kutsche am Bahnhof abholte.

Und so wurde das Projekt wohl schon vor 130 Jahren „beerdigt“.

Kutsche für die Gäste des Hotels Schöntal

Quellenverzeichnis: Dokumente, Pläne und alte Postkartenansichten: Stadtarchiv Wil, Foto Heinz Bircher: Sammlung FEA Frauenfelder Eisenbahn-Amateure

Herzlichen Dank an Herrn Werner Warth, Stadtarchivar Wil, für die Unterstützung

Die Ausstellung ist jeweils Sa/So 14 – 17 Uhr geöffnet, bis ca. Juni 2018.

http://www.stadtmuseum-wil.ch/  

 

 

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